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Flieh Wenn Du Kannst

Flieh Wenn Du Kannst

Titel: Flieh Wenn Du Kannst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
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paar Stunden vorbei. Ich wäre Ihnen verbunden, wenn Sie bis dahin nichts im Haus verändern würden. Wenn Ihre Kinder etwas wissen oder Ihnen noch etwas einfallen sollte, das uns weiterhelfen könnte, rufen Sie uns bitte unverzüglich an.«
    »In Ordnung.«
    Rod drückte Bonnies Schulter und führte sie zur Tür.
    »Ach, übrigens«, sagte Mahoney, als sie hinausgehen wollten, »besitzen Sie oder Ihre Frau eine Schußwaffe?«
    »Eine Schußwaffe?« Rod schüttelte den Kopf. »Nein«, antwortete er und legte ein Maß an Entrüstung in dieses eine Wort, das für mehrere Sätze ausgereicht hätte.
    »Ich danke Ihnen«, sagte Mahoney, während Marla Brenzelle sich von ihren Fans losriß und ihnen mit theatralisch ausgebreiteten Armen entgegeneilte. »Wir sehen uns dann später.«
    Und wie ich mich darauf freue, dachte Bonnie, als die ehemalige Marlene Brenzel sie mit filmreifer Geste in ihre Arme schloß.

4
    Mit dem Auto ist Newton von Boston aus innerhalb von Minuten zu erreichen. Der Vorort zählt knapp dreiundachtzigtausend Einwohner und besteht aus vierzehn sehr unterschiedlichen Dörfern, mit Oak Hill im Südosten und Auburndale im Nordwesten. Joan Wheeler und ihre Kinder wohnten in West Newton Hill, dem exklusivsten Teil der Gemeinde.
    Das Haus in der Exeter Street 13 war groß und im Tudor-Stil gebaut. Mehrere Jahre zuvor hatte Joan die ganze Fassade, auch Fenster und Türrahmen, in einem grünlichen Beigeton streichen und die vorderen Fenster im Erdgeschoß mit Buntglasscheiben versehen lassen. Infolgedessen machte das Haus jetzt den Eindruck, als könnte es sich nicht entscheiden, was es eigentlich sein wollte – Wohnhaus oder Kathedrale. Die bunten Fenster waren primitiv und rätselhaft: ein Mann in langen wallenden Gewändern, zu dessen Füßen ein Hund spielte; eine modern gekleidete Frau, die einen Wasserkrug auf dem Kopf balancierte; ein Sämann bei der Bestellung seines Landes; zwei dickliche Kinder, die an einem Wasserfall spielten.
    Rod nahm seinen Kopf in die Hände, als Bonnie ihren Wagen in die Einfahrt lenkte.
    »Geht’s dir nicht gut?« fragte Bonnie.
    Rod richtete sich auf und lehnte seinen Kopf an die Kopfstütze. »Ich kann einfach nicht glauben, daß sie tot ist. Sie war immer so unglaublich vital.« Er blickte zur Haustür hinüber. »Mir graut davor, da reinzugehen. Ich weiß nicht, wie ich es ihnen beibringen soll... was ich sagen soll, um es ihnen leichter zu machen...«
    »Du wirst schon die richtigen Worte finden«, sagte Bonnie zuversichtlich. »Und du weißt, ich werde alles tun, was in meiner Macht steht, um ihnen zu helfen.«
    Rod nickte schweigend, öffnete die Autotür und stieg aus. Dunkle Regenwolken hingen am Himmel.
    »April ist der grausamste Monat«, deklamierte Bonnie lautlos, sich eines Gedichts von T. S. Eliot erinnernd, und schob ihre Hand in die ihres Mannes, als sie langsam und ernst den Weg hinaufgingen.
    Vor der großen Flügeltür aus Holz blieb Rod stehen, kramte in seiner Tasche nach den Schlüsseln.
    »Du hast Schlüssel?« fragte Bonnie überrascht.
    Rod stieß die Tür auf. »Hallo!« rief er, als sie eintraten. »Ist jemand zu Hause?«
    Bonnie sah auf ihre Uhr. Es war fast halb fünf.
    »Hallo!« rief Rod wieder, und Bonnie ging ein paar zaghafte Schritte nach rechts, zum Wohnzimmer.
    Die Wände des Raumes waren mit einem blaßblauen, in sich gemusterten Satin bespannt. Stilmöbel, ein Sofa mit altrosa Seidenbezug und zwei blaugoldene Sessel, standen vor einem großen offenen Kamin, mehrere offensichtlich teure, indische Teppiche lagen wie achtlos hingeworfen auf dem dunklen Parkettboden. An den Wänden hingen Kohlezeichnungen in schlichten Rahmen: eine Frau, die ein junges Mädchen an sich drückte; zwei Frauen mittleren Alters, die wie hingegossen in der Nachmittagssonne lagen; zwei alte Frauen beim Nähen.
    »Die sind wirklich schön«, sagte Bonnie, den Blick auf die Zeichnungen gerichtet.
    Auf dem Weg durch das Eßzimmer strich sie mit der Hand über den langen, schmalen Eichentisch, der, von hochlehnigen Stühlen mit rostroten Ledersitzen umrahmt, die Mitte des Raumes einnahm.
    Die Küche war ganz hinten, ein riesiger Raum, der sich über die ganze Breite des Hauses erstreckte. Der Boden war aus gebleichten Eichendielen, die Schränke hoben sich in dunklem Burgunderrot von den weißen Wänden ab. Die ganze Rückwand war verglast und bot Blick auf einen geschmackvoll angelegten Garten. Alles war, genau wie im Wohn-und Eßzimmer, blitzsauber und

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