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Flora Segundas magische Missgeschicke

Flora Segundas magische Missgeschicke

Titel: Flora Segundas magische Missgeschicke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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stur?
    »Gut«, sagte Val, nachdem ich den letzten Tropfen Tee ausgetrunken und er die letzte Waffel verspeist hatte. Er warf das Tablett in die Luft, und bevor ich noch einen Mucks von mir geben konnte, war es verschwunden. »Ich habe nachgedacht.«
    Ich gähnte schon wieder. Nach der Medizin und den ganzen Waffeln fühlte ich mich sehr schläfrig, aber auf eine gemütliche, kuschelige Art. »Worüber?«
    Er beugte sich über die Rückenlehne des Sofas und grinste mich schmeichlerisch an. »Ich glaube nicht, dass der Fahrstuhl ungehorsam war, als er uns zusammengeführt hat, Flora. Dieser Fahrstuhl, das heißt, dieser Teil von mir, wusste, was er tat, selbst wenn wir beide – du und ich – eine Weile brauchten, um zu begreifen.«
    »Hmmm …« Meine Augenlider wogen fünfzig Pfund und fielen mir immer wieder nach unten.
    »Hörst du mir zu?« Vals Atem duftete nach Muskat. Ich öffnete die Augen. Sein Gesicht war meinem so nah, dass ich kleine goldene Sommersprossen auf seiner Haut schimmern sah, die so glatt war wie Seide. Ich erschauerte leicht.

    »Hast du eigentlich Knochen?«, murmelte ich.
    »Natürlich«, sagte er schnippisch. »Natürlich habe ich Knochen. Jeder Stein dieses Hauses ist ein Teil meines …«
    »Nein, ich meine in deiner Haut, hast du da Knochen? Hast du eine Leber?«
    »Was soll ich mit einer Leber? Ein widerliches Organ – natürlich nicht! Aber was ich eigentlich sagen wollte: Ich könnte dir auch weiterhin helfen, wenn du mir ebenfalls hilfst, Flora.«
    »Ayah?«, gähnte ich.
    Er fuhr fort: »Du weißt ja nicht, wie langweilig und einsam es ist, so … reduziert zu sein, für jemanden, dem einstmals die Welt zu Füßen lag. Und es ist auch nicht recht, ein solches Haus zu verschließen und es verfallen zu lassen, nur weil man Angst hat …«
    Seine Worte rüttelten mich wieder wach. Empört sagte ich: »Mama hat keine Angst, vor gar nichts.« In ihrer Jugend hatte die Generalin einen Jaguar mit einer Schaufel getötet. Sie hatte zweimal den Hammer des Warlords gewonnen. Sie hatte drei Duelle ausgefochten, eins davon mit Fäusten, und sie alle gewonnen. Und – nicht zu vergessen – sie ist seit achtundzwanzig Jahren mit Poppy verheiratet, was einem allen Mut der Welt abverlangt.
    »Pah! Nach außen hin ist mancher so tapfer wie ein Löwe, Flora Segunda«, antwortete Val. »Er kämpft mit den bloßen Fingernägeln gegen Bären und bezwingt Monster nur durch einen Blick, bis sie vor ihm zu öligen Pfützen zusammenschmelzen. Und doch ist er innerlich ein Feigling, im Herzen – da, wo es zählt.«

    Ich rollte mich auf die Seite und drehte Val den Rücken zu. Er hatte Glück, dass ich von Gewalt nichts hielt, ansonsten hätte ich ihm die Nase platt gehauen, weil er schlecht über Mama sprach. Das wohlige Gefühl, das mich eingehüllt hatte, nachdem alle Arbeiten erledigt waren, wich der alten und vertrauten Düsternis. Warum musste mich Val unbedingt an all das erinnern, wenn es mir gerade so gut gegangen war?
    Vals würziger Atem kitzelte mir im Ohr. »Schmoll doch nicht, Flora Segunda. Das verträgt sich nicht mit deiner noblen Abstammung. Ich wollte doch deiner werten Frau Mutter gegenüber nicht despektierlich erscheinen, aber du musst der Tatsache ins Auge sehen: Die Dinge sind nicht so, wie sie sein sollten.«
    »Das ist nicht Mamas Schuld«, brummte ich ins Kissen. »Sie tut ihr Bestes.« Aber das ist nicht gut genug, flüsterte es in meinen Gedanken.
    »Zweifellos, aber das hilft mir nicht weiter und dir auch nicht. Wenn wir uns zusammentun, könnten wir uns gegenseitig helfen und noch dazu deiner lieben Mama – vielleicht sogar dem guten Heißsporn.«
    Ich rollte mich wieder auf den Rücken und starrte in Vals undeutliches Gesicht. Das kalte Feuer brannte purpurrot in seinen Augen, wie Funken aus Licht in einem schwarzen Brunnen. Seine vollen, geschwungenen Lippen waren von einem zarten Lavendelton, wie blasse Blaubeeren. Er neigte den Kopf zur Seite und grinste mich an. Er grinste sehr süß.
    »Was meinst du damit – Mama und Poppy helfen?«, fragte ich.

    »Weißt du«, sagte er, »ich erinnere mich an die Nacht, in der die erste Flora geboren wurde. Das Wetter war äußerst merkwürdig. Erst regnete es, dann folgten ein lauter Donner und schließlich noch ein Erdbeben. Ein Omen, meinst du nicht auch? Die erste Flora war ein störrisches kleines Ding und sie wollte partout nicht aus ihrer Mutter heraus. Welch ein Geschrei und Gebrüll und welche Hetzerei – hin und her

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