Flieh Wenn Du Kannst
Verdoppelungsklausel, vergiß das nicht.«
»Danke.«
»Gern geschehen.« Sie legten sich wieder hin, eng aneinander geschmiegt.
»Ich frag’ mich, was sie mit Josh Freeman zu tun hatte«, sagte Bonnie ein paar Sekunden später.
»Mit wem?«
»Josh Freeman, Sams Kunstlehrer. Sein Name steht auch in ihrem Adreßbuch. Er ist eine weitere Verbindung zwischen uns.«
»Jetzt schlaf erst mal, Nancy Drew.«
»Ich liebe dich«, flüsterte Bonnie.
»Ich liebe dich auch.«
»Aber ich liebe dich mehr«, sagte Bonnie und wartete. Doch Rod drückte nur ihren Arm und sagte nichts.
8
Joans Beerdigung fand in der folgenden Woche statt.
Bonnie saß neben Rod und seinen Kindern in der ersten Reihe der kleinen Kirche und wunderte sich über die große Zahl der Trauergäste. Sie fragte sich, wer die Leute alle waren und in was für einer Beziehung sie zu Joan gestanden hatten.
Rod hatte behauptet, Joan habe keine Freunde gehabt, nur »Zechkumpane«. Dennoch war der Raum buchstäblich zum Brechen voll. Es mußten gut über hundert Menschen sein, die sich in den engen Bänken drängten und dicht nebeneinander an den Wänden standen. Das konnten doch nicht alles flüchtige Bekannte sein, mit denen Joan hin und wieder ein paar Gläser zusammen getrunken hatte. Und es konnten auch nicht lauter Geschäftsfreunde oder Arbeitskollegen sein, wenn auch die Gruppe makellos gekleideter Frauen mit den wie gemeißelt wirkenden Frisuren zweifellos Mitarbeiterinnen der Immobilienfirma Ellen Marx waren, für die auch Joan tätig gewesen war. Sicher waren auch einige Leute da, die Joan gar nicht gekannt hatten, die, von den Zeitungs-und Fernsehberichten über einen brutalen Mord mitten in ihrer sonst so friedlichen Gemeinde angelockt, aus Neugier und Sensationslust gekommen waren.
Langsam und suchend ließ Bonnie ihren Blick durch den Raum schweifen und sortierte jene Personen aus, die sie kannte. Captain Mahoney und Detective Kritzic standen nahe bei der hinteren Tür, der Captain im dunkelblauen Anzug, Natalie Kritzic im hellgrauen Kostüm, beide wach und aufmerksam auf alles achtend, was im Raum vorging. Und es waren zweifellos auch mehrere verdeckte Ermittler da, obwohl diese, genau wie die Angestellten der Immobilienfirma, ziemlich leicht zu identifizieren waren: der junge Mann zum Beispiel mit dem aschblonden Haar und den wäßrig braunen Augen, der im hinteren Teil der Kirche saß und jeden mit Blicken verfolgte; die beiden sportlich gekleideten Männer, die nahe dem Portal standen und sich hinter vorgehaltenen Händen flüsternd unterhielten. Diese Männer konnten nur von der Polizei sein.
Wie aber stand es mit den vielen anderen, den Männern und Frauen, die Tränen in den Augen hatten und sichtbar ergriffen waren? Wer waren der Mann und die Frau mittleren Alters, die sich schräg hinter ihr, in der dritten Reihe auf der anderen Seite des Mittelgangs, gegenseitig trösteten? Wer waren die Leute unmittelbar hinter ihr, die mit gedämpften Stimmen Erinnerungen an die Freundin austauschten, die sie verloren hatten? Sprachen sie wirklich von Joan? Bonnie lehnte sich zurück, um zu lauschen, doch die Leute hinter ihr schwiegen plötzlich, als hätten sie ihr Interesse bemerkt.
Außer ihren Kindern hatte Joan keine lebenden Verwandten, keine Eltern oder Geschwister, die sie betrauerten. Sie war ein Einzelkind gewesen. Die Glückliche, dachte Bonnie und warf einen ängstlichen Blick nach hinten. Es hätte sie nicht gewundert, plötzlich ihren Bruder antanzen zu sehen. Er war durchaus imstande, so etwas zu tun, und sei es nur, um den Anblick ihres schockierten Gesichts zu genießen. Flüchtig fragte sie sich, ob die Polizei sich mit ihm in Verbindung gesetzt hatte, drängte dann alle Gedanken an ihn entschlossen zurück und konzentrierte sich auf die Anwesenden. Sie lächelte ihrer Freundin Diana zu, die gekommen war, um ihr moralischen Beistand zu leisten, begrüßte mit einem kurzen Nicken Marla Brenzelle, die in einem leuchtend pinkfarbenen Ensemble, in dem sie mehr wie eine Brautmutter als ein Trauergast aussah, in der Reihe hinter Diana saß. Doch Marla nahm ihren Gruß gar nicht zur Kenntnis, war offensichtlich nur darauf bedacht, mehreren in der Nähe lauernden Fotografen ihr feierlich ernstes Profil zu zeigen. Wird für diese Frau eigentlich alles zum Fototermin? fragte sich Bonnie und zog unwillkürlich die Brauen hoch, als Josh Freeman in ihr Blickfeld geriet. Wieso hatte sie ihn nicht schon vorher bemerkt?
Er sah genauso aus
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