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Flöte und Schwert

Flöte und Schwert

Titel: Flöte und Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Lode
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zu leiden. Sie schwitzten in ihren Panzerhemden, doch der Hauptmann verbot ihnen, Helme und Rüstungen abzulegen. „Ihr wisst, dass es hier vor Wüstenräubern nur so wimmelt!", fuhr er sie an.
    Seit sie vom Lager der Sklavenjäger aufgebrochen waren, marschierten sie nach Osten. Einer der Männer führte die Maultiere, die schwer mit Getreide, getrockneten Früchten, Salz, Öl, Tee und Gewürzen beladen waren. Der schwarzhaarige Edelmann war nicht bei ihnen, denn er war schon kurz nach Sonnenaufgang losgeritten. Nadirah hatte er mitgenommen. Omar hatte keine Gelegenheit mehr bekommen, mit ihr zu sprechen. Nun hoffte er, dass man ihn zum Haus des Edelmannes brachte. Dann wäre er wenigstens in Nadirahs Nähe.
    Bald ließen sie die Dünen hinter sich, und nach einer kurzen Rast an einer Wasserstelle begann der Marsch durch eine trockene Ebene, in der nichts lebte. Zerklüftete Felsen warfen lange Schatten. Die Sonne ging unter und ließ am westlichen Horizont einen feurigen Streifen erglühen. Omar mühte sich, mit den Kriegern Schritt zu halten. Wenn er strauchelte oder zurückzufallen drohte, ließ der Hauptmann die Peitsche knallen.
Es war meine Torheit, die Nadirah und mich in diese Lage gebracht hat
, dachte er finster. Mit nichts als seiner Flöte, einer Handvoll Kupfermünzen und einem Empfehlungsschreiben des Kaufmannes Abdallah Saleh waren sie vor vier Tagen von Mekka aufgebrochen. In Medina, fern von Nadirahs jähzornigem Vater, wollten sie ein neues Leben beginnen. Omar war voller Hoffnung, beim Emir, der als Liebhaber der schönen Künste galt, eine Anstellung als Musikant zu finden. Freunde warnten sie vor den Gefahren, die den Reisenden auf der Handelsstraße erwarteten, und Nadirah drängte darauf, eine Karawane zu suchen, der sie sich anschließen konnten. Omar wollte jedoch keinen Tag länger in Mekka bleiben und überredete Nadirah, sofort aufzubrechen – eine unkluge Entscheidung, wie sich wenig später herausstellte. Kaum hatten sie die Stadttore hinter sich gelassen, wurden sie von den Sklavenjägern überwältigt und in die Wüste verschleppt.
Verflucht sei mein Leichtsinn!
, dachte Omar.
    Kurz nach Einbruch der Nacht schlug der kleine Trupp einen Pfad ein, der sich steil den Hang eines gewaltigen Felsmassivs hinaufwand. Gelegentlich führte der Weg durch enge Schluchten mit senkrecht aufragenden Felswänden, dann wieder über ein mit Geröll übersätes Plateau. Als sie über eine Steinbrücke marschierten, die eine dunkle Spalte überspannte, konnte Omar auf dem Gipfel ein Gebäude erkennen; schwarze Mauern und Türme verdunkelten die Sterne. War dies der Ort, zu dem der Edelmann Nadirah gebracht hatte? Dann beschrieb der Weg eine Biegung, und das Bauwerk verschwand hinter den Felsen.
    Der Hauptmann trieb seine Männer an. Wenig später hatten sie das Gebäude erreicht und marschierten durch das Tor. Diener eilten über den erleuchteten Innenhof, brachten Wasser für die Männer und befreiten die Maultiere von ihrer Last. Einer der Krieger befahl Omar, ihm zu folgen. Zinnenbewehrte Mauern umgaben den quadratischen Hof; an den Ecken erhoben sich mächtige Türme. Omar sah ein Wachhaus neben dem Tor, Unterkünfte für Krieger und Diener, Lagerhäuser, Ställe, eine Kornkammer.
    Am prachtvollsten war ein dreistöckiger Bau mit Zwiebeldach in der Mitte des Hofes. Wachen flankierten die Eingangstür. Omar bemerkte eine Gestalt auf einem kleinen Balkon und erkannte den Edelmann. Für einen kurzen Augenblick begegneten sich ihre Blicke, dann wurde Omar unsanft in den Rücken gestoßen. „Schlaf nicht ein!", bellte der Krieger.
    Er führte Omar eine Treppe hinunter zu einem halbdunklen Raum, in dem es nach Essen roch. Er enthielt einen Backofen, steinerne Tische und eine offene Feuerstelle, über der ein Kessel hing. Ein schwitzender, muskelbepackter Mann in einer fleckigen Schürze holte ein Blech mit Broten aus dem Ofen. Als er sich umwandte, sah Omar, dass der Hüne eine Augenklappe trug. Mit seinem gesunden Auge musterte er die Neuankömmlinge, und zwischen seinen Brauen bildete sich eine Furche. „Wer ist der Kerl?“
    „Der Herr hat ihn gekauft“, sagte der Krieger, „als Gehilfe für dich.“
    Der Hüne packte Omars Arme und drehte dessen Handflächen nach oben. „Er hat Hände wie ein Mädchen. Ich kann ihn nicht brauchen.“
    „Er hat einen halben Dirhem gekostet. Also sieh zu, dass er seinen Preis rasch wieder reinholt. Oder willst du Ärger mit dem Herrn?“
    Nachdem der Krieger

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