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Flieh Wenn Du Kannst

Flieh Wenn Du Kannst

Titel: Flieh Wenn Du Kannst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
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Rod küßte zärtlich und drängend ihren Mund.
    »Du willst jetzt...?« fragte Bonnie ungläubig. Sie hatte gerade den wahrscheinlich schlimmsten Tag ihres Lebens hinter sich. Sie hatte Rods geschiedene Frau ermordet vorgefunden, war zur Vernehmung aufs Polizeirevier geschleppt worden, hatte zwei feindselige Stiefkinder geerbt, ganz zu schweigen von einer einen Meter zwanzig langen Boa constrictor. Sie war von ihrer Stieftochter geschlagen und von ihrer Stiefmutter mit Kälte behandelt worden. Sie war verwirrt und zornig und erschöpft. Und ihr Mann war – ja, was? Ihr Mann war in Stimmung für eine Liebesnacht. »Vorsicht, meine Lippe«, sagte sie, als er sie von neuem zu küssen begann, noch drängender, und ihr Kleid aufzuknöpfen begann. Warum eigentlich nicht? dachte sie, trotz ihrer Müdigkeit seine Zärtlichkeiten erwidernd. Wußte sie denn etwas Besseres?«
    »Mami!« Es war Amandas dünnes Stimmchen. »Mami!«
    Bonnie löste sich aus der Umarmung ihres Mannes. »Es ist wahrscheinlich einfach zuviel Aufregung für einen Abend.«
    »Mami!«
    »Ich komme, Schatz.« Bonnie eilte durch den Flur, vorbei an dem Gästezimmer, in dem sie Lauren untergebracht hatten, und dem kleinen Arbeitszimmer, in dem Sam und seine Schlange sich häuslich eingerichtet hatten. »Was ist denn, mein Kleines?« fragte sie, als sie in Amandas Zimmer trat.
    Amanda saß in der Mitte ihres kleinen Himmelbetts, umgeben von einem ganzen Zoo von Plüschtieren, zu dem ein großer rosaroter Pandabär, ein kleines weißes Kätzchen, ein mittelgroßer brauner Hund, zwei Teddybären in Schwarz und Weiß und der Frosch Kermit gehörten. Das große Känguruh, von dem sie im Spielzeuggeschäft so hingerissen gewesen war, stand auf dem Boden am Fuß ihres Betts, die Vorderläufe ausgestreckt, als wollte es böse Geister vertreiben.
    »Ich kann nicht schlafen«, sagte Amanda.
    »Das kann ich verstehen. Das ist sicher schwierig heute abend.«
    Bonnie näherte sich dem Bett und beobachtete Amandas rundes Gesichtchen, das immer deutlicher aus der Dunkelheit hervortrat, beinahe so, als leuchtete es von innen. Und vielleicht war es ja auch so, dachte Bonnie, wie so oft voll staunender Ehrfurcht darüber, daß sie an der Erschaffung eines so schönen, vollkommenen kleinen Menschen beteiligt gewesen sein sollte. Amanda Lindsay Wheeler, sagte sie lautlos vor sich hin, blonde Locken und runde kleine Hamsterbäckchen, große dunkelblaue Augen und eine niedliche Stupsnase. Schön wie die Unschuld, so sind kleine Mädchen. Bonnie hob ihre Hand an ihre Lippen, fühlte, wie es brannte.
    Und dann werden sie erwachsen, dachte sie.
    Bald würden die Hamsterbäckchen schmal werden und schärfere Konturen bekommen; der Blick würde an Wißbegierde verlieren, ängstlicher werden; die lächelnden Lippen würden schmäler werden, eher zum Schmollen geneigt.
    »Findest du Lauren hübsch?« fragte Amanda unvermittelt und riß Bonnie damit aus ihren Gedanken.
    »Oh, ja«, antwortete Bonnie. »Und du?«
    Amanda nickte mit Nachdruck. »Ist sie jetzt meine große Schwester?«
    »Hättest du das gern?«
    Wieder nickte Amanda.
    »Aber jetzt mußt du erst einmal schlafen, mein Schatz.« Bonnie neigte sich über das Kind, küßte es auf die Stirn und deckte es zu.
    »Ich hab’ dich lieb!« rief Amanda ihr nach, als sie auf dem Weg zur Tür war.
    »Ich hab’ dich auch lieb, mein kleiner Engel.«
    »Aber ich hab’ dich mehr lieb.«
    Bonnie blieb stehen und sah sich lächelnd um. »Du kannst mich unmöglich mehr liebhaben als ich dich.«
    »Okay«, sagte Amanda lachend. »Dann haben wir uns beide genau gleich lieb.«
    »Okay«, stimmte Bonnie zu und ging weiter zur Tür.
    »Wir haben uns beide genau gleich lieb.«
    »Nur daß ich dich noch mehr liebhabe.«
    Bonnie warf ihrer Tochter von der Tür aus noch eine Kußhand zu und sah, wie Amanda in die Luft griff, um den Kuß zu fangen und ihn sich auf die Wange zu kleben. Dann trat sie in den Flur hinaus.
    Im Arbeitszimmer brannte noch Licht. Der schmale helle Streifen, der durch die Ritze unter der Tür fiel, schien ihr zu winken. Bonnie zögerte, dann klopfte sie leise und öffnete vorsichtig die Tür, als Sam keine Antwort gab.
    Nur mit seiner ausgebeulten braunen Hose bekleidet lag Sam auf der Bettcouch. Zwischen seinen Lippen hing eine brennende Zigarette, von der Asche auf seine nackte Brust gefallen war. Er fuhr hoch, als er sie sah, und die Asche rieselte auf den weichen braunen Teppich.
    »Ich weiß, daß ich im Haus nicht

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