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Flieh Wenn Du Kannst

Flieh Wenn Du Kannst

Titel: Flieh Wenn Du Kannst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
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der High School nie kennengelernt. Als er kam, war ich schon abgegangen. Aber ich weiß noch, daß die tollsten Stories über ihn erzählt wurden. Was für ein ausgeflippter Bursche er war, wie die Kids heute sagen würden. Da war ich natürlich neugierig auf ihn, besonders weil Sie ja in der Schule immer so ein Tugendbold waren.«
    Bonnie ignorierte die Spitze, ob sie nun beabsichtigt war oder nicht. »Wo haben Sie denn meinen Bruder kennengelernt?«
    »Er kam ins Studio, um mit Rod zu sprechen. Hat Rod Ihnen das nicht erzählt?«
    Bonnie blickte sich suchend nach ihrem Mann um, doch der sprach gerade mit einem Angestellten des Bestattungsunternehmens. Er hatte sich mit ihrem Bruder getroffen und ihr kein Wort davon gesagt? Wieso nicht?
    »Anscheinend hatte er irgendeine verrückte Idee für eine Serie«, erläuterte Marla, als hätte sie Bonnies unausgesprochene Frage erraten. »Rod hat ihm gesagt, so etwas würde nie im Leben ankommen. Aber ich glaube, ich habe ihn überredet, mal in unserer Show aufzutreten. Meiner Ansicht nach wäre er ein großartiger Gast, meinen Sie nicht? Er sieht unglaublich gut aus und ist so charmant.«
    »Mein Bruder ist ein Betrüger und ein Schwindler«, entgegnete Bonnie kurz und hart. Sie wollte dieser Frau so schnell wie möglich entkommen.
    »Eben!«
    »Ich muß jetzt wirklich weg«, sagte Bonnie und war schon im Gehen. »Danke, daß Sie gekommen sind«, fügte sie hinzu, die Worte wie ein zusammengeknülltes Stück Papier über die Schulter werfend.
    »Nächstes Mal sehen wir uns hoffentlich unter erfreulicheren Umständen«, rief Marla ihr nach.
    Damit rechne mal lieber nicht, dachte Bonnie.
     
    »Warum hast du mir nicht erzählt, daß du mit Nick gesprochen hast?« fragte Bonnie Rod scharf, während er mehrere Behälter mit chinesischen Gerichten auf dem runden weißen Küchentisch verteilte. Die Küche war ein rechteckiger Raum, die Eßecke nach vorne hinaus mit Blick zur Straße. Die Schränke waren aus hellem Eichenholz, der geflieste Boden war mandelbraun, die Wände waren weiß. An einer Wand hing eine Chagall-Lithographie, die eine Kuh über einem Dach schwebend zeigte; eine Zeichnung Amandas, die eine Gruppe von Menschen mit viereckigen Köpfen darstellte, hing an einer anderen Wand.
    »Du hast wohl mit Marla gesprochen«, stellte Rod fest. Seine Stimme war ruhig, gelassen.
    »Ich verstehe das nicht, Rod.«
    Er stellte den letzten Behälter auf den Tisch und leckte sich automatisch die Finger ab. »Da gibt’s nichts zu verstehen, Schatz. Dein Bruder erschien vor ein paar Wochen bei uns im Studio; unangemeldet natürlich. Mit so einer verrückten Idee für eine Serie. Ich habe ihm gesagt, daß sie nicht zu gebrauchen war.«
    »Daß sie nicht ankommen würde«, verbesserte ihn Bonnie.
    »Wie?«
    »Marla sagte, du hättest ihm erklärt, sie würde nie im Leben ankommen«, erklärte sie gereizt. Wieso hatte er ihr nichts davon erzählt?
    Rod ging zu Bonnie, die am Herd lehnte. »Nun komm schon, Schatz. Das war doch keine große Sache. Ich hab’s dir nicht erzählt, weil ich genau wußte, daß es dich nur aufregen würde.«
    »Trotzdem. Was glaubst du denn, wie’s mir jetzt geht?«
    Er senkte den Kopf. »Es war dumm von mir, dir nichts davon zu sagen. Es tut mir leid.«
    »Du hattest also schon mit ihm gesprochen, als die Polizei seinen Namen in Joans Adreßbuch fand«, sagte sie in dem Bemühen, die Fakten für sich zu ordnen. »Warum hast du es mir nicht wenigstens da gesagt?«
    »Was hätte ich denn sagen sollen? Oh, übrigens, dein Bruder war letzte Woche bei mir? Ich hielt es für völlig irrelevant.«
    »Auch danach noch, als ich versucht habe, ihn zu erreichen?«
    »Da hab’ ich mir überlegt, ob ich es dir sagen soll.«
    »Aber du hast es nicht getan. Nicht einmal, nachdem ich mit ihm gesprochen hatte.«
    »Ich wüßte nicht, wozu es gut sein sollte. Die ganze Geschichte fing auf einmal an, sehr kompliziert zu werden. Ich bin der Meinung, daß wir es der Polizei überlassen sollten, sich damit zu befassen, wenn er irgendwas mit Joans Tod zu tun hat.«
    »Darum geht es doch gar nicht!«, rief Bonnie aufgebracht.
    »Worum geht es dann?« Rods Blick schweifte zum Flur, er fürchtete offensichtlich, seine Kinder könnten die Auseinandersetzung hören.
    Bonnie senkte augenblicklich ihre Stimme. »Es geht darum, daß du es mir hättest sagen müssen.«
    »Einverstanden«, sagte er. »Aber ich hab’s nicht getan. Ich weiß auch nicht, warum. Wahrscheinlich weil ich

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