Flirt mit der Unsterblichkeit
fragte Shane. Er war noch immer angespannt, weil er Oliver dieses Keine-große-Sache-Gehabe nicht abkaufte. Oliver musterte ihn eiskalt im Rückspiegel.
»Nichts, was Konsequenzen für euch hätte«, sagte er. »Außerdem wird darüber nicht diskutiert. Haltet alle die Klappe.«
»Mikey?«, hakte Shane nach.
Michael starrte Oliver ein paar Sekunden lang an, bevor er schließlich sagte: »Nein, schon okay. Eine kleine Rast würde uns wahrscheinlich allen guttun.«
»Hängt davon ab, wo«, sagte Shane, zuckte aber mit den Schultern und lehnte sich zurück. »Ich bin einverstanden, wenn ihr es auch seid.«
Michael nickte. »Ist es vernünftig, einverstanden zu sein, Oliver?«
»Ich sagte doch schon, es wird nicht darüber diskutiert.«
»Wir sind vier, du bist einer. Vielleicht wird doch darüber diskutiert.«
»Nur wenn du Amelie später Rede und Antwort stehst.«
Michael schwieg. Sie fuhren weiter durch die rabenschwarze Nacht, bis schließlich in der Ferne ein grünes, ausgebleichtes Schild aufleuchtete.
Claire kniff die Augen zusammen und blinzelte.
»Durram, Texas«, las sie. »Wollen wir dorthin?«
»Was noch viel wichtiger ist - gibt es dort einen Truck Stop, der die ganze Nacht aufhat?«, stöhnte Eve, »Das mit der Toilette habe ich nämlich ernst gemeint. Echt.«
»Deine Blase ist wohl so groß wie eine Erdnuss«, sagte Shane. »Ich glaube, dort ist ein Schild.«
Tatsächlich, es war ein Truck Stop - nicht groß, nicht besonders sauber, aber er hatte auf. Und er war gut besucht - sechs Sattelschlepper und etliche Pick-ups standen auf dem Parkplatz. Oliver nahm die Ausfahrt und brachte das Fahrzeug an einer Zapfsäule zum Stehen.
»Mach den Tank voll«, sagte er zu Michael. »Danach parkt ihr das Auto und wartet drinnen auf mich.«
»Wie lange?«
»Bis ich fertig bin. Ich bin mir sicher, dass ihr euch bis dahin irgendwie beschäftigen könnt.« Und dann schwang die Fahrertür auf und Oliver verschwand in der Dunkelheit.
»Wir könnten einfach abhauen«, stellte Shane fest. »Füll den Tank und fahr los.«
»Hältst du das für einen guten Plan?«
»Ehrlich gesagt, nicht wirklich. Aber es ist ein lustiger Plan.«
»Lustig, weil er uns umbringen wird? Manche von uns mehr als andere, wenn ich das mal hinzufügen darf.«
»Na super, reib uns das mit deiner Unsterblichkeit wieder unter die Nase. Aber mal im Ernst. Warum machen wir das hier mit? Wenn wir Oliver sitzen lassen, müssen wir nie wieder zurück nach Morganville. Denkt mal darüber nach.«
Claire leckte sich die Lippen und sagte leise: »Nicht alle von uns können einfach so abhauen, Shane. Meine Eltern leben in Morganville. Eves Mom und Bruder auch. Wir können nicht einfach abhauen, es sei denn, wir wollen, dass ihnen etwas Schlimmes passiert.«
Er sah tatsächlich so aus, als würde Shane sich schämen, als hätte er das wirklich vergessen. »Ich wollte nicht...« Er seufzte schwer. »Ja, okay, ich verstehe, was du meinst.«
»Davon abgesehen: Wenn Amelie will, kann sie mich jederzeit finden«, sagte Michael. »Wenn ihr mich mitnehmen wollt, dann wirkte ich wie ein riesiger GPS-Sender, der Unglück über euch bringt«
»Boah!«
»Genau.«
»Toilette?«, fragte Eve klagend.
Und damit war die Diskussion über eine mögliche Flucht beendet.
Zumindest vorerst.
***
Der Texas Star Truck Stop wirkte von innen noch unwirtlicher als von außen. Als Claire die Tür aufstieß - wobei Shane zuerst versuchte, sie für sie zu öffnen - läutete ein kleines Glöckchen, und als sie aufblickten, stellten sie fest, dass sie von zahlreichen Augenpaaren angestarrt wurden.
»Wow«, murmelte Shane. »Drogenzentrale?«
Sie wusste, was er meinte. Es war eine furchteinflößende Bande. Die jüngste Person war - abgesehen von ihnen - eine verhärmte, stark gebräunte, magere Frau um die dreißig, deren Oberteil und abgeschnittene Shorts nur als Fetzen bezeichnete werden konnten. Sie hatte Tätowierungen - ziemlich viele. Alle anderen waren älter, dicker, fieser und unangenehm auf die Neuankömmlinge fixiert.
Und dann kam Eve herein, in ihrer ganzen Goth-Pracht, und hopste von einem Fuß auf den anderen. »Toilette?«, sagte sie zu dem großen, bärtigen Mann hinter dem Tresen. Er blickte sie finster an und holte unter der Theke einen Schlüssel hervor, der an einer großen Eisenstange hing. »Danke!« Eve schnappte sich den Schlüssel und stürzte in den dunklen Gang, der mit »WC« bezeichnet war. Claire war sich nicht sicher, ob sie den Mut
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