Flowertown - Die Sperrzone
Respekt zu zollen. Er schlug sich wacker. Seufzend löffelte sie das Geheimnis aus ihrer Schüssel und schob es sich in den Mund.
»Mmmm.« Ellie musste ihren eigenen Brechreiz niederkämpfen, dann stieß sie einen Schrei aus. »Scheiße, was ist das denn?« Sie griff sich mit zwei Fingern in den Mund und zog den verfilzten Klumpen Haare heraus, den Big Martha ihr zugeschoben hatte. Lange Strähnen hatten sich in Fleischklumpen und Tomatenhaut verfangen, und sie versuchte, nicht darüber nachzudenken, was sie da tat, als sie die fettigen, verfilzten Haare zwischen ihren Lippen herausfallen ließ. Mit einer geschickten Drehung des Handgelenks klebte sie den chilidurchtränktenHaarklumpen auf den Arm des Wachmanns und schmiss die Tasse auf den Boden, wo sie in roten, stückigen Spritzern zerschellte.
Das reichte beinahe aus, um sie selbst zum Brechen zu bringen. Der junge Wachmann hatte keine Chance. Er riss seine Hände vor den Mund und Erbrochenes sprühte zwischen seinen Fingern hervor. Ellie zeigte auf die Toilettenräume, und als er rannte, rutschte er auf dem Chili aus. Erbrochenes flog ihm wie nasses Konfetti von den Lippen.
Während sie über Kisten zu ihrem Schreibtisch hetzte, konnte sie hören, wie sich Big Martha und Bing vorne im Büro vor Lachen kaum einkriegen konnten. Sie verschwendete keine Zeit damit zu kontrollieren, ob die Luft rein war, sondern nahm die erstbeste unmarkierte Aktenkiste, schmiss sie auf die rote Fläche, hob die mittlere Kiste aus einem gesicherten Stapel hervor und zog dann die Kiste, die darunter lag, raus. An deren Stelle setzte sie ihre eigene Aktenkiste ein, stellte wieder eine Kiste mit rotem Klebeband darauf und schubste die ausgetauschte Kiste unter ihren Schreibtisch. Gerade noch rechtzeitig, bevor Bings schwerer Schritt und sein Applaus näher kamen.
»Möchtest du die Durchsage machen, oder soll ich?« Er legte seine Ellbogen auf den nächsten Schubladenschrank und stützte sein Kinn in die Hände.
»Mach du doch.« Ellie reichte ihm den Hörer ihres Bürotelefons und drückte »Durchsage.«
Bing räusperte sich und beugte sich über die Sprechanlage. »Wartungsabteilung. Wartungsabteilung. Könnte bitte jemand aus der Wartungsabteilung zum Aufräumen in die Archivverwaltung kommen? Wir haben einen Fall von Verdauungsstörung. Danke.« Er hing auf. »Warte ab.«
Ein paar Sekunden vergingen, dann antwortete jemand über die Interkom. »Frischlings-Weichei!«
Aus den Büroräumen einen Stock tiefer erklang Applaus. Ellie lachte, klatschte in die Hände und fläzte sich in ihren Stuhl. Ihre Füße ruhten auf einer versteckten Kiste, die mit rotem Klebeband versiegelt war.
Ellie wagte es nicht, ihre Füße von der Kiste unter ihrem Tisch zu nehmen. Zwar wimmelte es darin nicht von lebhaften Welpen, aber sie befürchtete, dass sich die Kiste vor dem Wachmann, Bing, oder vor wem auch immer trotzdem nicht verheimlichen lassen würde. Der Gedanke daran, bei etwas so Dummem ertappt zu werden, ließ Ellies Finger kribbeln.
Sie zog ihren Stuhl dicht an den Schreibtisch heran, dabei stießen ihre Knie gegen die schiefe mittlere Schublade. Dann stimmte sie in Bings Lachen ein.
Der Wachmann hielt sich nicht lange auf der Toilette auf und war zehn Minuten vor dem Team der Wartungsabteilung zurück am Tatort. Im Büro stank es fürchterlich und obwohl sie lachten, zollten Ellie und ihre Kollegen dem leidenden Wachmann unausgesprochenen Respekt dafür, dass er nicht nur an seinen Posten zurückkehrte, sondern seine Schweinerei auch mit einer Ladung Papierhandtücher bedeckte. Sie wussten, was der Gestank und der Anblick in seinem Magen bewirkten; sie alle waren Langzeitbewohner von Flowertown. Es bedurfte Charakterstärke, der eigenen Kotzerei gegenüberzutreten, vorallem unter den höhnischen Blicken derjenigen, die sie provoziert hatten.
Allerdings konnte er sich nicht dazu durchringen, die durchweichten Papiertücher auch aufzuheben. Sobald die Flüssigkeit das braune Papier durchtränkte, richtete er sich auf und bezog mit einem Sicherheitsabstand wieder Stellung.
Big Martha war zurück an ihrem Schreibtisch, und Bing und Ellie hatten sich von dem jungen Wachmann abgewendet. Ellie wusste, dass er zu ihrem Schreibtisch herüberkommen und sie mit der Waffe, die noch immer über seiner Schulter hing, bedrohen wollte. Sie konnte sehen, wie er diesen Drang ebenso bekämpfte, wie er sein eigenes Erbrochenes ignorierte, aber wer auch immer ihn über die Gebräuche von Flowertown
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