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Fluch der 100 Pforten

Fluch der 100 Pforten

Titel: Fluch der 100 Pforten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Wilson
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unangenehm und böse er war, verfügte über eigene Kräfte. Er war gar nicht darauf angewiesen, irgendwelche Knöpfe zu drehen.
    Der Mann berührte Henry am nackten Bauch und Henry zuckte zusammen.
    »Was machen Sie da?«, fragte Henry.
    »Es geht nicht anders«, antwortete der Mann. »Beiß die Zähne zusammen. Eigentlich wollte ich es machen, solange du noch geträumt hast.«
    Zunächst spürte Henry nur etwas Kaltes. Es breitete sich bis zu den Hüften hinunter und die Rippen hinauf aus. Dann begann das Kalte zu brennen, und als es schließlich brannte, brannte es wie Feuer.
    »Wa…?«, wollte Henry fragen, aber seine Kiefer krampften sich zusammen. Er drückte seinen Rücken den Hauch durch, der ihm vergönnt war, und versuchte das Brennen abzuschütteln. Aber es brannte nicht nur auf der Haut. Es brannte in seinem Inneren und grub sich tiefer in seinen Bauch hi – nein.

    »Halt still!«, sagte der Mann. »Darius besteht auf einem Benennungsritual, bevor deine Wandlung vollzogen ist. Er ist ein Dummkopf – aber ich muss es tun. Was du spürst, ist das erste Elixier. Für die erste Vermengung des Fleisches.«
    »Und wozu?«, brachte Henry hervor.
    »Er will dich an sich binden. Für den Fall, dass du den Wandelkrampf nicht überlebst, kann er deinen Teil des zweiten Blicks in sich aufnehmen. Wenn du ihn überlebst, gehörst du zu ihm. Sein Blut wird in deinen Adern rollen, und dein Fleisch wird sein Zeichen tragen.«
    Henry versuchte seine Atmung unter Kontrolle zu halten, aber sie stolperte ungleichmäßig. Sein Zwerchfell zog sich zusammen. Unkontrollierte Hickser entwichen ihm, als er zu sprechen versuchte. »Nein«, keuchte er und sein Oberkörper erbebte. »Wirklich?«
    Der Mann sagte zwar nichts, aber Henrys Frage wurde dennoch beantwortet. Er bekam das Tuch, mit dem seine Augen abgewischt worden waren, in den Mund gesteckt. Und wieder brannte etwas auf Henrys Bauch. Eine Klinge. Ihre Schneide fuhr vor und zurück und senkte sich langsam in Henrys Haut.
    Henry schrie in das Tuch. Er biss die Zähne zusammen, versuchte sich wegzuwinden – und erstarrte dann urplötzlich. Mit einem Mal wurde ihm klar, dass die braune Brandwunde, die Schnecke, die sich in Darius’ Hand wand, das Zeichen, das er Henry nicht hatte sehen lassen wollen, ihn für immer begleiten würde, so lange er lebte – ob es noch Tage oder Wochen sein mochten. Aber Darius gehören würde er nie. Zum Teufel mit Darius! Zum Teufel mit allen Elixieren und Lügen! Zum Teufel mit dem Schmerz!

    Er spürte, wie das Blut in ihm zu kochen begann und durch die Adern seines Körpers raste. Sein Fleisch erbebte und gab unter den scharfen Schnitten des Mannes nach. Etwas Neues kam, etwas, das er nicht kannte und das er nicht kontrollieren konnte.
    Jedes Glied seines Körpers knackte und begehrte auf, wollte frei sein und sich bewegen können. Seine Zähne gruben sich in den Lappen, den er im Mund hatte, und seine Zunge verknotete sich und drängte in seinen Hals zurück.
    Henry übergab sich. Er würgte und übergab sich noch einmal. Der Anfall schüttelte ihn mit aller Macht, zog, drehte und spannte jede Sehne und durchschlug seine Sinne – und er wurde bewusstlos.
     
    Henry war ein einziger Schmerz. Er war in Badon Hill. Am Fuße des Badon Hill. Ein Kalkfelsen erhob sich vor ihm und dahinter Bäume. Er lag auf einem Steinstrand und konnte sich nicht bewegen. Er hörte einen Mann lachen und einen Hund bellen. Jenseits seiner Füße entdeckte er sie, den Mann und den Hund. Der Mann lächelte und trug ein kleines strampelndes Bündel auf dem Arm, aus dem ein winziger nackter Fuß hervorsah. Während sie gemeinsam auf einem schmalen Pfad die Klippe hinaufstiegen, lief der große schwarze Hund unablässig vor und zurück.
    Henry kannte diesen Hund. Er hatte schon von ihm geträumt und seine Knochen neben der großen Felsplatte auf der Kuppe des Inselberges gesehen. Trauer überkam ihn. Hunde sollten nicht sterben müssen. Und Menschen auch nicht. Sie mussten es aber. Er war schon gestorben.

    In einer Wolke aus Verwirrung schlug Henry die Augen auf. Licht und Geräusche und Gerüche umgaben ihn. Er blinzelte seine Augen trocken und öffnete sie ein wenig weiter.
    Er konnte sehen.
    Über ihm wurde eine Decke erkennbar. Aus schwarzen Balken. Steinmauern. Trotz des stechenden Schmerzes in jedem einzelnen Muskel versuchte Henry sich aufzusetzen, stellte aber fest, dass er immer noch angegurtet war.
    »Du lebst«, sagte eine Stimme.
    »Binden Sie mich

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