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Flieh Wenn Du Kannst

Flieh Wenn Du Kannst

Titel: Flieh Wenn Du Kannst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
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rauchen soll«, sagte er hastig und sah sich nach einem Teil um, in dem er die Zigarette hätte ausdrücken können. Schließlich quetschte er sie einfach zwischen den Fingern aus.
    Unsicher sah Bonnie sich in dem kleinen Arbeitszimmer um, das eigentlich ihr Reich war, ein Raum, in den sie sich zurückziehen konnte, um Aufsätze und Prüfungsarbeiten zu benoten, um ihre Stunden vorzubereiten, um zu lesen und sich zu entspannen. Jetzt hingen Kleider über dem großen Fernsehapparat, die Gitarre lehnte an der Wand, graue Asche sprenkelte das zartgelbe Sofa, und Amandas Foto und ihr Computer standen auf dem Boden, damit der große Glasbehälter auf ihrem Schreibtisch Platz hatte.
    Sie erstarrte. »Wo ist die Schlange?« fragte sie, als sie sah, daß das Terrarium leer war.
    Sam hob einen langen, dünnen Arm und wies zum Fenster. »Da, auf dem Fensterbrett. Er bildet sich ein, er sei eine Katze.«
    Widerstrebend wandte Bonnie ihren Blick zum Fenster am anderen Ende des Raums. Hinter den halb geöffneten minzgrünen Vorhängen lag zusammengerollt die Schlange.
    »Würde es dir was ausmachen, sie in ihrem Behälter zu lassen, wenn wir zu Hause sind?« fragte Bonnie und widerstand nur mit Mühe einem Impuls, schreiend in den Flur hinauszurennen.
    »Aber nein«, sagte Sam, ohne sich jedoch von der Stelle zu rühren.
    Bonnie blieb an der Tür stehen. »Alles in Ordnung?« fragte sie. »Möchtest du vielleicht ein bißchen mit mir reden?«
    »Worüber?« fragte der Junge.
    Bonnie wußte nicht, was sie sagen sollte – wir könnten ja vielleicht über das Wetter reden; oder über die Boston Red Sox; oder vielleicht darüber, daß deine Mutter heute morgen ermordet wurde -, darum sagte sie gar nichts. Sie wartete, den Blick forschend auf das verschlossene Gesicht des Jungen gerichtet, und fand es ironisch, daß Jungen so häufig ihren Müttern ähnelten, während Mädchen eher nach ihren Vätern schlugen. Zumindest war das bei Sam und Lauren so. Und so war es auch bei ihr und Nick gewesen.
    »Also dann, gute Nacht, Sam«, sagte sie schließlich, in Gedanken noch bei ihrem Bruder und der Frage, ob er anrufen würde. »Bis morgen.«
    Sie ging hinaus, und gerade als sie die Tür hinter sich schloß, wurde die Tür des Gästezimmers geöffnet, und Lauren erschien. Instinktiv trat Bonnie einen kleinen Schritt zurück.
    »Ich will nur ins Bad.« Lauren wies zu dem kleinen Raum am Ende des Flurs.
    »Ich habe euch frische Handtücher und ein neues Stück Seife hingelegt«, sagte Bonnie, als Lauren an ihr vorbeiging. »Wenn du sonst noch etwas brauchst...«
    Lauren verschwand im Badezimmer und schloß die Tür hinter sich.
    »... dann ruf mich einfach«, sagte Bonnie.
    Laß ihr Zeit und Raum, ermahnte sie sich, als sie ins Schlafzimmer zurückging. Rod war schon im Bett.
    »Ich bin gleich soweit«, sagte sie und zog ihr Kleid über den Kopf, ließ es auf den Boden fallen, streifte ihre Unterwäsche ab und glitt zu ihrem Mann ins Bett, um sich von ihm in die Arme nehmen zu lassen. Vielleicht hatte er recht. Er kannte sie, er wußte immer, was sie brauchte. Als sie sich an ihn schmiegte, fühlte sie die rhythmische Bewegung seiner nackten Brust.
    Er war eingeschlafen. Leise lachend strich sie mit ihrer Hand über seine warme Haut und küßte vorsichtig seine leicht geöffneten Lippen. Im Schlaf sieht er aus wie ein kleiner Junge, dachte sie. Die Sorgenfältchen um Augen und Mund waren wie weggewischt.
    Aber ich kann jetzt bestimmt nicht schlafen, sagte sie sich im selben Moment, stand auf und ging ins Badezimmer. Sie putzte sich die Zähne und wusch sich, mit besonderer Vorsicht rund um die geschwollene Lippe, das Gesicht. In ihrem Hirn herrschte ein wirres Durcheinander von Bildern und Geräuschen: Joans Stimme am Telefon; die tote Joan am Küchentisch in dem Haus in der Lombard Street; das klaffende Loch in der Mitte ihrer Brust; Joans Schlafzimmer; Joans Album mit den Zeitungsausschnitten; der Name ihres Bruders in Joans Adreßbuch; die Versicherungspolice mit der Verdoppelungsklausel; ein Leben, das brutal ausgelöscht worden war; zwei mutterlose Kinder. Warum? Was hatte das alles zu bedeuten?
    »Ich liege bestimmt die ganze Nacht wach«, jammerte Bonnie, als sie wieder ins Bett kroch und die Augen schloß. Im nächsten Moment schon war sie eingeschlafen.
     
    Im Traum stand Bonnie vor ihrer Klasse, in der Hand die Blätter für die Abschlußprüfung, die sie gleich verteilen würde.
    »Das ist eine schwierige Aufgabe«, sagte sie zu

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