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Florian auf Geisterreise

Florian auf Geisterreise

Titel: Florian auf Geisterreise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: oliver Hassencamp
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in einen Baum ein. Unmittelbar neben dem kleinen Dicken.“
    „Mensch, ist das aufregend!“ platzte Florian dazwischen. „Aber wenn du das siehst, Tante, dann siehst du doch auch den, der schießt!“ kombinierte er. „Warum hinderst du ihn nicht oder läßt ihn festnehmen?“
    „Dazu brauche ich einen irdischen Grund“, antwortete sie in fernem, feierlichem Ton. „Und einen Zeugen. Deshalb muß er zuerst schießen.“
    Für Florian gab es keinen Zweifel, daß alles so kommen würde, wie die Tante es voraussah. Blitzschnell wie ein Computer kombinierte er: „Dann laß uns gleich zusammen hingehen und mit dem Regisseur reden. Der setzt mich sonst garantiert auf die Ruderbank, und wenn ich was sage, denkt er, ich spinne.“
    Mit abwesendem Ausdruck schüttelte die Tante den Kopf. „Du mußt allein hingehen und ihn überreden!“
    „Und wenn er mich auslacht?“ Florian war außer sich.
    „Das ist der Spielraum, den das Schicksal läßt. Dich hat es ausersehen zu warnen.“
    „Aber warum gerade mich? Ich hab doch gar keine Erfahrung.“
    „Du mußt dich durchsetzen!“ kam die Antwort.
    So hatte er die Hellseherin noch nicht erlebt. Ihr war überhaupt nicht beizukommen. Florian glühte vor Aufregung und kombinierte wild, bis ihm ein anderer Blickwinkel einfiel. „Was wäre denn passiert, wenn ich nicht gekommen wäre? Hätte dann einer von den Darstellern den Schuß abgekriegt?“
    „Nein“, sagte die Tante, jetzt wieder in ihrem beruhigenden Tonfall. „Das Schicksal hat es so gefügt, daß ihr alle hier zusammenkommt.“
    „Und warum?“
    „Weil es dreierlei erreichen will: daß diese Frau Zwiebelfisch eins auf den Deckel bekommt, daß der Schütze gefaßt und überführt wird, und daß du nicht allzu sorglos an der Grenze zum Übersinnlichen herumspielst!“

Krawall im Grenzwald

    Was macht man eigentlich, wenn man etwas Entscheidendes vorhat, in der letzten Stunde, bis es soweit ist?
    Dieser Frage nachzugehen, hatte Florian jetzt Gelegenheit. Er nutzte sie und stellte fest: Man macht möglichst vielerlei. Man versucht sich zu konzentrieren, findet aber nicht die Ruhe dazu. Deswegen tut man etwas Körperliches und konzentriert sich sozusagen nebenbei auf das Bevorstehende. Gleichzeitig aber möchte man sich überhaupt nicht anstrengen, nur die Kräfte schonen, und denkt an gänzlich Unwichtiges, wobei man sich nicht verkrampfen kann.
    Florian reparierte das Bett, pfiff dazu eine Melodie, stellte sich vor, welche Ventile er in welcher Reihenfolge drücken müßte, wenn er sie auf der Trompete spielen würde, wunderte sich, warum er sie nicht mitgenommen hatte — er spielte doch ausgesprochen gern Trompete — , mußte dann wieder an den Schuß denken, der fallen würde. Und er wußte es schon. Wie ein Hellseher. Und er dachte an seinen Freund Jens, dem er das alles nicht erzählen konnte. Zwischendurch tat es ihm um die Rolle leid — davon hätte er der ganzen Klasse berichten können, aber das war jetzt nebensächlich. Wie sollte er Vorgehen? Zuerst mit dem Mädchen reden oder gleich mit dem Regisseur? Und wie anfangen, damit... Schon kam die Melodie wieder dazwischen, Zeige- und Ringfinger der rechten Hand drückten zwei unsichtbare Ventile, weil es sich bei dem Ton, der jetzt dran war, um ein D handelte, dann griffen sie nach dem Schraubenzieher auf dem Nachttisch...
    Unterwegs zum Waldweiher kam noch Lauftraining dazu. Dafür fiel das Bett weg.
    Sicher kommt es wieder ganz anders! hoffte Florian insgeheim. Und so kam es auch.
    Leider genau das Gegenteil von dem, was er sich gewünscht hatte: Auf dem Waldweg stand der Regisseur und sah ihn dahertraben.
    „Du kannst gleich wieder umkehren!“ rief er ihm entgegen. „Wir haben gesagt, du sollst Hemd und Hose anziehen!“
    „Das ist egal“, rief Florian, noch in vollem Lauf, „weil ich die Rolle nicht spiele.“
    „Sind deine Eltern dagegen?“
    Jetzt war er da, schüttelte den Kopf und atmete ein paarmal durch. „Meine Tante.“
    Der Regisseur lachte.
    „Sehr gut, wenn sie jetzt lachen!“ meinte Florian. „Gleich werden Sie nämlich nicht mehr lachen. Oder so sehr, daß Sie sich nicht mehr bremsen können.“
    „Nanu?“ Todernst sah der Mann ihn an.
    Als Florian ihm erzählt hatte, was geschehen würde, nickte er nur gelegentlich, unterbrach ihn aber kein einziges Mal. Am Schluß schwieg er eine Weile nachdenklich.
    Dann kam die Frage: „Und was ist nach dem Schuß? Fällt ein zweiter?“
    Florian schüttelte den Kopf. „Da wird der

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