Florentinerpakt
Niederösterreich«, vernahm Palinski. »Sind Sie der Herr Palinski, der im Jänner
diesen ausgezeichneten Vortrag im Austria Center gehalten hat?«
Nicht schon wieder so ein Schleimer, hoffte Mario, dem die
gelegentlichen Fananrufe, wie er sie nannte, inzwischen nicht mehr
schmeichelten, sondern ganz schön auf die Nerven gingen.
»Jaaa«, meinte er gedehnt und bemüht, einen würdigen Eindruck
zu machen. »Wie kann ich Ihnen helfen?«
»Ich arbeite an einem etwas außergewöhnlichen Fall, in dem
ein und dieselbe Person entweder Opfer oder Täter ist«, begann der Major.
»Sind wir das nicht gelegentlich alle?«, rutschte es Palinski
ungewollt heraus. Er hatte keine Ahnung, warum er das tat, aber er hatte den
Eindruck, dass der Sager nicht gerade sehr glücklich geraten war.
»Wie meinen Sie?«
Brandtner wirkte leicht irritiert.
»Entschuldigen Sie, das
war nicht für Sie bestimmt, sondern für meinen Kollegen hier«, schwindelte er
dem Major vor. »Also, der Mann, von dem Sie sprechen, ist gleichermaßen
verdächtig als auch gefährdet?«
»So in etwa trifft das zu. Ich wollte mich erkundigen, ob es
in Ihrer ›Wunderdatei‹, wenn ich sie so nennen darf, dazu irgendwelche Hinweise
gibt«, wollte Brandtner wissen.
Klang da Skepsis durch, oder war das ehrlich gemeint?
Palinski wusste es nicht. Das war aber auch egal. Wenn ihn Musch weiter nur
ignorierte, konnte es nicht schaden, andere Partner bei der Polizei zu suchen.
Schließlich musste er ja für die 30.000 Euro jährliche Subvention fürs Institut
auch etwas leisten.
»Darf ich vorschlagen, dass Sie mich …«, Palinski
unterbrach sich, da Rossbach ganz aufgeregt winkte und etwas von ›Jakob hat
sich gemeldet‹ rief.
»Kann ich Sie in den nächsten Minuten zurückrufen, wir haben
hier eine unerwartete Entwicklung. Ich melde mich in Kürze wieder.« Er wartete
die Zustimmung Brandtners gar nicht erst ab und beendete das Gespräch.
»Meine Sprechstundendame hat mich eben informiert, dass eine
längere Nachricht von einem Jakob Fahlbichler auf dem Anrufbeantworter ist. Er
ist offenbar unterwegs nach Wien. Was soll ich tun?«
»Hier«, Wallner reichte dem Zahnarzt sein kleines
Aufnahmegerät. »Sagen Sie Ihrer Mitarbeiterin, sie soll die Nachricht abspielen
und den Telefonhörer über das Gerät halten. Und Sie drücken auf ›Record‹ und
nehmen das Gespräch einfach auf.«
Und so geschah es auch. Palinski nützte die aufnahmebedingte
Pause und erkundigte sich bei Wallner, ob ihm ein Major Brandtner bekannt sei.
»Vom LK Niederösterreich?«, wollte der Oberinspektor wissen. »Sehr guter Mann«,
urteilte er dann. »Kompetent, zuverlässig und absolut integer. Warum?«
Da Fahlbichler offenbar noch immer etwas zu sagen hatte,
erledigte Palinski gleich auch noch den zugesagten Rückruf. Er entschuldigte
sich bei dem Kriminalbeamten, und die beiden vereinbarten einen Termin für
morgen 9 Uhr im ›Institut für Krimiliteranalogie‹.
Nachdem sich die vier Männer, Pardon, die drei Männer und
›Madame‹ Jakobs Nachricht angehört hatten, was mindestens 15 Minuten in
Anspruch nahm, blickte Rossbach auf seine Armbanduhr.
»Falls die Maschine keine Verspätung hat, dann ist sie
bereits vor zwölf Minuten gelandet«, verkündete er.
»Dann müssen wir aber rasch etwas unternehmen«, rief Wallner,
»denn das Ganze sieht mir nach einer Falle aus. In Wien gibt es viele Hotels,
aber soviel ich weiß keines, das ›Roxy‹ heißt.«
Er ließ sich sofort mit Oberstleutnant Mayerhofer verbinden,
dem Leiter der Flughafenpolizei. Den erreichte er zwar nicht, aber dessen
Stellvertreter, der ihm zusicherte, sofort nach dem aus Paris angekommenen
Passagier Jakob Fahlbichler zu suchen und ihn in Sicherheitsverwahrung zu
nehmen.
»Ich muss jetzt unbedingt in die Ordination«, Rossbach gab
noch immer keine Ruhe. »Katrin, Dr. Wechsler, meine Partnerin in der
Ordination, muss dringend ins Spital. Magister Blum ist jetzt ansprechbar, und
da will sie natürlich zu ihrem Freund. Ich soll ihre Patienten heute Nachmittag
übernehmen. Da kann man ja wohl kaum Nein sagen.«
»Dann werde ich mich auch ins Krankenhaus begeben und Herrn
Blum zu einigen Punkten befragen. Könnt ihr einen Polizisten abstellen, der auf
Dr. Rossbach aufpasst, bis ich aus dem Spital zurück bin?«, wollte Palinski
wissen.
Wallner nickte und erledigte das Nötige durch einen Anruf im
Kommissariat Hohe Warte. Immerhin war noch immer er Leiter
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