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Flora Segundas magische Missgeschicke

Flora Segundas magische Missgeschicke

Titel: Flora Segundas magische Missgeschicke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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die Wäscheleine gehängt hätte. Nur Udos schmerzhafter Griff und das Prickeln auf meinem Nacken, das mit jeder Minute prickelnder wurde, sorgten dafür, dass ich mich weiter bewegte. Ich streckte die Hand aus, um die Wände zu berühren; sie fühlten sich so warm an wie lebendiges Fleisch und vibrierten leicht unter Paimons schweren Schritten.
    »Ich hoffe, es gibt einen Fahrstuhl, der uns wieder hinaufbringt«, sagte Udo. »Runter ist ja nicht so schwer, aber ich bin nicht scharf darauf, wieder hochzuklettern. «
    »Wenn Paimon uns erwischt, wird er uns vermutlich hinauftragen«, sagte ich atemlos. »Ich hoffe, es gibt einen anderen Ausweg.«
    »Der einzige Weg führt hindurch«, sagte Udo ermutigend. »Beeil dich, Flora, streng dich an.«
    »Ich mach’ ja schon«, keuchte ich. Hinter uns wurden
die Schritte immer lauter und schneller. Vor uns endete die Treppe schließlich vor einem hohen schmiedeeisernen Tor. Und um den Torsturz wanden sich in Wellenlinien leuchtende Buchstaben, die folgende Worte bildeten:
    DIE GARDEROBE ZUM EWIGEN ABGRUND

Kapitel 36
Tote Generäle. Dunkle Ecken. Erwischt.
    N och eine Rotunde, die vom Durchmesser her viel kleiner war als die Halle der Erwartungsvollen Erwartungen, die aber dafür noch um einiges höher zu sein schien. Der Geruch nach Meerwasser war hier stärker als vorher und vermischte sich mit dem beißenden Rauch von Opanopex-Räucherwachs und einem süßlich-fleischigen Aroma, das ich nicht kannte. Durch die atemlose Stille bildete ich mir ein, das dumpfe, schleifende Geräusch der Brandung zu hören.
    Den Mittelpunkt des kreisrunden Raums bildete ein kleines Boot, das auf einem hohen Sockel stand und mit Vorhängen aus rotem Satin versehen war, die den Blick ins Innere des Bootes versperrten. Eine flackernde Laterne hing am Heck und der Bug ging in die Gestalt einer kurvenreichen Frau über. Ihre üppige Form und die ausgestreckten Arme wuchsen aus dem Holz. Ihr seegrasgrünes Haar lag feucht um ihre weißen Hüften. Im Licht der Laterne schienen ihre Augen lebendig zu funkeln und ihre roten Lippen
wirkten voll und glänzend. Sie war, das erkannte ich jetzt, ein Zwilling der aus Holz geschnitzten Meerjungfrau im Schlafgemach der Tiefen Träume.
    Das Prickeln auf meinem Nacken war weg. »Wir haben ihn abgehängt.«
    »Wie kannst du das wissen?«
    »Ich weiß es einfach. Ich weiß nicht, wieso, aber ich weiß es. Ich kann ihn irgendwie fühlen, wenn er in der Nähe ist, und im Augenblick fühle ich ihn nicht.«
    »Nun, das ist prächtig, denn ich kann zumindest auf den ersten Blick keinen anderen Weg hier hinaus erkennen als den, den wir gekommen sind, und wenn dieser Weg versperrt wäre, säßen wir so was von in der Falle.«
    »Kein Zweifel – er ist weg, aber ich muss mich einen Moment hinsetzen, Udo, bevor ich wieder die Treppe hochsteigen kann. Ich bin übrigens am Verhungern. « Ich setzte mich auf die unterste Treppenstufe und legte den Kopf auf die Knie. Mein Magen brannte und gurgelte und mein Kopf fühlte sich so leicht an wie eine Staubwolke.
    »Ich bin überrascht, dass du ans Essen denken kannst, wenn du doch beinahe selbst im Kochtopf gelandet wärst.«
    »Lass es gut sein, Udo.«
    »Flora, komm her und schau dir das an!«
    Ich sah auf und merkte, dass Udo vor einer der Nischen, die überall in den Wänden eingelassen waren, stehen geblieben war. »Ich kann nicht.«
    »Flora – im Ernst. Komm her.«
    Ich stemmte mich auf die Beine und schlurfte zu Udo hinüber. Die Nische enthielt eine Bahre und darauf
lag schlafend ein blassgelbes junges Mädchen, das ein runzeliges Baby im Arm hielt, dessen Gesicht so eingefallen war, dass es aussah wie ein Totenschädel. Die Inschrift auf dem Bogen über der Nische besagte: SERENTHA FRYDONIA HAÐRAAÐA & FRYDO-NIE HAÐRAAÐA.
    »Aus welchem Grund würde jemand wohl hier unten schlafen?«, überlegte ich.
    »Ich glaube nicht, dass sie schläft«, sagte Udo. »Sie ist tot. Die Garderobe zum Ewigen Abgrund ist die Krypta der Hađraađa-Familie.«
    Igitt, bäh, argh, oh, wie ekelhaft – aber Udo hatte recht. In jeder der Nischen lag ein Körper in einem Schlaf, aus dem es kein Erwachen mehr gab. Eine alte Frau in einem bauschigen blauen Kleid, die eine vollkommen runde Orange in den Händen hielt: GEORGIANA HAÐRAAÐA I. Ein keck aussehender kleiner Mops lag auf einem blauen Samtkissen; seine rosafarbene Zunge ragte ein Stück aus der leicht geöffneten schwarzen Schnauze heraus: IHRER HERRLICHKEIT FRECHER SCHATTEN. Ein

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