Fluch der Meere (Historischer Roman) (German Edition)
der Königin von England erlangte und nur somit zu Ehre und Ansehen kam."
Carla zog unwillkürlich ihre hübsche Stirn ein wenig kraus. Schlagartig war alles Glück aus ihrer Brust verschwunden und hatte eisiger Kälte Platz gemacht. Sie spürte sogar eine Gänsehaut auf ihrem Rücken, als wäre die Temperatur im Innern der Fahrgastkabine schlagartig unterhalb des Gefrierpunktes gesunken.
Gern hätte sie ihren Blick von dem jetzt unnatürlich blass wirkenden Gesicht des Lords abgewendet, aber es gelang ihr einfach nicht, sich auch nur zu regen.
Der Lord hingegen war deshalb so blass, weil er deutlich sah, wie schwer seine Worte die Prinzessin getroffen hatten. Unbarmherzigen Peitschenhieben gleich waren sie offenbar auf diese niedergegangen. Er hatte sie keineswegs verletzen wollen, doch er hatte lange überlegt, welche Formulierung die Richtige gewesen wäre. Hatte er sich letztlich geirrt und die falsche Strategie gewählt? Oder war es nur der falsche Zeitpunkt?
Seine Lippen bebten vor Furcht, wiederum das Falsche zu sagen, aber Carla glaubte, es sei deshalb, weil er selber darunter litt, niemals ihre Liebe wirklich erwidern zu dürfen:
"Denkt an Eure Stellung - und an Euren Vater! Ihr seid durch die Erlebnisse auf Eurer Flucht zur Frau gereift, die ihren Vater mit großem Stolz erfüllt. Das wird er verstehen und er wird auch verstehen, dass er seine Heiratspläne unter solchen Umständen nicht aufrecht erhalten darf. Er wird mich als Euren Retter ehren und sogar als denjenigen lieben, der ihm seine verlorene Tochter persönlich zurück brachte... Allerdings nur so lange, wie der gebührliche Abstand zwischen der Prinzessin von Spanien und einem im Grunde unbedeutenden Diener der englischen Königin gewahrt bleibt. Wenn auch nur der geringste Verdacht entsteht, ich würde mich gar erdreisten, mehr zu erwarten..."
"Ihr wäret des Todes!", ächzte die Prinzessin mit erstickter Stimme. Sie kämpfte mit ihren Tränen, zunächst erfolgreich, aber dann brachen sie aus ihr heraus wie eine Sturzflut.
Ach, wie gern hätte Lord Cooper sie jetzt tröstend in die Arme genommen und wie gern hätte sie das auch gehabt, aber er hatte vollkommen Recht: Es durfte nicht sein!
Mit tränenverschleiertem Blick schaute sie ihn an. Sie liebte ihn doch so sehr. Er saß direkt vor ihr, aber es war, als würde er in einer völlig anderen Welt sitzen. Dazwischen war ein auf ewige Zeiten unüberwindbares Hindernis.
Der Schmerz in ihrer bebenden Brust war so übermächtig, dass sie befürchten musste, ohnmächtig zu werden. Sie schaffte es nur deshalb, aufrecht sitzen zu bleiben, weil sie sonst befürchtete, den Lord aus den Augen zu verlieren.
Sie zeigte ihm ihr Leid und ihre Tränen und schämte sich keine Sekunde dafür. Sollte er selber sehen, was sie für ihn empfand. Aber auch seine Tränen entgingen ihr nicht. Obwohl sie nicht wusste, dass er aus einem völlig anderen Grund weinte als dem von ihr vermuteten: Dem Lord tat es unendlich leid, die Prinzessin so leiden zu sehen. Er haderte mit sich selbst im Stillen, obwohl er wusste, dass es keine andere Möglichkeit gegeben hatte. Auch der Zeitpunkt war genau richtig gwesen. Sie hatten eine lange Fahrt vor sich, in der sie ziemlich eng zusammen waren und keiner dem anderen aus dem Weg gehen konnte. Die Umstände hatten das so bedingt. Schließlich war sie als seine Gattin deklariert worden. Wenn er auch nur eine Sekunde länger gezögert hätte, wäre es hernach nur noch viel schlimmer geworden für sie - und schwieriger für ihn.
Und jetzt weinte er aus tiefstem Mitleid mit der Prinzessin, die es wahrlich nicht verdient hatte, so leiden zu müssen.
Aber die Argumente waren für die Prinzessin einleuchtend. Sie schalt sich selber eine Närrin, dass sie alle Gedanken daran so vehement verdrängt hatte. Ja, sie hatte sich sogar vorgemacht, der Lord könnte gegenüber ihrem Vater eine würdige Alternative zu dem von diesem ausgesuchten Heiratskandidaten sein. Wie hatte sie auch nur eine Sekunde so naiv sein können, dies anzunehmen? Ihr Vater hätte auf der Stelle Lord Cooper vierteilen lassen und sie danach est recht mit jenem Prinzen verheiratet.
Ja und tausend Mal ja: Er hatte vollkommen Recht!
"Es - es tut mir leid!", weinte die Prinzessin.
"Mir auch, Prinzessin, das dürft Ihr mir glauben."
"Wie konnte ich nur so blind sein? Ist es, weil ich noch so jung bin, Mylord?"
"Gewiss, Prinzessin."
"Ihr seid älter als ich, Mylord und sicherlich ungleich erfahrener, doch Ihr
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