Flirt mit der Unsterblichkeit
Mantel trug – worin er eindeutig zwielichtig wirkte. Sein Haar war zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, den er unter seinen Hut gesteckt hatte. Claire fragte sich, ob sein Haar so leicht in Brand geraten konnte wie der Rest seines Körpers. In seinem Alter war er weniger entflammbar, aber draußen in der Sonne würde er trotzdem leiden und schließlich verbrennen, wenn er es nicht schaffte, sich rechtzeitig in Sicherheit zu bringen. Unaufgefordert trat er ein.
»Ja, willkommen«, seufzte Claire und machte die Tür hinter ihm zu. »Wir packen gerade unsere Sachen. Oh, ist das alles, was du dabeihast?« Er hatte eine einzige Tasche, die sogar noch kleiner war als Michaels oder Shanes.
Oliver machte sich nicht die Mühe zu antworten. Er ging an ihr vorbei ins Wohnzimmer zu Michael. Eve und Shane, die sich gerade um die Mitnahme von Cola beziehungsweise Eiskaffee zankten, verstummten, und Claire ging zu ihnen.
»Ihr wollt das aber nicht alles mitnehmen«, sagte Oliver und warf einen Blick auf ihr gesamtes Gepäck. Es war - wie Claire zugeben musste – ziemlich viel, hauptsächlich deshalb, weil Eves Koffer ungefähr die Größe von Rhode Island hatte. Aber sie hatten natürlich alle etwas beigetragen. »Gibt es dafür überhaupt genug Platz?«
»Ich habe einen großen Kofferraum«, sagte Eve. »Es wird schon passen.«
Oliver schüttelte den Kopf. »Ich hasse es, mit Amateuren zu verreisen«, sagte er. »Na schön. Ladet alles ins Auto. Michael und ich warten hier, bis die Sonne untergegangen ist.«
Er benahm sich, als wäre er nun der Boss, was ziemlich nervig war. Allerdings war er tatsächlich der Boss. Amelie hatte ihn beauftragt, sie zu begleiten. Er konnte sie also nach Belieben herumkommandieren. Für Oliver war das das Paradies auf Erden. Für alle anderen die Hölle. Claire zuckte schweigend mit den Schultern, nahm ihren Koffer und ihren Rucksack und ging voraus.
Das Auto zu beladen, war furchtbar. Eves Koffer ließ sich kaum hineinzwängen. Schließlich klappte es doch und auch alles andere passte hinein, einschließlich der Gitarren und der Kühlboxen. Claire, Shane und Eve waren verschwitzt, verärgert und erschöpft, als sie mit allem fertig waren. Zu diesem Zeitpunkt ging auch allmählich die Sonne unter.
Niemand versuchte, den Beifahrersitz zu beanspruchen. Oliver saß vorne, Michael fuhr und Eve, Claire und Shane nahmen auf der Rückbank Platz. Sooo eng war es gar nicht...
»Pässe«, sagte Oliver und streckte die Hand aus. Michael gab sie ihm und Oliver überprüfte sie genau, als wüsste er nicht ohnehin, dass sie sie dazu befugten, die Stadt zu verlassen. »Na schön. Weiter.«
»Musik!«, sagte Eve. »Wir brauchen...«
»Keine Musik«, sagte Oliver. »Was ihr für Musik haltet, ist für mich unerträglich.«
»Wir wissen ja, dass die Hippie-Klamotten nur Tarnung sind, aber dass du so mies drauf sein würdest...«, brummte Eve. »Erlaub uns wenigstens die Beatles oder so.«
»Nein.«
»Wird eine echt lange Fahrt werden«, sagte Shane und legte seine Arme um Claire und Eve, weil er in der Mitte saß. »Aber wenigstens habe ich die Babes. Diese Rückbank ist super.«
»Halt die Klappe«, sagte Michael.
»Keine Chance, Dad.«
Michael und Shane beleidigten sich mit obszönen Gesten. Dann ließ Michael den Motor an und fuhr los. Eve wand sich in ihrem Sitz und klatschte in die Hände.
Oliver drehte sich um und funkelte sie zornig an. Er nahm seinen schwarzen Hut ab und legte ihn neben Eves nickendem Skelett auf das Armaturenbrett. »Das reicht jetzt«, sagte er. »Schlimm genug, dass ich mit euch Kindern in einem Auto festsitze. Ihr tut jetzt euer Bestes, euch nicht auch noch wie Kinder zu benehmen.«
»Oliver«, sagte Michael, »halt dich zurück. Das ist das erste Mal, dass wir die Stadt verlassen. Gönn uns ein bisschen Spaß.«
»Für einige von euch ist es vielleicht was Besonderes«, sagte Oliver und blickte aus dem Fenster, wo die Häuser der Lot Street vorbeizogen. »Für einige andere eher nicht.«
Das stimmte zwar, aber trotzdem spürte Claire, dass Eves Begeisterung ansteckend war. Michael lächelte. Shane genoss es, auf dem Rücksitz der Hahn im Korb zu sein. Und sie selbst... sie ließ Morganville hinter sich, wenigstens für eine Weile. Am Stadtrand näherte sich nun das Ortsschild: BITTE KOMMEN SIE BALD WIEDER!
Sie schossen mit mindestens hundertzwanzig Sachen daran vorbei. Hinter dem Schild stand ein Streifenwagen – jemand aus Hannah Moses' Truppe. Claire
Weitere Kostenlose Bücher