Flieh Wenn Du Kannst
postiert. Außerdem haben wir Ihr Telefon angezapft, für den Fall, daß er versuchen sollte, sich mit Ihnen in Verbindung zu setzen.«
»Das glauben Sie wirklich?« fragte Bonnie.
»Man weiß nie.«
»Aber ich weiß, daß mein Bruder das nicht getan hat«, erklärte Lauren, die mit ihnen am Eßtisch saß, schlaff und leblos wie eine Marionette, deren Fäden man durchtrennt hatte.
Seit Stunden, wie es schien, saßen sie so – Bonnie, Rod, Lauren, Nick, Captain Mahoney, Detective Haver. Bonnie erinnerte sich an einen Abend einige Wochen zuvor, als eine andere kleine Gruppe um diesen Tisch gesessen hatte, nur war es damals statt Detective Haver Haze gewesen, statt Captain Mahoney Sam. Und Diana war dabei gewesen mit ihren blitzenden blauen Augen.
»Sie wissen doch, daß Sam es nicht getan hat«, sagte Lauren wieder, weniger nachdrücklich diesmal.
»Selbstverständlich wird auch das Haus überwacht, in dem Gleason wohnt«, fuhr Detective Haver fort. »Falls sie dort aufkreuzen sollten.«
Dianas Nachbar glaubte, zwei Männer in dem Auto gesehen zu haben. Junge Männer mit langem Haar, sagte er, konnte jedoch nicht mit Sicherheit sagen, ob diese beiden jungen Männer Sam und Haze gewesen waren. Es spielte keine Rolle. Sam und Haze waren seit diesem Morgen verschwunden. Die Polizei fahndete nach ihnen.
»Weshalb hätte Sam Diana töten sollen?« fragte Lauren mit leerem Blick und tonloser Stimme. »Er war doch total in sie verknallt. Er hätte ihr nie im Leben was getan.«
Bonnie schloß die Augen, als könnte sie so Laurens Stimme ausblenden. Wenn sich der Verdacht der Polizei als richtig erwies und Diana vor ihrem Tod vergewaltigt worden war, halfen Laurens Beteuerungen ihrem Bruder nicht. Der endgültige ärztliche Befund würde mehrere Tage auf sich warten lassen, aber Captain Mahoney war schon jetzt sicher, wie das Ergebnis ausfallen würde: Diana war mit derselben Waffe getötet worden wie Joan, und sie war entweder vor oder nach ihrem Tod vergewaltigt worden.
»O Gott«, stöhnte Bonnie und drückte eine Hand auf ihren Mund. Es war alles ihre Schuld. Wäre sie nicht gewesen, so wäre Diana jetzt noch am Leben. Sie hatte ihre Freundin in diese Sache hineingezogen. Sie hatte an dem Tag, an dem sie Joan tot aufgefunden hatte, von der Polizeidienststelle aus angerufen und sie gebeten zu kommen. Sie hatte sie zum Abendessen eingeladen und mit Rods Sohn bekannt gemacht. Sam, das ist Diana. Diana, das ist der Tod. »O Gott«, stöhnte sie wieder und schlug beide Hände vor ihr Gesicht.
Kräftige Hände legten sich auf ihre Schultern und massierten ihre verspannten Nackenmuskeln. »Ich bleibe heute nacht hier«, sagte Nick. »Ich kann auf der Couch im Wohnzimmer schlafen.«
Bonnie nickte und warf einen Blick auf Rod. Aber Rod reagierte nicht. Er saß am anderen Ende des Tisches und starrte ins Leere. Er schien gar nicht wahrzunehmen, daß Nick hier war und das Haus voller Polizeibeamter. Er steht wahrscheinlich unter Schock, dachte Bonnie, als ihr bewußt wurde, daß er seit ihrer Heimkehr in Begleitung von Mahoney kaum ein Wort gesprochen hatte. Zorn und Empörung waren Bestürzung und Entsetzen gewichen. Diana sei tot, hatte der Captain ihm mitgeteilt, und sein Sohn werde verdächtigt, sie erschossen zu haben. Er werde ferner verdächtigt, seine Mutter getötet und den Versuch gemacht zu haben, seine Stiefmutter zu vergiften. Rod hatte sich das alles wie betäubt angehört und sich dann ins Eßzimmer zurückgezogen. Seitdem saß er dort, rührte sich nicht, sprach nicht, schien kaum zu atmen.
Bonnie hatte das Gefühl, zu ihm gehen zu müssen, ihn in die Arme zu nehmen und zu sagen, daß alles wieder gut werden würde, aber irgend etwas hinderte sie daran. Wie konnte sie ihm sagen, daß alles gut werden würde, wenn es vielleicht in Wirklichkeit nie wieder gut werden würde? Wie konnte sie ihn trösten, wenn sie es noch vor Stunden für möglich gehalten hatte, daß er selbst diese Verbrechen begangen habe?
»Ich muß mal nach Amanda sehen«, sagte sie. Aber als sie aufstehen wollte, verlor sie beinahe das Gleichgewicht und setzte sich sofort wieder.
»Ich habe eben nach ihr gesehen«, beruhigte sie Nick. »Sie schläft tief und fest. Ich finde, ein bißchen Schlaf täte dir auch ganz gut. Heute abend passiert sicher nichts mehr, und die Tabletten, die du einnimmst, sind ziemlich stark. Du gehörst ins Bett. Sie auch, Rod«, sagte er, sich an seinen Schwager wendend.
Rod erwiderte nichts, starrte nur
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