Florentinerpakt
nachzujagen. Nicht nur beruflich, professionell, sondern manchmal schon fast
zwanghaft.«
Franca lachte sarkastisch auf. »Im Klartext, sie können nicht
abschalten. Dabei geht es in 90 Prozent der Fälle gar nicht um Tod oder Leben.«
»Ja, und dann immer dieses selbstverliebte Getue, das
manchmal fast schon peinliche Buhlen um noch mehr anerkennende Worte.« Wilma
musste lachen. »So etwas Lächerliches, diese Sucht nach permanenter
Bestätigung. Aber auch wieder irgendwie lieb.«
Wilma wehrte sich gegen das leise aufkommende, nur allzu
bekannte Gefühl, wieder einmal für alles Verständnis aufzubringen, was Mario
ihr zumutete. So nach dem Motto: »Alles verstehen heißt alles verzeihen.«
»Aber eine andere Frau,
das geht nicht. Nicht mit mir.« Sie war wild entschlossen, sauer auf Palinski
zu bleiben. »Ich meine, wenn er einmal daherkommen sollte und mir eröffnet,
dass er sich in eine andere verliebt hat. Bitte, das ist schlimm, aber dagegen
ist halt kein Kraut gewachsen. Aber so ein Abenteuer nebenbei, ein Pantscherl,
nur, um sein angeknackstes Ego wiederaufzurichten, nein. Da spiele ich nicht
mit.« Entschlossen verschränkte sie die Arme vor ihrer Brust.
»Und du bist sicher, Mario
würde so etwas ausgerechnet in seinem Büro, schräg unterhalb von eurer Wohnung,
abziehen? Ich weiß nicht recht. Dafür halte ich ihn für zu intelligent.« Damit
hatte Franca natürlich auch wieder recht. »Und die Frau hat eine Reisetasche
mit sich getragen? Das sieht doch eher danach aus, als ob er eine Zeugin bei
sich einquartiert hat.«
Wilma war jetzt richtig unsicher geworden. »Dass er einen
›One-Night-Stand‹ bei sich einquartiert, ist wirklich nicht anzunehmen«, gab
sie zu. »Vielleicht hätte ich ihm doch eine Chance geben sollen, mir das Ganze
zu erklären. Ich werde heute Abend wieder nach Hause gehen.«
»Nicht so schnell mit den jungen Rössern«, ermahnte Franca,
der der Sinneswandel etwas zu rasch erfolgte. »Jetzt, wo du schon einmal
ausgezogen bist, bleib doch noch ein wenig konsequent. Hilft es nichts, schadet
es sicher auch nicht. Vielleicht unternimmt Mario ja etwas von sich aus, um die
Sache wieder ins Lot zu bringen. Und falls nicht, hast du spätestens bei
Helmuts Ausstand beim Heurigen in zwei Tagen Gelegenheit, die Friedensgespräche
aufzunehmen.«
Das war ein guter Vorschlag, das gefiel Wilma. Wie die Bauern
im Waldviertel zu sagen pflegten: »Lass das Fleisch so lange in der Sur, bis es
richtig mürb ist.« Diese Gelegenheit sollte sie wirklich nutzen. Für sich, aber
auch für Mario.
*
Palinski war es in kürzester Zeit gelungen, die
volle Aufmerksamkeit Wallners und Schneckenburgers zu erringen. Mehr noch,
seine Schlussfolgerung, dass es sich bei dem Fall der ›Siebener-Tontine‹ um
eine Verschwörung mit dem Ziel handeln musste, sämtliche Berechtigten bis auf
einen einzigen zu beseitigen, und das bis zum 22. Dezember, wurde von den
beiden hochrangigen Beamten voll akzeptiert.
»Hier wird eindeutig nach einer Todesliste vorgegangen«,
hielt Palinski eindringlich fest. »Und wenn die Aktionen auch überhastet und
improvisiert wirken, so geht der Täter gleichzeitig doch sehr systematisch vor.
Damit wäre jeder Kripo-Leiter eines Bezirkskommissariats überfordert. Und erst
recht dieser Musch.« Er sprach den Namen wie ein Schimpfwort aus.
»Ist der Mann wirklich so arg, wie man allgemein hört?«,
wollte Schneckenburger wissen.
»Noch schlimmer«, antworteten Wallner und Palinski unisono,
und sogar ›Madame‹ Rossbach nickte bestätigend mit dem anmutigen Köpfchen. »Ich
bin der Meinung, das Kriminalamt sollte den Fall an sich ziehen«, meinte der
Zahnarzt dann fast leidenschaftlich. »Nicht nur wegen der Komplexität, sondern
auch in Hinblick auf die regionalen und internationalen Implikationen. Immerhin
ist einer der ›Sieben‹, Jakob Fahlbichler, also ein potenzielles Opfer ebenso
wie auch ein möglicher Täter, wahrscheinlich in Australien zu Hause.«
Schneckenburger und Wallner stimmten dem wortlos zu, indem
sich jeder ein Telefon krallte, um die erforderlichen Schritte in die Wege zu
leiten.
»Aber du bist weiterhin mit von der Partie«, stellte der
Ministerialrat fest und meinte damit Palinski. Das war keine Frage gewesen,
sondern eine Feststellung.
Offenbar wirkte die allgemeine Telefoniererei stimulierend auf
die Handys von Palinski und Rossbach.
»Hier Major Brandtner von Landeskriminalamt
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