Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fluch der Engel: Roman (German Edition)

Fluch der Engel: Roman (German Edition)

Titel: Fluch der Engel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Itterheim , Jessica Itterheim
Vom Netzwerk:
Gesicht, der sich hier unten vor dem Spott von Sanctifers Gästen versteckt hatte, aus meinen Gedanken. Raffael war noch nicht lange an Sanctifer gebunden. Die Besuche bei seinem Ziehvater konnten kaum länger als ein paar Tage gedauert haben. Schließlich besaß Raffael die Seele eines unreifen Menschen.
    Vorsichtig schob ich mich durch die rauen Schachtwände des verzweigten Lüftungssystems. Bisher hatte ich alles genau so vorgefunden, wie Raffael es mir beschrieben hatte. Nur mit der Zeitplanung lag er daneben. Das durch senkrechte Lüftungsschlitze einfallende Dämmerlicht verriet mir, dass gerade die Sonne aufging, ich mich in dem Bereich unter der Küche, in der Nähe des Wohntrakts, befand – und ich mich beeilen sollte. Schließlich wollte ich rechtzeitig meinen Unterricht in der Bibliothek aufnehmen, damit die davor postierten Wachen keinen Verdacht schöpften. Wenn ich zu spät zurückkehrte, brachte ich Raffael in Gefahr.
    Trotz des rauen Steinbodens kroch ich schneller. Nur ein paar Biegungen trennten mich noch von Sanctifers Blutlager. Raffael hatte nicht lockergelassen, bis ich die Anordnung der Gästezimmer und ihre Anbindung an das Lüftungssystem aus dem Gedächtnis aufzeichnen konnte – fehlerfrei natürlich.
    Lautlos schlängelte ich mich in jeden der vielen kurzen Belüftungsschächte, die die Spenderäume mit dem Hauptkanal verbanden. Die Lüftungslamellen am Ende erlaubten mir einen unbemerkten Blick in die hotelähnlich eingerichteten Luxuszimmer.
    Jedes Mal, wenn ich einen scheinbar so friedlich schlafenden Menschen entdeckte, wäre ich am liebsten in das Zimmer gestiegen, um ihn mitzunehmen. Aber das musste warten. Ich sollte nur herausfinden, wo Philippe steckte, damit Raffael ihn – falls er tatsächlich hier war – in der Nacht zu Aron bringen konnte.
    Raffael hatte Zugang zu den Spenderäumen. Einen Blutgeber abzuholen würde keine Aufmerksamkeit erregen. Alle Räume zu durchsuchen allerdings schon. Deshalb war das meine Aufgabe.
    Aron sollte die Dogin informieren. Schließlich hatte er mir versichert, dass Philippe unter besonderem Engelschutz stand – den Sanctifer dann offenbar aushebeln konnte! Die Dogin würde Sanctifer unter Arrest stellen und danach dessen unfreiwillige Gäste befreien – mich eingeschlossen. Das zumindest war der Plan.
    In den Spenderäumen fand ich ebenso viele Frauen wie Männer. Manche waren alt, andere kaum erwachsen, ein paar wenige atemberaubend schön, die meisten aber eher ganz normaler Durchschnitt. Sanctifers Kunden schienen nicht besonders wählerisch zu sein. Hauptsache, sie bekamen Nachschub, sobald die Wirkung der unfreiwilligen Spende nachließ.
    Einen Kerl Anfang zwanzig mit schwarzen Wuschelhaaren oder seine Freundin Lucia entdeckte ich allerdings nicht. Dafür stöberte ich etwas anderes auf. Eine harmlose Brise Meeresluft wehte durch den Lüftungsschacht – und darunter lag ein Geruch, der mir allzu gut in Erinnerung geblieben war.
    Mein Racheengelinstinkt erwachte mit unbekannter Heftigkeit.Meine Entschlossenheit, umzukehren und lieber am nächsten Tag noch einmal nach Philippe zu suchen, damit ich rechtzeitig zu Raffael zurückkehrte, zerbröselte. Dieses Mal würde es mir nicht entkommen. Denn ich konnte dieses Wesen nicht nur riechen, sondern auch seine dämonische Seite fühlen.
    Mit gezücktem Messer robbte ich in halsbrecherischer Geschwindigkeit durch die schmalen Lüftungskanäle und folgte dem Duft der dämonischen Kreatur. Dass ich mir dabei Arme und Knie aufschürfte, spürte ich kaum. Ich war im Jagdmodus, darauf versessen, das Ding zu stellen.
    Meine Flügel drängten hervor – und meine Klauen. Wütend ließ ich das Messer fallen. Flügel und Klauen waren das Letzte, was ich in einem engen Schacht gebrauchen konnte. Ich musste schnell sein, wenn ich es erwischen wollte. Aber so weit, meinen Engelinstinkt zu kontrollieren, um besser jagen zu können, reichte meine Beherrschung noch nicht. Also biss ich die Zähne zusammen und presste meine Hände gegen die rauen Steinwände.
    Meine von Instinkt getriebene Engelsenergie explodierte. Der Racheengel in mir wollte frei sein und seiner Bestimmung folgen, dieses Wesen fangen – und es töten.
    Ein leises Stöhnen wehte durch den Lüftungsschacht. Philippes blutarmes Gesicht tauchte vor mir auf. Seine schwarzen Ebenholzaugen drängten sich zwischen mich und den Racheengel, flehten mich an, ihm zu helfen. Der Teil in mir, der ein Engel sein und das dämonische Wesen erlegen

Weitere Kostenlose Bücher