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Flirtverdacht Roman

Flirtverdacht Roman

Titel: Flirtverdacht Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Brody
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drehte ich den Kopf von einer Seite zur anderen, um meine verspannten Schultern zu dehnen.
    Nur noch einer.
    Ich holte tief Luft, schlug den letzten Ordner auf und begann zu schreiben.
    Fallnummer: 2383
    Name des Testobjekts: Benjamin Connors
    Meine Finger wurden deutlich langsamer und hörten schließlich ganz auf zu tippen. Ich starrte in den aufgeschlagenen Ordner vor mir auf dem Tisch. Alle Informationen, die von der Seite in meine müden, geröteten Augen sprangen, waren mir vertrauter, als ich mir je hätte vorstellen können. Denn zum ersten Mal seit über einem Jahr stammte der Eintrag, den ich erstellen und dann für alle Ewigkeit in den Tiefen des Cyberspace abspeichern würde, von mir selbst.
    Die Aufzeichnungen waren aus meiner Sicht verfasst. Die Einzelheiten waren Teil meiner Erinnerungen. Meiner Vergangenheit.
    Der Weg des Benjamin Connors hatte sich unwiderruflich mit meinem gekreuzt. Und diese eine Nacht, diese scheinbar zufällige Begegnung, hatte entscheidende Auswirkungen auf unser beider Leben.
    Doch für Benjamin Connors war diese Akte, dieser Datensatz eine logische Folge. Wie bei allen anderen auf dem Stapel stand sie für das Ende seiner Ehe. Für den Verlust von Frau und Kind und der Zukunft, die er sich einst ausgemalt hatte.
    Ich dagegen war mir noch immer nicht darüber im Klaren, was diese Akte für mich bedeutete. Für die Zukunft, die vor meinen Augen gestanden hatte.
    Denn in den letzten beiden Wochen ließ mich die Erinnerung nicht los, wie mir Darcie Connors in der Tür zu diesem Zimmer ihre grenzenlose Dankbarkeit ausgedrückt hatte. Für das, was ich getan hatte. Was ich ihr hatte geben können. Diese Dankbarkeit hatte eine Empfindung in mir geweckt, die ich einfach nicht abschütteln konnte. Ein seltenes Gefühl der Erfüllung. Als hätte jemand eine Seite meines Wesens berührt, von der ich nicht einmal gewusst hatte, dass sie existierte.
    Noch vor gar nicht so langer Zeit war mir dieses Gefühl sehr vertraut gewesen. Dass ich persönlich einen Fremdgeher entlarvt hatte.
    Während ich ihren Namen auf dem Blatt vor mir anstarrte und noch einmal auskostete, wie es war, einem guten Zweck zu dienen, wurde mir auf einmal klar, dass es das war, was mir im vergangenen Jahr gefehlt hatte. Das war es, für das ich so dringend einen Ersatz gesucht hatte. Erst, indem ich die Agentur gründete, und dann, indem ich mich als Sachverständige zur Verfügung stellte. Ich brauchte das Gefühl, dass ich das Leben anderer Leute aktiv veränderte. Dass ich meinen sechsten Sinn für einen guten Zweck einsetzte. Doch leider waren meine jämmerlichen Alternativen kein richtiger Ersatz. Sie hatten nicht die gleiche Wirkung.
    Ich fühlte mich wie ein Drogenabhängiger mit Entzugserscheinungen, der nicht wusste, von welchem Stoff er einmal abhängig war, bis er ihn zufällig gespritzt bekam.
    Aber jetzt, da ich erkannt hatte, was in meinem Leben fehlte, konnte ich kaum noch widerstehen. Zumal ich genau wusste, wie und wo ich es bekommen konnte.
    Zumal … es erst vor weniger als drei Stunden mein Büro verlassen hatte.
    »Nein!«, sagte ich laut, verbannte den Gedanken aus meinem Kopf und widmete mich wieder der Aufgabe vor mir. Dateneintrag. Langweilige, öde, lästige Daten.
    Ich sah wieder in den aufgeschlagenen Ordner auf meinem Schreibtisch. Ich musste damit umgehen wie mit jeder anderen Akte auch. Ein Eintrag wie jeder andere. Weiter nichts.
    Und ich wusste, dass ich jetzt die einmalige Chance hatte, für immer und ewig mit dieser ganzen Geschichte abzuschließen. Denn wenn die Daten einmal eingegeben waren, wenn ich einmal die Taste »Senden« angeklickt hatte, brauchte ich sie nie wieder zu sehen. Die Originalakten wandern in den Aktenvernichter, die Originalerinnerung wandert hoffentlich auch in eine Art mentalen Shredder.
    Mit zitternden Händen übertrug ich den Text sorgfältig Wort für Wort von der Akte auf den Bildschirm. Nicht ein einziges Detail veränderte ich. Kein einziges Wort, keinen Namen, nicht einmal ein Komma. Obwohl die Akte nicht die Wahrheit über die Ereignisse in jener Nacht enthielt, war sie die einzige Version, die ich dauerhaft abspeichern wollte.
    Beruf: Werbung
    Ort: Sherman Oaks, Kalifornien
    Name der Auftraggeberin: Darcie Connors
    Verhältnis zum Testobjekt: Ehefrau
    Verdacht, der Anlass zur Prüfung gibt: Auftraggeberin befürchtet Hang zur Untreue beim Testobjekt, nachdem Testobjekt auf Party bei unangemessenem Verhalten beobachtet wurde. Auftraggeberin wünscht

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