Flossen weg
die Fähigkeit zum anderen möglich. Vielleicht triumphierten die Meme tatsächlich über die Gene.
Als sie fertig war, reichte sie den Arm des Colonels an das andere Weibchen weiter, so dass er vorgebeugt dastand, die Hände hinter dem Rücken hochgehalten. Dann stieß das Weibchen erneut einen langen, schrillen Ruf aus, und die Decke des Amphitheaters verdunkelte sich, bis es völlig finster war. Als ihr Ruf erstarb, ging das Licht wieder an. Der Colonel schrie, so laut er konnte, stieß wilde Verwünschungen und wirre Rechtfertigungen aus – schimpfte die Walbengel Scheusale, Monster, Freaks, zeterte wie ein irrer Prophet mit Gottes Fingerabdruck im Hirn. Im Licht fing er Nates Blick auf, nur eine Sekunde lang, und er schwieg. Da war etwas – die Tiefe und Weisheit, die der Mann einmal besessen hatte, oder vielleicht war es auch nur Trauer, doch bevor sich Nate entscheiden konnte, beugte sich das große Weibchen vor und biss dem Colonel den Kopf ab.
Nate merkte, dass er einer Ohnmacht nahe war. Sein Blickfeld verengte sich zu einer Nadelspitze, und er kämpfte darum, bei sich zu bleiben, sich auf seine Atmung zu konzentrieren, die – wie er merkte – kurz ausgesetzt hatte. Dann konnte er wieder sehen und atmen, wenn auch panisch zwischen zusammengebissenen Zähnen hindurch, während er sah, was geschah.
Die Mörderin spuckte den Kopf durchs Amphitheater zu einer Gruppe von Walbengelkindern hinüber, die ihn aufhoben und daran herumknabberten. Dann begann das Weibchen, mit den Zähnen große Stücke aus dem Leichnam des Colonels zu reißen, während dieser noch in den Händen der Helfershelfer zuckte, und warf die Brocken in die Menge, deren Jagdrufe noch erhitzter klangen als zuvor.
Nate konnte nicht sagen, wie lange es so weiterging, doch als es schließlich getan und vom Colonel nichts mehr übrig war, sah man einen großen, roten Fleck mitten auf dem Boden des Amphitheaters, und überall um sich herum sah er blutige Zähne, wenn die Wale ihr Grinsen aufblitzen ließen. Selbst die beiden Walbengel, die Nate an den Armen hielten, hatten am Abendmahl teilgenommen, hatten sich Fleischstücke gegriffen und mit der freien Hand gefressen. Einer hatte gezischt und Nate Blut ins Gesicht gespritzt. Dann schleppten sie ihn in die Mitte des Amphitheaters.
Ihm war ganz flau, der Puls hämmerte in seinen Ohren, übertönte alles andere. Wohin er sich auch wandte, überall sah er blutige Zähne und glubschende Augen, aber er fühlte sich seltsam unbeteiligt. Als das große Weibchen die nächste Ansprache begann, erinnerte er sich an einen Gedanken, der ihm gekommen war, kurz nachdem ihn der Buckelwal verschlungen hatte. Es kam ihm wie ein böses Déjà-vu vor: Was für eine dämliche Art zu sterben.
Dann hörte er wieder diesen langen, pfeifenden Ruf, und Nate schloss die Augen, wartete auf den Todeshieb, aber der kam nicht. Die Menge schwieg. Er blinzelte unter einem Augenlid hervor, bereute fast, dass der Moment hinausgezögert wurde, und er sah Zähne vor sich, wenn auch nicht die blutigen Zähne der Killer.
Der schrille Pfiff ging immer weiter, kam von einem blau gefleckten Walbengelweibchen, das aus dem Gang hervorgetreten war und nun durch das Amphitheater zu Nate hinüberschritt. Neben ihr ging eine entschlossen wirkende, zarte Brünette mit unnatürlich kastanienbraunen Strähnen, in Wandershorts und einem Tanktop. Die beiden Walbengel, die Nate festhielten, schienen verdutzt. Das Weibchen, das den Colonel getötet hatte, suchte wohl Rat bei einem der beiden Weibchen, die Nate hielten, als Amy einen Elektroschocker aus der Tasche zog und ihr das Ding an die Brust hielt, was sie zwei Meter rückwärts taumeln ließ. Dann stürzte sie und krümmte sich auf dem blutverschmierten Boden.
»Lasst ihn gehen!«, befahl Amy, und aus irgendeinem Grund – vielleicht weil Amy so entschlossen klang – wurde Nates Arm losgelassen, und er sank zu Boden, während Amy einen zweiten Elektroschocker zückte und ihn der anderen großen Killerwalkuh an die Brust hielt. Sie flog zwei Meter rückwärts und blieb zuckend neben ihrer Gefährtin liegen. Die ganze Zeit über hatte Emily 7 weitergepfiffen.
»Alles klar?«, fragte Amy. Nate blickte in die Runde, sah die Lage, in der sie sich befanden, war nicht sicher, ob alles klar war, aber er nickte.
»Okay, Em«, sagte Amy, und Emily hörte auf zu pfeifen.
Bevor die Menge reagieren oder erschrocken walisch murmeln konnte, rief Amy: »Hey, Maul halten!«
Was sie auch
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