Flirte nie in Italien
sagst du mir nichts Neues", erwiderte er schroff. "Du scheinst tatsächlich an alles gedacht zu haben. Nur was ich darüber denke, interessiert dich offensichtlich nicht."
"Hat dich damals interessiert, was ich denke?" fragte sie entrüstet. "Nein, Bernardo, das hier ist einzig und allein meine Sache, und dieses Mal gelten meine Regeln."
"Und was willst du damit erreichen? Wenn du glaubst, dass du mich so rumkriegst und ich dich doch noch heirate ... "
"Was bildest du dir eigentlich ein?" platzte Angie heraus. "Glaubst du wirklich, ich hätte mir die teure Praxiseinrichtung gekauft, nur weil ich es nicht erwarten kann, endlich zu heiraten? Wenn es mir darum ginge, hätte ich in London wahrlich genug Auswahl gehabt."
Um nicht augenblicklich die Selbstbeherrschung zu verlieren, musste sich Bernardo die schreckliche Vorstellung förmlich verbieten, dass jemand anders als er seinen Arm um Angies schmale Taille gelegt und ihre sinnlic hen Lippen geküsst haben könnte.
Und doch konnte nur ein ausgesprochener Ignorant annehmen, dass eine bildschöne und intelligente Frau wie Angie lange allein blieb. "Ich habe mir nie eingebildet, dass ich der einzige Mann in deinem Leben bin", sagte er niedergeschlagen.
"Dann bist du dümmer, als die Polizei es erlaubt", flüsterte Angie, damit Bernardo es nicht hören konnte. „Für meine Entscheidung, hierher zu kommen, habe ich gute Gründe", sagte sie zwar vage, aber vernehmlich. „Vielleicht bin ich wirklich so ein Schwächling, wie du glaubst..."
"Das habe ich nie gesagt", protestierte Bernardo.
"Und ob du das gesagt hast", widersprach Angie energisch. "Und manches andere Unschöne noch dazu. In deinen Augen bin ich eine verwöhnte und verhätschelte Tochter aus gutem Hause, die bei der ersten Belastung zusammenbricht. Ein bisschen mehr traue ich mir durchaus zu, und um es herauszufinden, bin ich hergekommen. Mit dir hat das nicht das Geringste zu tun. Deshalb möchte ich dich bitten, mich nicht länger von der Arbeit abzuhalten."
Bernardo sah sie eine ganze Weile lang ungläubig an, bevor er sich schließlich umwandte und wortlos das Haus verließ.
Der Auftakt verlief alles andere als viel versprechend.
Das schlechte Wetter war dabei noch das geringste Problem, und die Aussicht, einen Monat lang die Sonne nicht zu sehen, bedrückte Angie deutlich weniger als die Tatsache, dass Bernardo in einem Punkt Recht behalten hatte. Die Skepsis der Dorbewohner ihr gegenüber war größer, als sie angenommen hatte.
Die Einzigen, die vom ersten Tag an zu ihr gehalten hatten, waren die Nonnen.
Doch Ende Januar, eine Woche nach ihrer Ankunft, kam ihr der Zufall zu Hilfe, und zwar in Form eines Anrufes von Heather, die ihr erzählte, in Palermo sei eine Grippeepidemie ausgebrochen.
Noch waren Montedoro und die umliegenden Dörfer verschont geblieben, und damit es so blieb, traf Angie umgehend die erforderlichen Vorsichtsmaßnahmen.
Nachdem sich alle Nonnen und sogar der Pfarrer hatten impfen lassen, veranlasste die Oberin, dass alle Schüler der Klo sterschule einen Brief mit nach Hause bekamen, in dem die Eltern aufgefordert wurden, sich und ihre Kinder gegen die Grippeepidemie zu schützen und in Angies Praxis zu kommen.
Die Resonanz auf den Brief war gut, doch insbesondere die Männer weigerten sich hartnäckig, der Aufforderung nachzukommen. Angie brauchte nicht lange zu überlegen, bis ihr eine Lösung für das Problem einfiel.
" Buona notte, dottore ", begrüßte Stella den späten Gast, nachdem sie eine Zeit lang gebraucht hatte, Angie zu erkennen, die in eine dicke Winterjacke eingepackt war und die Kapuze tief in die Stirn gezogen hatte. "Signore Tornese isst gerade zu Abend. Er wird sich freuen, Sie zu sehen."
Angie war sich da weniger sicher, doch als Stella sie ins Esszimmer führte, schlug sie die Kapuze zurück und setzte ihr strahlendstes Lächeln auf, damit Bernardo auf den ersten Blick erkennen konnte, wie wenig ihr das unwirtliche Klima ausmachte.
"Guten Abend, Signore Tornese", begrüßte sie ihn betont distanziert und reichte ihm die Hand.
"Guten Abend, dottore", erwiderte Bernardo höflich, ohne seine Überraschung zu verbergen.
In diesem Moment kam Stella mit einer Tasse Kaffee in der Hand aus der Küche und reichte sie Angie. "Etwas Warmes kann sicherlich nicht schaden. Ich hoffe, die Kälte setzt Ihnen nicht allzu sehr zu."
"Ich komme bestens damit zurecht", antwortete Angie strahlend und klopfte sich auf die Oberschenkel. "Soll ich Ihnen sagen,
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