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Flora Segundas magische Missgeschicke

Flora Segundas magische Missgeschicke

Titel: Flora Segundas magische Missgeschicke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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Mann in voller Rüstung, das Gesicht unter einem schweineschnäuzigen Helm verborgen, mit einem scharfen Schwert längs auf dem Körper: ALBANY BANASTRE BILSKINIR OV HAÐRAAÐA.
    Die Körper sahen so lebendig aus, als würden sie einfach nur schlafen. Es war schwer zu glauben, dass unser Geflüster sie nicht aufwecken würde. Aber sie ließen mich erschauern. Egal, wie lebensecht sie wirkten, nichts änderte die Tatsache, dass diese makellosen Menschen, so hübsch bemalt und frisiert und geschmückt, tot waren! Es waren Betrüger, Kopien,
sie gaben vor, etwas zu sein, was sie nicht waren, und mir kam es unanständig vor, dass sie hier so ausgestellt lagen.
    »Ich hoffe, mein Haar sieht nach dreihundert Jahren auch noch so gut aus«, bemerkte Udo und betrachtete einen eleganten alten Mann mit einem geblümten Kimono und steifen, kunstvoll nach oben gekämmten Locken. Sie gehörten EOS SABRE, wenn man der Inschrift Glauben schenkte.
    In der nächsten Nische lag keine Leiche, nur eine Jagdpeitsche mit einem Elfenbeingriff. Die schlanken, schlangengleichen Schnüre waren um einen kupferroten Zopf gelegt. Das Arrangement wirkte auf dem blutroten Marmorsockel wie eine unzulängliche Vertretung für die abwesende Person. Auf dem Bogen darüber befand sich keine Inschrift.
    »Ich wette, die Nische war für Butcher Brakespeare reserviert – die Generalin Hađraađa Segunda. Sie ist der Grund dafür, dass Paimon nun allein ist. Sie hatte keine Kinder«, erklärte Udo. »Wurde sie nicht Azote genannt und bedeutet dieser Name nicht ›Peitsche‹? Ich vermute, dass nicht viel von ihr übrig war, nachdem die Huitzil sie verspeist hatten.« Er drehte sich zu dem Boot in der Mitte der Rotunde um. »Und dann bleibt nur noch … wer, glaubst du, liegt hinter diesen Vorhängen, Flora?«
    »Ich weiß es nicht und ich will es auch gar nicht wissen, Udo«, sagte ich. »Von mir aus können wir jetzt weitergehen. Ich bin so müde, dass ich die Sache einfach nur hinter mich bringen will. Verblassen oder nicht, mir ist es gleich. Ich will nur, dass es vorbei ist.«
    »Ach komm schon, Flora. Wir kommen möglicherweise
nie mehr hierher. Bist du kein bisschen neugierig ?«
    »Nein, Udo, bin ich nicht. Ich bin nur müde und hungrig. Und wir haben immer noch nicht das Verb gefunden. Komm weiter.«
    »Du bist ein Spielverderber«, sagte Udo und dann, mit Tücke in der Stimme: »Oder hast du etwa Angst?«
    »Udo«, stöhnte ich. »Für so was haben wir wirklich keine Zeit.«
    »Ich glaube, Flora hat Angst. Flora hat Angst!«, trällerte Udo schadenfroh. »Ich wette, du traust dich nicht, da hochzuklettern und nachzuschauen.«
    »Ich habe keine Lust auf deine dämlichen Wetten, Udo, und auch nicht auf deine kindischen Spiele. Wenn du so scharf darauf bist, dann schau doch selbst nach. Oder traust du dich etwa nicht?«
    »Ich habe zuerst gefragt, Flora. Die Wette gilt noch. Oder willst du kneifen?«
    Ich und kneifen? Wann hätte man so etwas schon erlebt? Jetzt gab es kein Zögern mehr. Wenn man zuschlagen muss, sollte man hart zuschlagen, meint Nini Mo, und zwar am besten so fest, dass dem anderen die Luft wegbleibt. Ich stapfte zu dem Boot, das sich bei näherer Betrachtung als ein fantastischer Katafalk erwies, und stieg die wenigen Stufen hinauf. Dann schob ich den langen, in reichen Falten liegenden Vorhang beiseite.
    Die hochgewachsene Gestalt lag unter einem glänzenden Leichentuch, das in Wahrheit eine Flagge war, nicht die Flagge von Califa, sondern ein Banner aus scharlachroter Seide ohne jegliches Wappen. Mit spitzen Fingern hob ich vorsichtig eine Ecke des
Stoffs an, schlug ihn zurück und enthüllte ein weißes Gesicht, eine breite Brust und zwei gefaltete Hände.
    Ich brauchte keine Inschrift, um zu wissen, wer es war. Sein Porträt hängt in jedem öffentlichen Büro und in jedem Klassenzimmer der Stadt, und obwohl dieses berühmte Gesicht jetzt weiß und still war, war es doch unverkennbar. Ein winzig kleiner Schauer lief über meinen Rücken und verirrte sich in meinen Bauch, der anfing zu zittern.
    Banastre Hađraađa, des Warlords Faust.
    »Harthand«, hauchte Udo, der hinter mir stand. »Schau ihn dir an. Der ist ja eine Wucht!«
    Harthand war schön, das war richtig, aber es war eine eiskalte Schönheit, gläsern, und ich glaube nicht, dass das nur daran lag, dass er tot war. Sein Haar, geflochten zu einem langen Zopf, der unter die dunkelrote Offiziersschärpe geschoben war, war so weiß wie Schnee. Seine zusammengepressten

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