Flitterwochen zu dritt
Ben, da fällt dir doch etwas Besseres ein! Was ist der wirkliche Grund dafür, dass du mit deiner früheren Geliebten telefonieren wolltest?”
“Bis heute hast du ja kein Interesse an ihm gezeigt, an wen hätte ich mich also deiner Meinung nach wenden sollen? An deine Mutter?” Er schnaufte verächtlich. “Da hätte ich genauso gut einem Pitbull vertrauen können.”
“Du hättest meine Großmutter fragen können.”
“Nein, das konnte ich nicht. Denn damit hätte ich zu erkennen gegeben, wie wenig Unterstützung ich von dir bekomme.”
“Willst du damit sagen …?”
“Ich will sagen”, erklärte er traurig, “dass wir diese Unterhaltung jetzt abbrechen, bevor wir beide Dinge äußern, die wir unser Leben lang bereuen. Ich bin müde, du bist müde, und dieses Baby sollte jetzt auch müde sein. Lass uns also schlafen gehen und im Moment nicht weiter darüber reden.”
Und ohne ihr die Gelegenheit zu geben weiterzudiskutieren, drehte er sich um und ging hinaus. Sie hatte sich nie in ihrem Leben so allein gefühlt.
7. KAPITEL
Schließlich folgte Julia Ben nach oben. Als sie am Kinderzimmer vorbeiging, bewegte sich das Baby unruhig. Sie ging auf Zehenspitzen zur Wiege, beugte sich hinab, um es wieder richtig zuzudecken, und strich ihm mit der Hand über den Kopf. Sein Haar war nass geschwitzt, und seine Körpertemperatur schien höher als normal.
Hatte sie Ben zu schnell verurteilt? Hatte dieses kleine Wurm doch etwas anderes als nur eine schlimme Kolik? Waren die Flecken, die sein Vater bemerkt hatte, ein Anzeichen für etwas Schlimmeres?
Furcht stieg in ihr auf. Babys waren nicht anders als andere Menschen. Sie konnten ohne Vorwarnung tödlich krank werden.
Sie konnten sterben.
Es wimmerte im Schlaf und nuckelte heftig am Schnuller, und Julia verspürte plötzlich das Bedürfnis, es hochzunehmen und festzuhalten, um jedes Unglück von ihm fern zu halten.
Aber sie wollte es nicht stören, und so berührte sie nur vorsichtig mit den Fingerspitzen seine Wange. “Ich könnte mich so leicht in dich verlieben, wenn ich es wagen würde”, flüsterte sie. Eine Träne lief ihr übers Gesicht. “Aber so einfach ist das nicht, weißt du.”
“Doch, das ist es”, sagte Bens Stimme hinter ihr. “Es ist ganz einfach, Julia. Du musst nur aufhören, dagegen anzukämpfen, und es einfach geschehen lassen.”
Sie fühlte sich ertappt, zog die Hand schnell zurück und richtete sich auf. “Ich wollte dich nicht wecken.”
“Ich habe nicht geschlafen. Und selbst wenn, das Babyfon neben dem Bett ist so empfindlich, dass ich ihn sogar atmen hören kann. Ich habe dich gehört, als du hereingekommen bist.
Wie geht’s ihm?”
“Nun, er schläft. Ich vermute, das ist ein gutes Zeichen. Aber wenn es mein Kind wäre …”
“Es ist dein Kind, Julia, wenn du das möchtest.”
“Nein”, sagte sie, “es ist Marians Kind. Das hast du vor einer halben Stunde selbst gesagt.” Sie sah, wie sein Mund schmaler wurde und seine Brust sich in einem ungeduldigen Seufzer hob, und fuhr schnell fort: “Aber wenn es mein Kind wäre, würde ich es zum Arzt bringen und einmal gründlich untersuchen lassen.”
“Ich habe schon für Montagmorgen einen Termin beim Kinderarzt ausgemacht.”
“Das ist aber noch lange hin, vor allem wenn wirklich etwas nicht mit ihm in Ordnung ist.”
“Ich weiß. Deswegen habe ich Marian angerufen. Ich habe gedacht, wenn sie in dem Monat, den er bei ihr war, nichts gemerkt hat, dann ist es vielleicht nicht so ernst.”
“Nun dann”, sagte sie und wandte sich von der Wiege ab,
“wenn ihr euch darüber einig seid, was zu tun ist, ist es nicht so wichtig, wie ich darüber denke, stimmt’s?”
Ben holte sie auf dem Flur ein, und an dem festen Griff, mit dem er sie am Ellenbogen festhielt, merkte Julia, dass das Gespräch noch nicht beendet war. “Du benimmst dich sehr dumm bei dieser Marian-Geschichte, weißt du das?” meinte er, als würde er zu einer Vierjährigen sprechen.
“Und du bist unglaublich begriffsstutzig, wenn du nicht verstehst, dass der letzte Name, den ich aus deinem Munde hören möchte, Marian Dawes ist. Reicht es denn nicht, dass wir in diesen so genannten Flitterwochen zu dritt sind, musst du auch noch eine vierte Person dazuholen?”
“Du übertreibst maßlos, Julia.”
“Nein. Diese Frau hat sich praktisch in der Minute, in der wir beide unser ,Ich will’ gesagt haben, blicken lassen. Und gerade als ich dachte, dass wir wenigstens einen Teil des
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