Fluch der Meere (Historischer Roman) (German Edition)
entsprechend und nicht, weil er vielleicht wirklich so dachte. Schießlich war bei dieser Gelegenheit vor allem an dem Pakt geschmiedet worden, der die beiden Länder zumindest politisch zu Freunden machte.
"Wir sind da!", sagte die Prinzessin und weckte Lord Cooper damit aus seinen Gedanken, die wieder ziemlich trübe zu werden drohten. Er musste sich wirklich zusammen reißen, sonst verpatzte er allein schon mit seiner schlechten Stimmung seinen Auftritt beim König. Die Kutsche schwenkte vor der hohen steinernen Treppe ein, die hinauf zum Hauptportal führte. Der Lord betrachtete die mächtigen Säulen dort oben, die keinen anderen Zweck hatten als dem Betrachter Ehrfurcht vor der Größe und der Macht Spaniens einzuflößen - mit Erfolg. Von der Treppe selber war nicht so viel zu erkennen, denn es erwartete sie darauf eine große Menschenmenge. Das mutete beinahe an wie Zuschauer auf den hohen Rängen in einem römischen
Amphittheater.
Das sind keine Schaulustigen, korrigierte er sich sogleich, sondern... die Palastwache und jede Menge Diener und Zofen und... Seine Augen weiteten sich unwillkürlich. Er hätte alles vermutet, aber was er jetzt zu sehen bekam, übertraf selbst die kühnsten Erwartungen: Der König höchstselbst , umgeben von einer großen Schar von Dienern und Leibgardisten, aber auch von hohen Würdeträgern, die ihrem Namen alle Ehre machten, indem sie hochnäsig auf alle anderen herab schauten.
"Mein Vater!" Jetzt hatte auch die Prinzessin ihn entdeckt. Sobald die Kutsche zum Stehen kam, bewegte sich König Philipp II. mit seinem ganzen Tross darauf zu. Vorn öffnete sich eine Lücke, damit der König ungehindert auf die Kutsche blicken konnte.
Er sieht keineswegs zornig aus, sondern... einfach nur beeindruckend. Keinerlei sichtbare Gefühlsregungen. Was wird geschehen, wenn ich jetzt aussteige?, dachte Lord Donald Cooper bang. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als es darauf ankommen zu lassen. Er konnte sich ja schlecht in der Kutsche verstecken. Es hätte ihm auch recht wenig genutzt.
Vieleicht war es letztlich doch ein tödlicher Fehler gewesen, so vor zu gehen und die Prinzessin bis hierher zu begleiten? Aber er hätte niemals etwas anderes tun dürfen. Schließlich hatte ihm seine Königin recht eindeutige Befehle gegeben.
Er öffnete die Tür der Kutsche und wunderte sich dabei flüchtig, wieso das nicht schon längst von außen geschehen war. Vielleicht waren die eskordierende Begleiter einfach zu überrascht ob des persönlichen Erscheinens des Königs? Anders konnte es wohl kaum sei. Aber auch die Schar der Bediensteten vom Palast kümmerte sich nicht darum. Überhaupt erschien die Menschenmasse dort draußen eher unruhig und unkontrolliert.
"Ich sehe, Ihr wundert Euch", sagte in diesem Moment die Prinzessin halbwegs amüsiert. "Ihr hättet mehr Diszipliniertheit erwartet - als Engländer. Aber wir sind nicht in London, sondern in Madrid!" Überrascht wandte er den Blick zu ihr. Ja, sie hatte sogar Recht: Aber wie anders als mit einer wahrlich im gewissen Sinne übertriebenen Disziplin wäre es England bislang möglich gewesen, angesichts seiner schier übermächtigen Nachbarn zu überleben? Solche Sorgen hatten die Spanier in der Tat nicht. Mit anderen Worten: König Philipp II. konnte es sich durchaus leisten, eine solche Masse von Untergebenen um sich und seinen Palast zu scharen, dass man meinen mochte, ein Volksaufstand wäre das und keine wirkliche Begrüßungszeremonie!
Beinahe hätte Lord Cooper jetzt über sich selber gelacht, weil ihm dies alles erst durch die Bemerkung der Prinzessin bewusst geworden war. Doch er sah, dass auch das Amüsement der Prinzessin über sein Verhalten nur von kurzer Dauer gewesen war. Sie wurde schlagartig wieder ernst.
Er stieß die Tür nach draußen und stieg aus.
Der König war nur noch wenige Yards von ihm entfernt und stoppte jetzt.
Erst deutete Lord Cooper eine tiefe, ehrerbietende Verbeugung gegenüber dem König an. Dann verbeugte er sich zur Türöffnung der Kutsche hin und bot seinen Arm an, während er sich wieder aufrichtete. Prompt erschien die Prinzessin. Sie zeigte die hochnäsigste Miene, zu der sie fähig war, weil dies von ihr erwartet wurde. Dann nahm sie die angebotene Hilfe des Lords an und entstieg sehr anmutig selber der Kutsche.
Der König riss theatralisch beide Arme hoch, als er ihrer ansichtig wurde. Als wäre er erst jetzt und endgültig davon überzeugt, dass es sich wirklich um seine leibliche Tochter
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