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Flieh Wenn Du Kannst

Flieh Wenn Du Kannst

Titel: Flieh Wenn Du Kannst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
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Ganz automatisch wählte sie die Nummer. Wenig später hörte sie die Stimme ihres Vaters.
    »Ich binvs, Bonnie«, sagte sie. »Nick hat mir gesagt, daß du dir Sorgen machst.«
    »Wie geht es dir? Alles in Ordnung?«
    »Es ist mir schon bessergegangen«, antwortete Bonnie aufrichtig. »Und wie geht’s dir?«
    »Mir? Mir geht’s gut.« Er schien überrascht über ihre Frage. »Ich wollte mich nur vergewissern, daß es dir gutgeht.«
    »Alles okay hier. Mach dir keine Sorgen.«
    »Eltern machen sich immer Sorgen.«
    Bonnie lächelte wehmütig. Wie wahr. »Ist es dir recht, wenn ich dich in ein, zwei Tagen wieder anrufe?« fragte sie. »Bis dahin wird sich hoffentlich alles ein wenig beruhigt haben... Dann könnten wir in Ruhe miteinander reden.«
    »Du kannst jederzeit anrufen.«
    Bonnie merkte plötzlich, daß sie weinte. »Du auch«, sagte sie.
    »Ich liebe dich, mein Kind.«
    »Gute Nacht, Daddy«, flüsterte Bonnie und legte auf. Dann legte sie sich neben ihren Mann auf das Bett und wartete auf den Schlaf.

31
    Es war sechs Uhr morgens, als Bonnie merkte, daß jemand ins Zimmer gekommen war und leise über den Teppich ging. Ein Schatten fiel auf ihre noch geschlossenen Lider und verdunkelte das Licht der frühen Morgensonne. Finger, so weich und leicht wie Federn, streiften ihren Arm, und sie hörte so leise wie ein Hauch eine Stimme. »Bonnie. Bonnie, wach auf.«
    Bonnie öffnete die Augen, blickte in das Gesicht ihres Bruders, das kaum eine Handbreit von dem ihren entfernt war, und fuhr in die Höhe. »Entschuldige«, sagte er hastig und trat ein paar Schritte zurück. »Ich wollte dich nicht erschrecken.«
    »Was ist denn passiert?« Bonnie blickte neben sich. Rod schlief noch. Sie hatte die ganze Nacht nicht eine Bewegung von ihm gespürt.
    »Wir haben eben einen Anruf von der Polizei aus dem Staat New York bekommen. Sie haben zwei Halbwüchsige in einem roten Mercedes wegen zu schnellen Fahrens auf dem Highway angehalten. Scheint sich um Sam und Haze zu handeln.«
    »Und was geschieht jetzt?« fragte Bonnie mit einem Blick zu Rod, dessen Augen noch immer geschlossen waren. Sie bemerkte allerdings eine gewisse Verkrampfung an ihm, als hielte er den Atem an.
    »Sie bringen sie nach Newton. Wir reden mit ihnen, sobald sie da sind.«
    »Wie lange dauert das?«
    »Vielleicht zwei Stunden.« Nick setzte sich aufs Bett und nahm Bonnies Hände in die seinen. »Alles okay?«
    »Ich möchte nur, daß es endlich vorbei ist.«
    »Und dann gehst du in ein Krankenhaus?«
    »Sobald ich weiß, daß Amanda nichts passieren kann.«
    Nick hob die Hand und streichelte Bonnies Wange. »Du bist ein tapferer Kerl.«
    Sie lächelte. »Das liegt wohl in der Familie.«
    »Ich gehe jetzt besser«, sagte er. »Ich möchte noch mit Captain Mahoney sprechen, bevor Sam ankommt.«
    Bonnie nickte. »Du rufst mich an, sobald du etwas weißt?«
    »Ich rufe dich an, sobald ich kann.«
    Bonnie lauschte Nicks Schritten, als er die Treppe hinunterging, hörte, wie die Haustür geöffnet und geschlossen wurde. Dann legte sie sich wieder hin. Sie drehte sich auf die Seite und sah Rod an.
    Seine Augen waren offen.
    »Du hast es gehört?« Ihre Stimme klang ihr so fremd, als gehörte sie einer anderen, als hätte sie mit ihr nichts zu tun.
    »Sie haben Sam und Haze auf dem Highway angehalten«, wiederholte er so distanziert und emotionslos, als spräche er von Leuten, die ihn nichts angingen.
    Bonnie beobachtete sich und ihren Mann, als sähe sie sich einen Film im Fernsehen an, eine jener »Geschichten, die das Leben schrieb«. Sie sah einen Mann und eine Frau, beide in den zerknitterten Kleidern des vergangenen Tages, die Gesichter bleich und verwirrt, ihre Haltung zu gleichen Teilen Ausdruck von trotziger Herausforderung und tiefer Niedergeschlagenheit. Sie fragte sich, wer diese beiden Menschen waren, die ihrem eigenen Leben und einander so entfremdet waren und ihren Text wie Schauspieler aufsagten, die ihre Rollen nicht recht verstanden.
    »Wie fühlst du dich?« fragte sie.
    »Wie fühlst du dich?« fragte er zurück.
    »Ein bißchen kräftiger. Nicht gerade glänzend, aber besser.«
    Rod sagte nichts. Er wälzte sich auf den Rücken und starrte zur Zimmerdecke hinauf.
    »Möchtest du darüber sprechen?« fragte Bonnie.
    »Nein«, sagte er. »Wozu?«
    »Es geht immerhin um deinen Sohn«, sagte Bonnie.
    Rod stieß einen undefinierbaren Laut aus.
    »Vielleicht hat Sam es gar nicht getan«, sagte Bonnie schwach. Sie richtete sich auf und zog die

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