Florentinerpakt
der
Kriminalabteilung. Und nicht dieser Schnösel Musch. Noch nicht.
7
Anni Enigler, die während Garbers Abwesenheit
die Filiale der ›Kreditbank Austria AG‹ in der Obkirchergasse leitete, wunderte
sich über die Vorgangsweise der Polizei. Sie, die immer eine Verfechterin eines
gemäßigten ›Law and Order‹-Kurses gewesen war, konnte die lasche Art, wie
dieser Inspektor Musch und seine Leute den Banküberfall bearbeiteten, nicht
verstehen. Dabei hatte der neue Chef auf der Hohen Warte, als der er sich
vorgestellt hatte, ja eine eindrucksvolle Antrittsvorstellung geliefert. Hände
hoch, tat er nicht, der Bösewicht, dann Peng, und der Überfall war schon wieder
Geschichte. Dass der zweite Weihnachtsmann, der sich im Hintergrund gehalten
hatte, in dem nach dem Schuss ausgebrochenen Trubel entfliehen und bisher nicht
gestellt werden konnte, war in Hinblick auf das Gesamtergebnis nur ein kleiner
Wermutstropfen. Aber dass sich die Polizei mit der Erschießung des Bankräubers
scheinbar zufriedengab und keinerlei Interesse an den Hintergründen des
Verbrechens zeigte, war schon eigenartig. Das Ganze war ihrer Meinung nach mehr
im Stile eines Westerns abgelaufen denn als zeitgemäßer Polizeiarbeit. High
Noon und das war’s dann auch schon gewesen.
So hatte sich bisher keine
Sau, Frau Enigler hätte diesen Ausdruck im Gespräch nie verwendet, aber die
Gedanken waren schließlich frei, also kein Schwanz für die Aufzeichnungen der
sechs Überwachungskameras interessiert. Da waren diese Dinger für viel Geld
installiert worden, angeblich, um die Sicherheit zu verbessern, und dann warf
niemand auch nur einen einzigen Blick auf die sicher hochinteressanten
Aufnahmen.
Daher hatte sie sich Erich geholt, einen technisch äußerst
versierten Schüler, den sie von der Aktion ›Jugendsparen‹ her kannte. Gegen
eine relativ bescheidene Aufbesserung seines Taschengeldes war das junge Genie
gerne bereit, die Videobänder der Überwachungskameras so zum Laufen und
gegebenenfalls auch zum Anhalten zu bringen, dass Anni sich ein möglichst
umfassendes Gesamtbild der gestrigen Ereignisse machen konnte.
Während der junge Mann noch seine Vorbereitungen traf,
klingelte Annies Telefon. Es war Hans Garber, ihr derzeit freigestellter Chef.
Er schien sich wieder so weit gefasst zu haben, dass er zumindest ein
generelles Interesse für die Geschehnisse in der Filiale zeigte. Ehe er wieder
auflegte, wollte sie von ihm wissen, wie er zu erreichen war. »Nur für den
Notfall«, meinte sie. Garber wollte ihr schon die Rufnummer seines privaten
Handys geben, als ihm einfiel, dass sich dieses noch in seinem Wagen und dieser
zur Untersuchung bei der Polizei befand. Und so gab er Frau Enigler die Nummer,
die er auf dem kleinen Kärtchen am Apparat Gutenbrunners fand. »Aber wirklich
nur für den Notfall«, schärfte er ihr nochmals ein. Irgendwie war es ihm
peinlich, die Nummer ohne Zustimmung des Hausherrn, der im Garten herumwerkte,
weitergegeben zu haben.
Erich war inzwischen so weit und begann mit dem Abspielen der
Videobänder. Nach etwas mehr als einer Stunde stand dann eindeutig fest, dass
die Neugier der stellvertretenden Filialleiterin mehr als berechtigt gewesen
war. Da war einmal deutlich zu sehen gewesen, wie der im Hintergrund wartende
Komplize nervös mit dem am Bord links vom Eingang befindlichen Kugelschreiber
gespielt und, so nahm Anni, daher auch Fingerabdrücke hinterlassen hatte. Gut,
dass sie den Griffel gleich nachher als Beweismittel sichergestellt hatte.
Zweitens hatte der getötete Weihnachtsmann kurz vor dem
finalen Schuss einen Blick zu dem zweiten Santa Claus geworfen, und der hatte
unmerklich, aber eindeutig zustimmend mit dem Kopf genickt. Dabei entstand
durchaus der Eindruck, dass der zweite, noch flüchtige Komplize nicht nur ein
unwichtiger Mitläufer war. Nein, er hatte dem Vorhaben eindeutig zugestimmt. Es
vielleicht sogar genehmigt. Damit war er möglicherweise sogar der Kopf der
Minibande gewesen.
Also, diese Erkenntnisse konnte nicht einmal dieser
unfreundliche Inspektor ignorieren. Wie hieß er noch schnell? Sein Name war so
ähnlich wie der Titel eines pornografischen Videos, das sie bei den Sachen
ihres Gatten gefunden hatte, kurz bevor sie die Scheidung eingereicht hatte.
Ach ja, ›Heiße Muschi sucht Kühlung‹ hatte sich die Sauerei genannt. Pfui
Teufel.
Entschlossen wählte sie die Nummer des Kommissariats Döbling
und verlangte den
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