Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flieh Wenn Du Kannst

Flieh Wenn Du Kannst

Titel: Flieh Wenn Du Kannst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
Vom Netzwerk:
wichtig ist nicht, was ich denke, sondern was Sie denken.«
    Bonnie saß plötzlich still und richtete sich auf. »Ich denke, ich hätte eine Menge Geld sparen können, wenn ich zu meinem Hausarzt gegangen wäre, anstatt hierherzukommen.«
    »Das ist wahrscheinlich richtig. Haben Sie denn einen Hausarzt?«
    »Nein«, bekannte Bonnie. Amanda hatte einen Kinderarzt, und Rod hatte ebenfalls einen Arzt, der ihn jedes Jahr einmal gründlich untersuchte. Aber sie hatte niemanden.
    »Darf ich Ihnen jemanden empfehlen?«
    »Wozu? Sie halten meine Probleme doch offensichtlich nicht für körperlich bedingt.«
    »Meiner Meinung nach handelt es sich um zwei sehr verschiedene Dinge«, erklärte er, »von denen sich eines durch einen Besuch beim Arzt relativ leicht klären lassen dürfte. Die andere Geschichte wird mehr Zeit brauchen.«
    »Ich möchte nur, daß es mir endlich wieder gutgeht«, sagte Bonnie, den Tränen nahe. Sie haßte dieses Gefühl der Hilflosigkeit und der Ohnmacht.
    Dr. Greenspoon ging zu seinem Schreibtisch und schaltete seine Sprechanlage ein. »Hyacinth, würden Sie mich bitte mit Paul Kline verbinden?« Er sah Bonnie an. »Seine Praxis ist gleich um die Ecke, und er schuldet mir noch eine Gefälligkeit. Er ist ein netter Mann, ich denke, er wird Ihnen gefallen.«
    Einen Augenblick später summte die Sprechanlage. »Doktor Kline ist am Apparat.«
    »Paul«, sagte Dr. Greenspoon sofort, »ich habe hier eine junge Frau, die ich Ihnen gern zur Untersuchung schicken würde. Sofort, wenn es geht.«

24
    »Tief atmen. Gut so. Jetzt ausatmen. Gut. Noch einmal.«
    Wieder holte Bonnie tief Atem und ließ die Luft langsam ausströmen. Wieder lobte sie der Arzt. Wieder war sie groteskerweise dankbar dafür.
    »Und noch einmal«, sagte Dr. Kline. Das Stethoskop lag kalt auf ihrer nackten Haut. »Wann haben Sie sich das letztemal gründlich untersuchen lassen, Mrs. Wheeler?«
    »Das weiß ich gar nicht mehr«, antwortete Bonnie. »Vor Jahren.«
    »Und wie ist Ihr allgemeiner Gesundheitszustand?«
    »Gut. Ich werde nie krank«, erklärte sie, jedoch weniger überzeugt als bei früheren derartigen Behauptungen.
    »Haben Sie einen Gynäkologen?«
    »Als ich schwanger war, bin ich regelmäßig zu einer Gynäkologin gegangen«, sagte Bonnie, obwohl sie in Wahrheit die Ärztin erst im letzten Drittel ihrer Schwangerschaft aufgesucht hatte, und auch dann nur auf Dianas beharrliches Drängen hin. Ich bin doch nicht krank, hatte sie Diana erklärt. Ich bin nur schwanger.
    »Ich bin doch nicht schwanger, oder?« fragte sie jetzt, selbst überrascht über die Frage, die sie gar nicht hatte stellen wollen. »Ich meine, ich kann nicht schwanger sein. Es ist ausgeschlossen.«
    »Wann hatten Sie die letzte Periode?« fragte Dr. Kline.
    »Vor drei Wochen. Und außerdem nehme ich die Pille. Und ich vergesse nie, sie zu nehmen.«
    »Dann spricht eigentlich alles gegen eine Schwangerschaft«, versicherte ihr Dr. Kline. »Für Übelkeit wäre es noch ein wenig früh, besonders in so massiver Form. Aber wir werden ein paar Blutuntersuchungen machen und eine Urinprobe nehmen. Dann werden wir schon herausfinden, was die Ursache für Ihr schlechtes Befinden ist. Sehen Sie mich an«, sagte er, zog das Unterlid ihres linken Auges herunter und leuchtete ihr mit einer kleinen Lampe ins Auge.
    Dr. Greenspoon hatte recht, Dr. Kline war ein angenehmer Mensch, nicht besonders groß, ein wenig rundlich, aber mit einer natürlichen Anmut und Würde ausgestattet. Er war etwa vierzig Jahre alt, hatte schütteres, braunes Haar und warme, hellbraune Augen. Seine Hände waren klein und weich, seine Finger überraschend lang. Wenn er sie berührte, war die Berührung stets sanft, als wüßte er, wie zerbrechlich sie war, aber auch bestimmt, als wollte er sie seiner eigenen Kraft versichern.
    Die Praxis in der Chestnut Street, nur fünf Minuten zu Fuß von Dr. Greenspoons Praxis entfernt, befand sich im Erdgeschoß eines zweistöckigen Reihenhauses, das man in ein Ärztehaus umfunktioniert hatte. Unter altmodischen Balkendecken standen modernste technische Geräte. Bücherregale voll Fachliteratur zogen sich an den Wänden entlang. An der Wand gegenüber dem Fenster hing ein ganzes Sortiment beeindruckender Urkunden und Zeugnisse, die alle zu lesen ihr zu mühsam war. Familienfotos standen auf dem großen, übervollen Schreibtisch. Drei Söhne und eine hübsche dunkelhaarige Frau.
    »Wie sind Ihre Augen?« fragte Dr. Kline, während er in ihr anderes Auge

Weitere Kostenlose Bücher