Flora Segundas magische Missgeschicke
schaltete sich die Heizung ein, obwohl ich seit Wochen keine Kohlen mehr in die Heizanlage geschaufelt hatte. Im Kamin flackerte ein helles und freundliches Feuer.
»So ist’s schon besser. Viel besser«, strahlte Valefor und balancierte auf der Armlehne. »Warum hast du mich nicht schon früher gerufen? Du solltest nicht so allein herumliegen, Flora. Das ist schlecht für deine geistige Gesundheit. Wenn man sich erst einmal hinlegt, steht man eine Ewigkeit lang nicht mehr auf. Dein Großonkel Gussie hat einmal vier Jahre lang auf dem Sofa im Salon der Verwüstung verbracht. Du hast keine Ahnung, wie schwierig es war, um ihn herum Staub zu wischen.«
»Ich war krank.«
»Aha.« Val kramte in seinen langen herabbaumelnden Ärmeln und zog schließlich eine kleine grüne Flasche hervor. »Ich habe genau das Richtige für dich.«
Er goss etwas von der rosafarbenen Flüssigkeit auf
einen Löffel, den er ebenfalls aus dem Ärmel fischte. »Mund auf. Dann geht es dir gleich besser.«
Ich schreckte zurück. Ich wusste aus Erfahrung, dass Säfte, die mit dem Versprechen der baldigen Besserung verabreicht werden, nach der Einnahme normalerweise den Wunsch nach einem baldigen Ableben hervorrufen. »Wie schmeckt denn das Zeug – umpf!«
Valefor hatte mir den Löffel in den Mund geschoben. Ich wollte schon würgen, doch dann floss der liebliche, butterweiche Sirup meine Kehle hinab und ließ sich in einem warmen, flauschigen Nebel in meiner hustengebeutelten Brust nieder. Jetzt fühlte ich mich tatsächlich wieder lebendig.
»Was war das?«
»Madama Twankys Muntermach-Medizin«, erwiderte Valefor. Er steckte Flasche und Löffel wieder in seinen langen Ärmel.
»Das schmeckt wie Ahornsirup.« Die Madama-Twanky-Medizin, die Mama mich zwingt zu trinken, wenn ich krank bin, schmeckt nach Lampenöl.
»Nun, ich habe die Rezeptur etwas verbessert und sie wird dir helfen, egal, was dir fehlt.«
»Welcher Tag ist heute und wie spät haben wir?«, fragte ich und setzte mich auf. Ah, diese liebliche Wärme, die der Heizung entströmte. Diese liebliche Wärme in meinen Knochen.
»Für mich gibt es keine Zeit, alles ist gleichförmig – und langweilig, aber …« Valefor überlegte. »Ich glaube, für dich ist es Sonntag.«
»Sonntag!« Panik gurgelte in meiner Kehle und in meiner Stimme. »Sonntag!« Das ganze Wochenende war schon vorbei. Mein Kleid, meine Einladungskarten,
meine Rede, die fünfzig Tamales, die ich backen und den Armen überreichen musste! All das hatte ich an diesem Wochenende erledigen wollen, gerade noch rechtzeitig, bevor meine Mutter zurückkehrte. Und jetzt würde sie morgen nach Hause kommen, und nichts würde fertig sein. Selbst wenn ich sofort anfing, hätte ich nicht genug Zeit, um alles zu schaffen. »Ich habe das ganze Wochenende verpasst. Jetzt werde ich nie mit meiner Arbeit fertig!« Ich sackte wieder in die Kissen zurück – und in meine düsteren Gedanken – und fühlte, wir mir die Tränen in die Augen schossen, wie bei einem kleinen Kind.
»Mach dir keine Sorgen«, sagte Valefor beruhigend. »Valefor ist hier, und Dinge zu erledigen, ist meine Spezialität. Aber zuallererst – etwas zu essen!«
Aus dem Nirgendwo zauberte Valefor einen Teller mit Waffeln und einen riesigen Krug mit Orangen-Tiger-Tee hervor. Während ich die erste feste Nahrung seit Tagen in mich hineinfutterte, fing er an, aufzuräumen. Er zuckte mit den Fingerspitzen und plötzlich war mein Bettzeug sauber und das Bett gemacht. (Schweinebacke, ich hatte ganz vergessen, diese entsetzliche Decke aus Menschenhaar zu verbrennen!) Er wedelte mit der Hand und meine Nini-Mo-Romane, die kreuz und quer durcheinandergelegen hatten, stapelten sich ordentlich auf. Gleichzeitig rückte sich das Bild von Mama und Idden über dem Kamin gerade. Er schüttelte meine Socken aus und in null Komma nichts waren sie frei von Löchern. Den falsch angenähten Ärmel meines Catorcena-Kleids reparierte er mit einem Fingerschnippen und säumte das gesamte Gewand mit einer kreisrunden Bewegung
seiner Hand. Er tippte mit einem Stift aufs Papier und schon waren meine Einladungskarten fertig geschrieben, ohne auch nur einen einzigen Tintenfleck. Es war so herrlich, hier zu liegen, warm und gesättigt, und jemand anderem bei der Arbeit zuzuschauen. In wenigen Minuten war mein Zimmer sauberer und ordentlicher als seit vielen Jahren und meine Vorbereitungen für die Catorcena-Feier waren beinahe abgeschlossen. Ach, Mama, warum bist du bloß so
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