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Fluch der Engel: Roman (German Edition)

Fluch der Engel: Roman (German Edition)

Titel: Fluch der Engel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Itterheim , Jessica Itterheim
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schlug mir entgegen, als ich die Wasseroberfläche durchstieß. Wie die meisten unterirdischen Lüftungsschächte in Sanctifers Palast endete auch dieser in Richtung Meer. Ich widerstand der Versuchung, nach einem möglichen Fluchtweg zu suchen, und hielt mich an Raffaels Route. Meine Aufgabe war es, Philippe zu finden. Ihn aus Sanctifers Palast zu schmuggeln, unbemerkt nach Venedig zu bringen und bei Aron abzuliefern war Raffaels Job.
    Mit fiebrigen Fingern tastete ich mich durch den feuchten Schacht. Raffael hatte mir versichert, dass ich ein paar Schritte weiter auf einen der beleuchteten Gänge stoßen würde. Es kostete mich dennoch Überwindung, mich in tiefster Dunkelheit an der kalten Wand entlangzuhangeln. Erst als ich in den Flur kletterte, atmete ich ein wenig auf.
    Obwohl ich weit vor Sonnenaufgang unterwegs war, zu einer Zeit, in der in Sanctifers Palast die meisten Bewohner noch schliefen, hatte mich Raffael gewarnt, vorsichtig zu sein. Die abseits gelegene Route gehörte zwar nicht zu den überwachten Strecken, doch es gab andere Wesen, die sich mir in den Weg stellen konnten. Medusarats liebten dunkle Schächte und Keller ganz besonders. Raffael hatte mir ein Messer mitgegeben, damit ich mich gegen die bissigen Nager wehren konnte. Die heimtückischen, rattenförmigenWesen liebten es, ihre Beute mit ihren peitschenden Schwänzen in die Enge zu treiben, um dann gemeinsam über sie herzufallen. Ich kannte sie von meiner Engelsprüfung und war alles andere als scharf darauf, ihnen ein weiteres Mal zu begegnen.
    Raffaels Weg führte mich durch düstere Gänge vorbei an Lagerräumen, die nach vergammelten Kartoffeln, altem Fisch oder einfach nur modrig rochen. Ich nutzte jede Nische, um sicherzugehen, dass ich noch immer allein unterwegs war. Zum Glück blieb es still. Nicht mal das Meer hörte ich, das ein paar Meter über mir gegen das mit Engelsmagie gesicherte Gebäude klatschte.
    Mit gezücktem Messer schlich ich eine steinerne Treppe nach unten, bereit, mich einem möglichen Angreifer zu stellen. Denn hier gab es keine Tür, hinter der ich mich notfalls verstecken konnte. Doch mir begegnete nichts, wovor ich mich fürchten musste – zumindest nichts, das noch lebte.
    Der beißende Geruch zog mich zu dem dunklen Etwas, das ich beinahe übersehen hätte. Eisige Kälte breitete sich in mir aus, als ich die Überreste entdeckte. Und zum ersten Mal war ich froh, dass es hier unten nur ein paar flimmernde Gaslichter gab. Ein bis zur Unkenntlichkeit zerfetztes Wesen starrte mich vorwurfsvoll an. Seine Augen waren das einzig Unversehrte.
    Ich wandte mich ab, um dem seelenlosen Blick zu entkommen. Was auch immer das war, es war eines gewaltsamen Todes gestorben. Ob eine Meute Medusarats es so zugerichtet hatte? Vermutlich. Ich vertrieb das Bild von Peitschenschwänzen und hungrigen Mäulern, das vor meinem inneren Auge auftauchte, und verbot mir, die beiden verschrumpelten Teile in der Ecke daneben genauer zu betrachten. Vielleicht gehörten sie gar nicht zu der verendeten Kreatur. Und falls doch, spielte das jetzt keine Rolle mehr. Ich konnte ihr nicht mehr helfen – aber es gab andere, die meine Hilfe dringend benötigten.
    Der grausige Fund schlug mir auf den Magen. Ich versuchte, mich nicht auf die Überreste, sondern auf den Weg zu konzentrieren. Mich zu verirren oder in ein Medusanest zu laufen undschmerzhafte Bisswunden zu riskieren, konnte ich mir nicht leisten. Meine Vorsicht machte mich langsam. Und obwohl es mir gelang, Raffaels Route zu folgen, brauchte ich länger als geplant, um das unterste Stockwerk zu erreichen.
    Angespannt bis unter die Haut tastete ich mich durch das kurze, unbeleuchtete Verbindungsstück zwischen der Treppe und dem nächsten Gewölbekeller. Irgendwo hier musste ein schmales Loch sein, das mir den Wiedereinstieg in das Lüftungssystem ermöglichen würde. Der Schacht sollte mich zu den Räumen bringen, in denen Sanctifer arglose Menschen einer unfreiwilligen Blutspende unterzog.
    Ich atmete ein wenig auf, als ich endlich die maroden Teile des Eisengitters fand, das Raffael mir beschrieben hatte. Sein umfangreiches Wissen war äußerst hilfreich. Er hatte einen Zugang gewählt, den auch jemand mit meiner Körpergröße erreichen konnte. Wie er es allerdings geschafft hatte, sich in diesen kleinen Kanal zu quetschen, blieb mir schleierhaft. Vielleicht hatte er ihn entdeckt, als er noch ein Kind war.
    Ich verbannte die Vorstellung von einem kleinen Jungen mit entstelltem

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