Fluch der Leidenschaft
drückte er sie an sich. »Du bist eine Amazone, meine Gemahlin, eine Kriegerin. Und wenn ich keinen kaputten Arm hätte und es nicht zu gefährlich wäre, dann würde ich jetzt auf der Stelle über dich herfallen, wie es eine Amazone verdient, die blutbeschmiert aus der Schlacht kommt.«
Jetzt erst bemerkte Imogen, dass sie blutbesudelt war, und er noch mehr als sie. Zuvor hatte ihr das nichts ausgemacht.
»Ich fühle mich schrecklich«, flüsterte sie. »Wie konnte ich nur …«
Er küsste sie schnell und ungestüm. »Bedaure es nicht. Es erregt mich mehr, als mich je etwas erregt hat.« Er legte ihre Hand an seinen Hals, und sie spürte die Kraft und Geschwindigkeit seines Blutes, das heiß unter seiner Haut pulsierte.
»Das ist die Wunde«, sagte sie.
»Nein.«
Das Pochen seines Blutes unter ihrer Hand schien sich auf sie zu übertragen. »Ich fühle mich auch seltsam. Ganz zittrig und aufgeregt, und nach mehr verlangend. Aber nicht mehr Gefahr …« Dann erinnerte sie sich an die Leidenschaft der letzten Nacht und wusste, was sie wollte. Sie drehte sein Gesicht dem ihren zu.
»Wir können nicht, Imogen. Das wäre äußerst leichtsinnig.« Doch er ließ es zu, dass sie seine Lippen zu den ihren hinunterzog, und sie waren heißer noch als sein Blut; der Kuss brachte sie dem Verhängnis noch näher.
Er schob sie zärtlich, aber bestimmt von sich. »Nein. Setz dich dort hinüber, Ginger. Wir müssen reden, und zwar mit möglichst klarem Kopf.«
Sie wollte nicht reden, aber sie wusste, das er recht hatte. Also kauerte sie sich an die Wand zurück, doch ein bohrender Schmerz in ihrem Innern sagte ihr genau, was ihr Körper wollte. Wäre seine Wunde nicht gewesen, sie hätte es vielleicht eingefordert.
An die gegenüberliegende Wand gelehnt, mit vollen sechs Fuß Raum zwischen ihnen, faltete sie die Hände. »Also, rede«, forderte sie ihn auf.
»Ich vermute, dass Lancaster hinter diesem Überfall steckt, und die hauptsächliche Absicht muss gewesen sein, mich zu töten, nicht, dich gefangen zu nehmen. Denn du warst mehrmals ungeschützt, aber niemand hat es ausgenutzt. Dieser Überfall galt also ziemlich sicher mir. Der letzte Pfeilregen sollte mich töten oder wenigstens so weit schwächen, dass sie mich dann hätten erledigen können. Ich habe ihn zu spät kommen sehen.«
»Du hast ihn gesehen? Heißt das, alles war für dich auch so langsam?«
Sein Blick wurde hellwach. »Er war für dich langsam?«
»Ja. Irgendwie seltsam langsam. Ich habe das nicht verstanden. Jede Bewegung schien so voraussehbar, und die Leute sahen so dumm aus.«
»Ich auch?«
»Nein«, antwortete sie. »Du warst zwar auch langsam, aber du hast immer das Richtige getan.«
Er lehnte den Kopf zurück und lachte leise. »Nicht nur eine Amazone, sondern auch noch eine mit der Gabe. Ich habe mich gefragt, wie du diesen Ritt geschafft hast. Beten wir, dass unsere Söhne sie erben.«
»Das ist eine Gabe?«
»Die kostbarste, die ein Krieger haben kann. Je drängender der Kampf, desto stärker verlangsamt nimmt er alles wahr, und so kann er jede Bewegung vorhersehen und jede Gefahr meiden.«
»Und das hat nicht jeder Mensch?«
»Weniger als einer von tausend. Weniger als einer von hunderttausend.«
»Das erscheint mir nicht sehr fair«, meinte sie ernst.
»Nich schlimmer als ein Hinterhalt oder vergiftete Pfeile.«
Dies brachte die Diskussion ohne Umschweife wieder auf das aktuelle Geschehen zurück. »Du glaubst also, Lancaster hat versucht, dich zu töten, und wir sind in Gefahr, wenn wir nach Carrisford zurückkehren?«
»Das ist möglich, und ich dachte, wir sollten uns besser Zeit nehmen, um nachzudenken. Ich bin seit ein paar Tagen nicht mehr so leistungsfähig, wie ich es normalerweise bin. Henry wird mit seinen Leuten bei Tagesanbruch losgezogen sein, um Warbricks Burg einzunehmen. Lancaster hingegen sollte in Carrisford bleiben, die Rückkehr seiner Männer abwarten und sich erst dann dem König anschließen. Wenn er noch andere Männer in der Gegend hat, wäre es ein Leichtes für ihn gewesen, diesen Überfall auszuführen. Und dann wäre er sofort zur Stelle gewesen, um dich zu trösten – und zur Frau zu nehmen.«
»Konnte er wirklich glauben, ich würde innerhalb eines Tages aus deinen Armen in seine flüchten?«
»Ich glaube kaum, dass deine Wünsche in diese Überlegung einbezogen wurden.«
»Aber der König, der König hätte das doch nicht zugelassen!«
»Ohne einen Beweis, dass Lancaster seine Hand im
Weitere Kostenlose Bücher