Flieh Wenn Du Kannst
in New York?«
»Okay«, antwortete Diana wegwerfend. »Bonnie, was ist los? Rod sagte, er sei nur ein paar Stunden weggewesen, und als er gegangen sei, hättest du dich vor Schwäche kaum auf den Beinen halten können. Als er nach Hause kam, warst du nicht mehr da. Und hast nicht einmal eine Nachricht hinterlassen. Er ist verrückt vor Sorge.«
»Diana«, unterbrach Bonnie. »Hör zu, es geht mir gut. Und ich bin jetzt in Sicherheit.«
»In Sicherheit? Was soll das heißen?«
»Ich bin vergiftet worden.«
»Vergiftet? Bonnie, das ist doch verrückt.«
»Nein, das ist nicht verrückt. Ich habe Blutuntersuchungen machen lassen. Ich habe eine große Menge Arsen in meinem Blut.«
»Arsen?«
»Ja. Irgend jemand hat mich mit Arsen gefüttert.«
Dianas Stimme sank zu einem Flüstern. »Rod?«
»Ich weiß es nicht«, antwortete Bonnie nach einer kurzen Pause. Sie sah Diana vor sich, wie diese ungläubig den Kopf schüttelte.
»Ich glaube es nicht. Das kann ich nicht glauben«, erklärte Diana. Dann: »Wo bist du jetzt?«
Bonnie warf einen Blick auf Caroline. »Bei einer Bekannten.«
Caroline lächelte.
»Wer ist diese Bekannte?« fragte Diana.
»Ich glaube, es ist sicherer, wenn ich dir das nicht sage«, gab Bonnie zurück, die plötzlich alles begriff, was ihr Bruder ihr gesagt hatte. Immer vorausgesetzt natürlich, ihr Bruder war der, der er zu sein behauptete.
»Sicherer, wieso?«
»Wenn du nicht weißt, wo ich bin, brauchst du niemanden zu belügen. Und niemand kann dich überreden, etwas zu sagen, oder dich durch einen Trick...«
»Tricks verfangen bei mir nicht, Bonnie«, unterbrach Diana.
Ganz im Gegensatz zu mir, dachte Bonnie.
»Hast du mit der Polizei gesprochen?«
»Noch nicht.«
»Aber du bist ganz sicher? Ich meine, es kann kein Versehen gewesen sein oder so etwas?«
»Kannst du mir mal sagen, wie man versehentlich Arsen schluckt?« entgegnete Bonnie.
Diana antwortete nicht gleich. Dann sagte sie: »Also schön, was soll ich nun Rod sagen?«
»Sag ihm gar nichts.«
»Aber Bonnie! Er ruft bestimmt in den nächsten zwei Minuten wieder hier an. Soll ich einfach so tun, als hätte ich nichts von dir gehört?«
»Ich spreche selbst mit ihm.«
»Wann?«
»Ich rufe ihn jetzt an.«
»Und was willst du zu ihm sagen?«
»Das weiß ich noch nicht. Mir wird schon was einfallen.«
»Das ist ja Wahnsinn, Bonnie«, sagte Diana. »Ich fühle mich so hilflos. Es muß doch etwas geben, was ich tun kann.«
Bonnie dachte an Dianas Stadtwohnung. Sie konnte Carolines Großzügigkeit nicht ewig in Anspruch nehmen. »Vielleicht, ja«, antwortete sie. »Wenn ich mit der Polizei gesprochen habe, wird mir einiges klarer sein. Hoffe ich jedenfalls«, fügte sie hinzu und lachte beinahe. »Hör zu, Diana, ich ruf’ dich morgen wieder an.«
»Versprichst du mir das?«
»Ja, du kannst dich darauf verlassen.«
»Ich werde keinen Schritt vom Telefon weggehen, solange ich nicht wieder von dir gehört habe.«
»Ich ruf’ dich morgen an.«
»Und jetzt ist alles in Ordnung? Bist du sicher?«
»Ich bin mir über gar nichts sicher«, bekannte Bonnie. Wenn man nicht mal einer harmlosen Hühnerbouillon trauen kann, worauf kann man sich dann noch verlassen? dachte sie. »Ich ruf’ dich an«, sagte sie, drückte auf den Knopf, um die Verbindung zu unterbrechen, und tippte dann ihre Nummer von zu Hause ein.
Rod war sofort am Apparat.
»Rod...«
»Bonnie, wo, zum Teufel, bist du? Ist alles in Ordnung? Ist dir auch nichts passiert?« rief er erregt.
»Es geht mir gut.«
»Wo bist du?«
»Ich bin bei Amanda«, antwortete sie, seiner Frage ausweichend. »Und ich komme heute abend nicht nach Hause.«
»Was?!«
»Es tut mir leid, daß ich dich gebeten habe, früher aus Florida zurückzukommen, Rod.«
»Es tut dir leid, daß du mich gebeten hast, früher heimzukommen? Was redest du da?«
»Ich spreche morgen mit dir, Rod.«
»Bonnie, so warte doch, leg jetzt nicht auf.«
»Ich erkläre dir morgen alles.«
»Bonnie...«
Bonnie legte auf, gab das Telefon Caroline zurück und fragte sich, ob sie morgen weiter sein würde.
30
Es war fast zehn Uhr am folgenden Morgen, als Bonnie erwachte. Sie lag allein im Bett. Amanda, die die ganze Nacht warm und kuschlig bei ihr gelegen hatte, war nicht mehr da. Bonnie sah sich in dem großen weißen Raum um – ein weißer Teppich, weiße Vorhänge, ein weißer Bettüberwurf. Sie warf einen Blick in das anschließende Badezimmer – weiße Fliesen, weiße Wanne, weiße
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