Florentinerpakt
mein …, mein Gott, ich weiß
gar nicht mehr, was …«, stotterte sie. »Auf jeden Fall ist er der, den
Sie meinen.«
»Kompliment, gnädige Frau, zu Ihrem was immer auch. Ein
hervorragender Mann, ein ausgezeichneter Kriminologe.«
»Na, Sie haben leicht reden«, ereiferte sich Wilma, »Sie hat
er sicher noch nicht mit dem Abendessen warten lassen, um mit einer anderen
Frau …« Sie schluchzte leise auf.
»Das tut mir leid.« Brandtner meinte das ehrlich. »Ich möchte
Ihnen aber einen Rat aus meiner Erfahrung geben. Häufig sind die Dinge nicht
so, wie sie zunächst scheinen.«
Wilma nickte stumm und wischte sich die Augen. Ollie hatte
einen Arm um sie gelegt und fuhr ihr tröstend über die Haare. Vally, die das
übertrieben fand, starrte betreten zur Seite.
»Ich glaube, Ihr …, also Herr Palinski könnte mir bei
der Lösung eines Problems behilflich sein«, riskierte ›Fink‹ noch einen
weiteren Schritt. »Könnten Sie mir eventuell verraten, wie ich ihn am besten
erreichen kann?«
Etwas widerwillig nannte Wilma Marios Büro- und Handynummer,
blickte Brandtner zum Abschied aber freundlich an. Der nette Kommissar konnte
ja nichts dafür, dass Mario so ein Schwein war.
*
Nachdem Palinski Axel Rossbach und Florian
Nowotny miteinander bekannt gemacht und dem jungen Polizisten glaubhaft versichert
hatte, dass ihm keine sittliche Gefahr von dem Mann in Frauenkleidern drohte,
zeigte er dem Zahnarzt das Gästezimmer. Das war zwar klein, aber gemütlich
eingerichtet und in Verbindung mit der Küche und den Sanitärräumen des Büros
eine durchaus akzeptable Bleibe für die nächsten Tage.
Florian hatte bereits hervorragende Arbeit geleistet. Seine
Recherchen hinsichtlich des Schicksals der ›Sieben‹ waren noch lange nicht
abgeschlossen. Aber zwei Namen konnten bereits abgehakt werden.
Herwig Nestler, der am 28. Mai vor sieben Jahren verstorben
war, und Friedrich Rutzmann, dessen Tod im März vor zwei Jahren allerdings noch
Fragen offen ließ, wie Florian meinte.
»Wie ist das zu verstehen?«, wollte Palinski wissen. »Soviel
ich gehört habe, soll es sich um einen Jagdunfall gehandelt haben.«
»Möglich«, meinte Florian trocken, »aber nur, wenn man
gewillt ist, eine Pistole oder Maschinenpistole als Jagdwaffe zu akzeptieren.
Bei der Patrone, die Rutzmann getötet hat, handelt es sich um eine 9 mm
Parabellum.«
Zum Namen Nehodal hatte Nowotny bisher noch nichts finden
können. Im Telefonbuch hatte er lediglich eine entfernte Tante in Leonding
gefunden und angerufen. »Sie kann sich nur erinnern, dass ›der Hansi‹
irgendwann geheiratet hat und einige Zeit im Ausland war. Sonst gibt es keine
Nehodals im Telefonbuch. Vielleicht haben wir mit den Handybetreibern mehr
Glück«, hoffte er. Zur Überprüfung der anderen Namen war er noch nicht
gekommen.
Palinski war mit der Arbeit seines Assistenten sehr
zufrieden. Besonders interessant fand er die Sache mit der Parabellum. Durchaus
möglich, dass es sich dabei um den ersten Mord in Zusammenhang mit der
›Siebener-Tontine‹ handelte. Er behielt diesen Gedanken aber noch für sich,
wollte Axel nicht nervöser machen, als er ohnehin schon sein musste. Vielleicht
konnten ihm Helmut Wallner oder Miki Schneckenburger weiterhelfen. Es konnte
doch nicht sein, dass die Polizei, wo immer auch, unter diesen Umständen einen
Jagdunfall angenommen und den Fall geschlossen hatte.
Jetzt nahm Palinski hinter seinem Schreibtisch Platz,
um die auf dem Anrufbeantworter eingegangenen Gespräche zu checken. Dabei fiel
sein Blick auf einen kleinen, gelben Post-it-Wisch, auf dem er sich etwas
notiert hatte. Was war das bloß gewesen, er erinnerte sich nicht mehr.
›Nicht vergessen, heute für Wilma Abendessen kochen. Etwas
besonders Gutes!!!!!‹
Um Himmels willen, das
hatte er völlig vergessen. Schnell stand er auf, trat ans Hoffenster, öffnete
es und beugte sich hinaus. Der Blick hinauf in den dritten Stock zeigte ihm,
dass die Wohnung unbeleuchtet war. Vielleicht hatte er ja noch Glück, und Wilma
kam erst etwas später. Er blickte auf die Uhr, es war zwar erst
20.23 Uhr, aber viel zu spät, um noch selbst zu kochen. Abgesehen davon,
dass er ja überhaupt nichts eingekauft hatte.
Wie wäre es mit dem Besten, was ›Mama Maria‹ zu bieten hatte,
sein Lieblingsitaliener, der sich genau vis-à-vis auf der anderen Seite der
Straße befand? Aber er hatte Wilma etwas Besonderes versprochen.
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