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Florentinerpakt

Florentinerpakt

Titel: Florentinerpakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner Verlag
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seinem Büro ein.

     
    *

     
    ›Jake‹ Fahlbichler, dessen Nachnamen sie zu
Hause in Melbourne ›Faulbiger‹ aussprachen, saß am Flughafen in Paris und
wartete darauf, dass die Air France-Maschine nach Wien aufgerufen wurde.
Fahlbichler war vor 24 Jahren nach Australien ausgewandert und heute Eigentümer
einer kleinen, aber feinen Eventmarketing- und Veranstaltungsgesellschaft, zu
der auch ein Cateringunternehmen mit ausgezeichnetem Ruf gehörte. Er war
mehrfach geschieden, derzeit wieder einmal ledig und hatte fünf Kinder mit vier
Frauen. Alles Töchter.
    Alle zwei Jahre gönnte er sich einen mehrwöchigen Europatrip,
in Wien war er nach seinem Exodus aber erst zweimal gewesen. Die Reise jetzt
war eine außerhalb der normalen Routine und galt vor allem der Abwicklung der
›Siebener-Tontine‹. Klar, dass Jake die Gelegenheit wahrgenommen hatte, im
Vorfeld einige Termine in London, Madrid und Paris wahrzunehmen. Aber das
eigentliche Ziel dieser Reise war Wien.
    Dabei hatte er an die seinerzeitige Vereinbarung mit seinen
Schulfreunden schon gar nicht mehr gedacht. Vor etwa drei Monaten hatte er aber
den Anruf eines Wiener Notars erhalten, der ihn an den 22. Dezember erinnert
hatte. Den Stichtag für die Tontine.
    Der Mitarbeiter von Notar Dr. Reiberhammer, der die Kanzlei
von Dr. Wieselberger übernommen hatte, war auch so freundlich gewesen, die
Abholung vom Flughafen und die Hotelreservierung zu arrangieren. Fahlbichler
kannte das Hotel Garni ›Roxy‹ zwar nicht, aber das würde schon in Ordnung sein.
    Ganz im Gegensatz dazu war es ihm bisher noch nicht gelungen,
einen seiner alten Kumpel aufzutreiben. Als letzte Option war ihm jetzt noch
die Telefonnummer einer zahnärztlichen Gemeinschaftspraxis Dr. Rossbach &
Dr. Wechsler in der Döblinger Hauptstraße geblieben. Die hatte ihm der
freundliche Concierge vom Hotel ›Normandie‹ organisiert. Er erinnerte sich
dunkel, dass Axel immer schon davon geträumt hatte, einmal Zahnklempner zu
werden. Das konnte also durchaus passen.
    Er blickte auf die Uhr. Noch eine knappe Stunde bis zum
Abflug, also noch mehr als genug Zeit für ein Telefongespräch. Er blickte sich
nach einem öffentlichen Telefon um, konnte aber keines entdecken. So zuckte er
nur gleichgültig mit den Achseln, holte sein Handy heraus und tippte die Wiener
Nummer ein. Das Gespräch würde wegen dieser Scheiß-Roaminggebühren zwar
sauteuer werden, aber das zahlte ohnehin sein Unternehmen.
    »Zahnärzte Dr. Axel Rossbach/Dr. Katrin Wechsler. Dieser
Apparat ist ab 13 Uhr besetzt. Bitte hinterlassen Sie uns Ihre Nachricht
nach dem Summton«, meldete sich der Anrufbeantworter.
    Auch gut, dachte sich Jake und begann zu sprechen: »Das ist
eine Nachricht für Axel Rossbach, aber nur, wenn er am BRG XVIII maturiert hat
und einen Jakob Fahlbichler kennt. Falls nicht, vergessen Sie den Quatsch bitte
gleich wieder.«
    In der Folge rief er die Nummer noch sechs Mal hintereinander
an und redete insgesamt gut und gerne 20 Minuten auf Band. Er erzählte von
seinem Geschäft, seinen Töchtern und dem Nachfolger des alten Notars sowie
dessen freundlichem Mitarbeiter, der ihm Abholung und Hotelreservierung
organisiert hatte. »Dem Burschen solltest du einmal ins Maul schauen«, Jake
lachte dröhnend, »der lispelt zum Gotterbarmen. Aber sehr nett und sehr
effizient. Ich komme um 14.40 Uhr in Wien an und werde so ab 16 Uhr
im ›Roxy‹ sein. Ruf mich doch dort an, vielleicht können wir uns zum Abendessen
treffen. Oder wir sehen uns morgen. Ich freue mich schon. Ciao, Alter.«
    15 Minuten später wurde Fahlbichlers Flug nach Wien
aufgerufen.

     
    *

     
    Kaum angekommen im Büro, musste Palinski als
allererstes die lustige Geschichte über sich ergehen lassen, wie die Bäckerin
an der nächsten Ecke, die Patientin des Zahnarztes war, zum verkleideten
Rossbach gemeint hatte: »Tschuldigen, gnä Frau, dass i Ihna so anstarr, oba Sie
schaun so mein Zahnarzt ähnlich. Wia ausm Gsicht grissn.«
    »Mir sind fast die Weckerln aus der Hand gefallen«, grinste
Axel, »zunächst vor Schreck, später auf der Straße vor Lachen.«
    Das war sicher lustig, fand Palinski, hätte aber auch ins
Auge gehen können. »Und was wäre gewesen, die gute Frau hätte Sie erkannt und
würde nun jedem erzählen, dass der Doktor Rossbach einer ist, der sich in
Frauenkleidern wohlfühlt. Das wäre in doppelter Hinsicht peinlich, oder?«
    »Da haben Sie natürlich recht«,

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