Florian auf Geisterreise
übermorgen ein Essen für sieben Personen! Wir sind doch kein öffentliches Lokal. Und Wünsche hat dieser alte Heini! Hummer! Champagner! Trüffel! Das Teuerste vom Teuren!“
„Da helf ich dir!“ tröstete Florian. „Reste aufessen.“
„Hilf mir lieber jetzt. Wenn du fertig bist.“
Das ließ er sich nicht zweimal sagen. Er stand auf, nahm ein Tablett und folgte ihr kauend.
Agathe hatte tatsächlich sehr viel Arbeit. Bei schönem Wetter wurde unter den Pilzschirmen gegessen — für sie jedesmal ein weiter, durch Vortreppe und Kies ermüdender Weg.
Gleich würde es wieder dumme Bemerkungen hageln: ob er sich nützlich mache, ob er das denn alles tragen könne, ob er in den Ferien nichts Besseres vorhabe, und so weiter. Glücklicherweise hagelte es nur spärlich. Die meisten Gäste waren schon gegangen, die dümmsten Sätze schon gesagt. Florian räumte, aus Gründen der Abwehr mit dem Rücken zu den noch Anwesenden, Tisch Nummer eins ab, als eine brüchige Stimme nach ihm rief. Um ein Haar hätte er das Geschirr fallen lassen. Diese Stimme kam ihm bekannt vor! Er drehte sich um. „Großpapa!“ In die Überraschung mischte sich sogleich Verdacht. „Was tust du denn hier?“
„Keine Sorge.“ Großvater reichte ihm die Hand. „Ich bestelle nur das Essen für unseren Schulausflug.“
„Wie bitte?“ Florian sank auf den nächsten Stuhl.
„Unser Klassentreffen!“ verbesserte sich der Großvater. „Die meisten hast du ja erlebt auf unserer goldenen Hochzeit: Dackel, Zeppelin, Mata Hari. Aber nicht alle! Wir sind nur noch sieben. Und alle paar Jahre machen wir unseren Schulausflug, hier in den Grenzwald. Wie damals. Wir haben da unsere festen Stationen, den Aussichtsturm natürlich, und so weiter...“
Florian nickte, tief in Gedanken. Er sah sich mit Jens, Uwe, Jörg, Detlef, Pitt und Wolfram in fünfzig Jahren beim interplanetarischen Klassentreffen in seinem privaten Ufo, sah alles mit der Deutlichkeit des Hellsehers, daß er erschrak. Seine medialen Fähigkeiten wollte er im Augenblick nicht strapazieren. Um sich abzulenken, hörte er seinem Großvater zu. Aufmerksamer denn je.
„Weißt du, wir spinnen alle in bißchen“, erklärte der alte Herr. „Das ist sehr gesund in dieser kopflastigen Zeit. Mata Hari — die Sängerin mit dem Krückstock, du weißt — läßt es sich nicht ausreden, uns ein Luxusessen zu spendieren. Sie ist ziemlich vermögend und wollte ursprünglich, daß wir den Kaviar vom Pappteller schaufeln, mitten im Wald. Da bin ich auf die Idee gekommen, das ganze Essen bei Thekla zu bestellen, weil es einfach kultivierter ist als Hummer aus dem Rucksack. Ich will Thekla nicht stören, ich weiß, sie hat zu tun. Wir kommen nur zum Essen. Nach Mokka und Havannazigarre ziehen wir dann weiter zur nächsten Station. Aber laß dich nicht aufhalten. Du mußt hier helfen. Übermorgen sehen wir uns ja dann...“
Das Tablett war so schwer, daß Florian es unter „Ausgleichstraining“ einstufte und, bevor er es auf dem Küchentisch absetzte, noch fünf Kniebeugen damit machte.
Agathe kam herein. „Entschuldige den Heini! Ich wußte nicht, daß er dein Großvater ist!“
Florian setzte das Tablett ab und lächelte ihr zu. „Keine Sorge. Er sagt selber, daß er ein bißchen spinnt.“
„Hat er Geburtstag?“ fragte Agathe.
„Du meinst wegen dem Festessen.“ Florian schüttelte den Kopf. „Die machen nur ihren Schulausflug. Fünfzig Jahre nach dem Abitur!“
Agathe, durch das Hellsehen allerlei gewöhnt, lächelte vor sich hin. „Im Grenzwald ist wirklich immer was los!“
Intervalltraining
Wenn Madame Thekla nach des Tages Arbeit nicht eingeladen war oder Besuch hatte, machte es ihr Spaß, mit Florian gemütlich zu essen und ihn erzählen zu lassen, was ihm gerade einfiel. „Mit dir ist es immer lustig“, sagte sie. „Du hast Phantasie, kannst Gedanken weiterspinnen. Dabei erhole ich mich am besten von den vielen Problemen, mit denen ich den ganzen Tag zu tun habe.“
„Frau Zwiebelfisch fand es bestimmt nicht lustig mit mir!“ entgegnete er und hatte schon wieder einen Gedanken am Wickel. „Wen sie jetzt wohl verdächtigt, nachdem du ihr Bescheid gesagt hast?“
„Das kann ich dir genau sagen“, antwortete die Tante. „Deinen Vater!“
Florian schob die Gabel mit der halben Tomate nicht in den Mund. „Wie denn das?“
„Weil sie ihn verehrt!“
„Das ist doch nicht logisch!“ widersprach Florian.
„Das verlangt auch niemand“, erwiderte die
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