Florentinerpakt
Palinskis Erklärung anzuhören.
»Also gut«, meinte sie etwas später mit sanfter Stimme. »Dann
komm doch heute Abend bei unserem Stand am Sonnbergplatz vorbei und spende was
für die armen Kinder. Wer weiß, wer noch alles da sein wird.«
Mario strahlte. Jetzt hatte er wieder eine Perspektive. Alles
würde gut werden. Während er noch einen ›Café corretto‹ genoss, fühlte er sich
schon viel besser. Ganz so, als ob er der Welt ein Bein ausreißen könnte. Oder
so ähnlich zumindest.
*
Dr. Rossbach war gegen 15 Uhr wieder im
Büro erschienen, allerdings nicht verkleidet, sondern weithin erkennbar als der
Mann, der er war. Das trug ihm einige Schelte ein, zunächst von Florian und
dann auch von dem etwas später aufgetauchten Palinski.
»Das ist unverantwortlich«, schimpfte Mario. »Gut, wenn du
dich um jeden Preis in Gefahr bringen willst, ist das deine Sache. Aber solange
du hier bist, bringst du damit auch uns in Gefahr.«
Das hatte der Zahnarzt nicht bedacht. Er schien seinen Fehler
einzusehen, zumindest tat er so und versprach für die Zukunft mehr Disziplin.
»In zwei Tagen ist ohnehin alles vorbei«, meinte Florian, »so lange wirst du es
doch noch aushalten, als ›Madame‹ durch die Welt zu gehen.«
»Ich habe da eine Bitte an dich«, Palinski wollte die Gunst
der Stunde nützen. »Könntest du mir helfen, die Zuneigung meiner Frau
wiederzugewinnen, indem du heute Abend mit mir einen Weihnachtspunsch trinken
gehst?«
Rossbach verstand kein Wort, erklärte sich aber nach einigen
erklärenden Worten gerne bereit. Wahrscheinlich auch, weil er sich etwas
Abwechslung von dem Ausflug versprach. Aber egal, was für Palinski zählte, war
einzig und allein das Resultat.
Florian hatte die Suche nach Hans Nehodal noch nicht
aufgegeben, im Gegenteil. Der junge, karenzierte Polizist verbiss sich förmlich
in diese fast aussichtslos scheinende Aufgabe.
»Ich habe eine Bitte, Axel«, versuchte er es zum wiederholten
Mal. Ȇberlege noch einmal, ob dir nicht doch noch etwas zu deinem
Schulkollegen Hans Nehodal einfällt. Selbst wenn es etwas völlig
Nebensächliches ist, kann es uns helfen. Der Mann kann sich doch nicht einfach
in Luft aufgelöst haben.«
Axel überlegte, versuchte, Hans vor seinem geistigen Auge
erscheinen zu lassen. »Er mochte seinen Namen nicht, also den Nachnamen. Er war
sehr ehrgeizig und hat immer auf seine Chance gewartet.« War das wirklich
alles, was ihm zu einem Freund einfiel, mit dem er acht Jahre lang in die
Schule gegangen war?
»Wenn dann einmal eine Chance da war, hat es allerdings
eigenartigerweise nie richtig geklappt. Sein praktisches Durchsetzungsvermögen
war eher unterentwickelt. Hans war ein sehr netter Kerl, aber eher der Typ
Mitläufer. Viel von einem Träumer, keine Führungspersönlichkeit.« Also mehr
fiel ihm beim besten Willen nicht ein. Oder? Da war doch noch irgendetwas
gewesen?
»Ich erinnere mich dunkel, gehört zu haben, dass Hans nach
der Matura ein Jahr oder auch länger im Ausland war. Und dann«, plötzlich fiel
ihm wieder ein, was Herwig ihm einmal erzählt hatte, »hat er geheiratet. Ich
glaube, es hat geheißen, er hat eine gute Partie gemacht. Irgendeine Frau mit
Geld. Ich habe aber keine Ahnung, wer das war.«
»Na, besser als gar nichts«, meinte Florian nicht
unzufrieden, »dann versuchen wir es eben einmal mit den Standesämtern. Auf das
hätte ich selbst auch schon kommen können.«
*
Direktor Garber hatte in den letzten Stunden
viel nachgedacht. Hier im sicheren Haus gab es nicht viele Möglichkeiten, sich
die Zeit zu vertreiben, und das Fernsehen war für ihn immer schon vor allem
Information gewesen. Unterhaltung nur in seltenen Ausnahmefällen. Sein Hausherr
war ein ausgesprochen netter Mann, aber kein großer Redner und schon gar kein
Animateur.
Im Grund genommen waren die Ruhe und der Zwang zur
Untätigkeit genau das, was der Banker jetzt brauchte.
Da war zunächst einmal die Tatsache, dass Doris tot war. Mit
der musste er erst einmal fertig werden. Auch wenn ihre Ehe in den letzten
Jahren nur mehr auf dem Papier bestanden hatte und eher einer gegenseitigen
Zerfleischung geähnelt hatte als einer Partnerschaft, so hatte er sie doch
einmal sehr geliebt. Die Frau, die er vor vielen Jahren geheiratet hatte, war
zwar schon lange nicht mehr da gewesen. Jetzt war aber auch jede Chance dahin,
dass sie eines Tages vielleicht doch wiederauftauchte. Und das machte
Weitere Kostenlose Bücher