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Flieh Wenn Du Kannst

Flieh Wenn Du Kannst

Titel: Flieh Wenn Du Kannst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
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»Er wird schon wieder auftauchen. Wir finden ihn sicher.«
    »Er wird bald Hunger bekommen«, meinte Sam unruhig. »Er kann ganz schön ekelhaft werden, wenn er Hunger hat.«
    Seitdem hatte Bonnie kein Auge zugetan. Sie war buchstäblich vor ihrem eigenen Schatten erschrocken. Sie hatte die ganze Nacht wachgelegen, war beim leisesten Geräusch zusammengefahren, hatte immer wieder nach Amanda und Lauren gesehen und Sam getröstet, der zwei kleine weiße Ratten in L’il Abners Terrarium gelegt hatte, weil er hoffte, die Schlange so locken zu können.
    »Möchten Sie vielleicht eine Tasse Kaffee?« fragte Hyacinth Johnson. »Ich habe gerade frischen gemacht.«
    »Nein, vielen Dank.« Einen Koffeinstoß brauche ich jetzt bestimmt nicht, dachte Bonnie. Andererseits, sagte sie sich, tut mir so eine Tasse Kaffee vielleicht ganz gut. Sie hatte außer einem kleinen Glas Orangensaft noch nichts zu sich genommen. »Ich hätte doch gerne einen Kaffee, wenn es Ihnen keine Umstände macht.«
    »Überhaupt nicht. Wie trinken Sie ihn?«
    »Schwarz, bitte.«
    »Bitte schön«, sagte Hyacinth kurz danach, als sie ihr eine feine Porzellantasse brachte.
    Bonnie dankte ihr, hob die Tasse mit dem heißen Kaffee an die Lippen und sog den würzigen Duft tief ein. Sie liebte den Geruch frischen Kaffees.
    Sie erinnerte sich, wie sie früher, als kleines Mädchen, mit ihrer Mutter einkaufen gegangen war und im Lebensmittelgeschäft ungeduldig gewartet hatte, während ihre Mutter die Kaffeebohnen in eine elektrische Mühle schüttete. Tief atmend pflegte sie daneben zu stehen, damit ihr nichts von diesem aromatischen Duft entging, der sie umhüllte und sich auf ihre Haut legte wie ein teures Parfum. Im Laufe der Jahre waren die Besuche im Lebensmittelgeschäft immer seltener geworden und hatten dann ganz aufgehört. Ihre Mutter hatte schließlich alle Einkäufe vom Bett aus per Telefon erledigt. Die Tage frischgemahlenen Kaffees waren vorüber.
    Die Tür zu Dr. Greenspoons Sprechzimmer öffnete sich. Eine attraktive ältere Frau trat heraus, gefolgt von dem Arzt. Die Frau, die vielleicht sechzig Jahre alt war, trug ein elegantes, braunes Armanikostüm. Das blonde Haar hatte sie im Nacken zusammengefaßt. Bei ihrem Anblick kam Bonnie sich spießig vor in ihrem cremefarbenen Kleid, das wie ein Sack an ihr hing. Wieviel hatte sie in den letzten Wochen wohl abgenommen? Es muß eine Menge sein, dachte sie.
    »Geben Sie Mrs. King gleich mehrere Termine«, wies Dr. Greenspoon seine Sekretärinnen an, dann reichte er der blonden Frau die Hand. »Versuchen Sie, sich keine allzu großen Sorgen zu machen. Ich sehe Sie nächste Woche.« Er richtete seinen Blick auf Bonnie. »Setzen Sie sich ruhig schon ins Sprechzimmer«, sagte er. »Ich komme sofort.«
    Bonnie ging schweigend hinein und setzte sich auf eines der burgunderroten Sofas. Auf denselben Platz wie beim letztenmal. War das von Bedeutung? Würde es Dr. Greenspoon auffallen?
    Ihr Blick wanderte durch das Zimmer, in die Ecken, zu den Topfpflanzen, zu den Vorhängen am Fenster. Auf der Suche nach Schlangen, wurde ihr plötzlich bewußt, und sie kam sich albern vor. Würde ihr das womöglich zur Gewohnheit werden? Nun, vielleicht konnte Dr. Greenspoon ihr helfen.
    »Tut mir leid, daß ich Sie warten ließ«, sagte Dr. Greenspoon ein paar Minuten später und schloß die Tür hinter sich. »Wie geht es Ihnen?« fragte er, nachdem er sich ihr gegenüber auf das andere Sofa gesetzt hatte.
    »Gut, danke«, antwortete Bonnie automatisch.
    »Ich sehe, Sie tragen Ihr Haar anders.«
    »Und ich sehe, daß Sie die Kunst beherrschen, sich unverfänglich auszudrücken.«
    Dr. Greenspoon lachte.
    »Gefällt es Ihnen denn?« fragte Bonnie und war sich bewußt, daß sie ihn auf die Probe stellte, wenn ihr auch nicht klar war, worum es ihr tatsächlich ging.
    »Viel wichtiger ist, ob es Ihnen gefällt«, erwiderte er.
    »Ich habe Sie zuerst gefragt.«
    »Nun, der Schnitt bietet Möglichkeiten.«
    »Wozu?«
    Wieder lachte er. Es war ein angenehmes Lachen, unbefangen und frei. »Zu wachsen«, antwortete er.
    Diesmal lachte Bonnie. »Danke für Ihre Aufrichtigkeit.«
    »Hatten Sie einen Grund, sich das Haar schneiden zu lassen?« fragte er.
    »Muß man dafür einen Grund haben?«
    »Im allgemeinen, ja.«
    Bonnie zuckte mit den Achseln. »Es sah ein bißchen leblos aus«, begann sie und brach ab, als ihr Elsa Langer in den Sinn kam. Wie merkwürdig, daß sie gestorben war, nachdem Bonnie gerade erst entdeckt hatte, daß

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