Flirtverdacht Roman
bekannt vor? Hatte ich ihn irgendwo schon mal …
Oh, Gott.
Meine Augen weiteten sich, und die Kinnlade fiel mir fast bis auf den Boden. Wie musste es nur auf die anderen Leute im Raum gewirkt haben, dass ich einen völlig fremden Mann aus einigen Metern Entfernung so anstarrte … nein, angaffte !
Aber genau das war ja der Punkt. Er war mir eben nicht völlig fremd. Ich wusste ganz genau, wer er war. Das war Dustin Garrett! Da gab es keinen Zweifel. Zuerst hatte ich ihn nicht erkannt, weil ich davon ausgegangen war, dass er mit einer großen Gruppe von anderen Männern unterwegs war, denen die Bierbäuche über die Khaki-Golfshorts hingen. Dabei stellte sich die Situation ganz anders dar.
Er war mit einer Frau zusammen. Und so, wie es aussah, sogar mit einer ziemlich jungen.
Na gut, redete ich mir ein, während ich den Mund zuklappte und mich wieder um eine normale Haltung bemühte. Vielleicht ist sie nur eine gute Freundin. Oder eine Arbeitskollegin. Oder eine Hotelangestellte, mit der er über den mangelhaften Zustand seines Zimmers und die entsprechende Entschädigung diskutiert.
Nur weil ein Mann mit einer gut fünfzehn Jahre jüngeren Blondine an einem Tisch sitzt, bedeutet das ja nicht zwangsläufig, dass er …
Und genau in diesem Augenblick beugte Dustin sich vor und legte dem Mädchen eine Hand aufs Bein, während er ihr etwas ins Ohr flüsterte. Sie begann kokett zu kichern, lehnte den Kopf in den Nacken, so dass sich ihr langes blondes Haar in sanften Wellen über ihren Rücken ergoss. Und dann, bevor er sich wieder zurücklehnte, fuhr er mit den Lippen spielerisch über ihren Nacken. Sie umfasste sein Gesicht mit beiden Händen und zog ihn zu einem innigen Kuss an sich. Als sie sich schließlich voneinander lösten, wischte sie ihm mit einer verführerischen Geste das Lipgloss von der Unterlippe.
Tja, damit wäre die Frage wohl geklärt.
Dustin Garrett war keinesfalls mit einem Trupp Amateurgolfer unterwegs. Das war eindeutig nur ein Märchen, das er zu Hause erzählt hatte. Diese beiden waren gemeinsam hier. Und das sexy Designerkleid und die Wäsche, die sich darunter abzeichnete, verrieten, dass sie entsprechend gepackt hatte. Das hier war keine zufällige Begegnung in einer Bar. Diese Frau war mir nicht dummerweise um ein paar Minuten zuvorgekommen – sondern um mindestens ein paar Wochen. Wenn nicht noch mehr.
Ich drehte meinen Hocker herum und sah wieder zur Bar. Dann nahm ich einen deutlich kräftigeren Schluck aus meinem Martiniglas und verzog das Gesicht, als mir die kühle, bittere Flüssigkeit durch die Kehle rann. Also hatte Lexi Garrett Recht. Sogar mehr, als sie ahnte. Ihr Gefühl hatte ihr gesagt, dass etwas nicht in Ordnung war, dass etwas nicht stimmte, und sie hatte vermutet, dass ihr Dad ihre Mutter betrügen könnte. Doch jetzt stellte sich heraus, dass er es bereits tat. Und zwar schon Gott weiß wie lange.
Wieder wunderte ich mich über die erstaunliche Beobachtungsgabe der Kleinen. Woher hatte sie das gewusst? Wie konnte sie etwas bemerken, dass ihrer Mom schon seit langem entging? Mädchen in ihrem Alter sollten sich eigentlich mit Klamotten und Tratsch und süßen Boybands beschäftigen. Sie sollten sich nicht über solche Sachen Sorgen machen. Und vor allem sollten sie eigentlich gar nichts davon wissen.
Doch jetzt würde Lexi es erfahren müssen. Ich würde es ihr sagen müssen. Weil sie schließlich die Auftraggeberin war. Ich hatte mich zwar hartnäckig geweigert, von ihr Geld anzunehmen, aber sie hatte mich aufgesucht, um von mir eine Antwort zu bekommen, und daher fühlte ich mich verpflichtet, ihr eine zu geben.
Ich trank noch einen Schluck.
Oder konnte ich doch verhindern, dass sie davon erfuhr? So schoss es mir durch den Kopf.
Wenn ich mich weigerte, es ihr zu sagen, und stattdessen darauf bestand, direkt mit Mrs Garrett zu sprechen? Das wäre eindeutig die vernünftigere Lösung. Auch wenn sie den Scharfblick einer Neunzigjährigen hatte, durfte Lexi Garrett auf keinen Fall vor ihrer Mutter von der Affäre ihres Vaters erfahren. Oder gar die undankbare Aufgabe übernehmen, ihrer Mutter mitteilen zu müssen, was sie wusste. Schließlich wusste ich aus eigener Erfahrung, dass Kinder damit einfach überfordert sind.
Eines musste ich jedoch zugeben. Obwohl ich so selbstbewusst in diese Bar marschiert war, war ich jetzt doch ziemlich erleichtert, dass ich den Auftrag nicht durchziehen musste. Denn die Absicht zum Fremdgehen hatte eindeutig schon
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