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Fliehkräfte (German Edition)

Fliehkräfte (German Edition)

Titel: Fliehkräfte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Thome
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was nothing really, just the usual Southern gentleman who’s upset about Nixon. They keep thinking it was my hair that brought him down. Kind of far-fetched, I must say.
    – See the light? Fifty seconds left.
    – And doesn’t time just fly, folks? I’m afraid we have yet to say something substantial. Over to you, Schopenhauer.
    – I think this cop is staring at us.
    – Looks more like a train conductor to me. Anyways, what do you think about the universe, Artmüt? A philosopher by both training and vocation, my friend here ...
    – Thirty seconds.
    – But it’s not like you give him a nickel and out comes some unheard-of wisdom. He is more the reserved type, you know. Reading a lot. Lots of notes, too. Hey, let’s hear your latest discovery.
    – No, come on!
    – Just say it, man. We’re trying to turn your day around. Will you help?
    – Check out Faulkner, everybody. Probably the best I’ve ever read.
    – And there it is, the cherished piece of advice our fans have been waiting for. Probably. I hear cheering in the background. Eager young minds finally know what to do. (Ein Piepen ertönt.) Oh no, that was too fast. Can’t we just put another coin in? Like, for a B-side.
    – I have my doubts that there will really be a record coming out of this box.
    – You shouldn’t say ›have‹, you know, since it’s more like you are being owned by them.
    – Don’t forget your wallet.
    Es knackte. Die Nadel hob sich von der Platte und ließ eine Stille zurück, die ihm dichter und schwerer vorkam als zuvor. Als gäbe es Minusgrade der Tonlosigkeit. Hartmut saß vor dem Sofa auf dem Boden und war sicher, dass Bernhard und Géraldine alles mitgehört hatten vom Schlafzimmer aus. Ihmwaren die Stimmen durch Mark und Bein gegangen. Genau so hatten sie damals im Auto gesessen: Sandrine vorwärtsgewandt, schwungvoll und optimistisch, er grübelnd, missmutig und kleinlich. Manchmal hatte sie sich anstecken lassen von seinen dunklen Launen, ohne sie ihm übel zu nehmen. Das verkniffene Gesicht tauchte wieder vor ihm auf, das ihn begleitete, seit sein Blick auf das Foto in Sandrines Wohnung gefallen war. Die Miene eines Jünglings, den er nicht sympathisch finden konnte und der ihn trotzdem anrührte. Ein kühler Lufthauch zog durch die gekippte Terrassentür, und Hartmut spürte seine ausgetrocknete Kehle. Als er aufstand, knarrten die Holzdielen unter seinen nackten Füßen.
    Auf dem Weg in die Küche nahm er sich das Versprechen ab, Sandrine morgen keine Mail zu schreiben. Sie wollte nicht in Angelegenheiten hineingezogen werden, die sie nicht länger betrafen. Was sie tun konnte, hatte sie damals getan, und akzeptiert, was nicht zu ändern war. Seine mangelnde Begabung zur Unbeschwertheit war ihr nicht anzulasten.
    Verstanden, dachte er.
    Aus dem Küchenschrank nahm er ein Glas und ließ es über der Spüle volllaufen. Draußen schimmerte Mondlicht auf den Wiesen, wie draufgestrichen von unsichtbarer Hand. Zurück im Wohnzimmer, hob Hartmut die Platte vom Teller, steckte sie zurück in die Hülle und schaltete das Gerät aus. Horchte noch einmal nach oben, aber da war nichts mehr zu hören.
    Er stellte sich in die offene Terrassentür und ließ seinen Tränen freien Lauf.

9 Am nächsten Morgen steht Hartmut fröstelnd auf dem Balkon. Möwen umkreisen die Felsen in der Bucht, und das Meer erstreckt sich reglos bis zum Horizont. Seine Uhr zeigt kurz nach neun. Sonnenlicht liegt über der Szenerie, von Wolken gedämpft und angenehm sanft für seine müden Augen. In der rechten Hand hält er ein Glas Wasser, in dem sich zwei Tabletten sprudelnd auflösen. Er ist aufgewacht, weil ein Traktor durch seine Träume ratterte, der draußen den Sand glatt schob. Jetzt sieht der Strand aus, als hätte kein Mensch ihn je betreten. Außer hämmernden Kopfschmerzen spürt Hartmut ein Brennen an der rechten Wade. Hört das Schreien der Möwen und die Stille dahinter. Ich Idiot, denkt er. Zu verkatert, um sich auf den Tag zu freuen, die Fahrt nach Santiago.
    Nachdem er geduscht, gepackt und zugunsten von drei Tassen Kaffee auf sein Frühstück verzichtet hat, checkt er aus und geht zum Auto. Sein Magen grummelt. Vor dem hölzernen Kiosk warten zwei junge Frauen auf Strandbesucher, denen sie ihre Parktickets verkaufen können. In der Zwischenzeit schäkern sie mit dem Eisverkäufer, den die größere der beiden Frauen lachend ›mi niño‹ ruft. Den Rest versteht Hartmut nicht, als er den Kofferraum aufpiept, die Reisetasche

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