Fluch der Meere (Historischer Roman) (German Edition)
Prinzessin", mischte sich Jeannet ein.
"Immerhin hat niemand hier vor, ihm auch nur ein Haar zu krümmen. Er ist unser lieber Gast - genauso wie Ihr. Würden meine Gäste sich jetzt selber nach achtern bemühen? Wir ziehen die Galeone herbei, um alles vorzubereiten."
"Ist gut", sagte die Prinzessin, plötzlich erstaunlich kooperativ. Doch sie setzte noch hinzu: "Unter einer Bedingung allerdings!"
"Bedingung?", wunderte sich Jeannet.
"Habe ich mit Euch gesprochen, Kapitän? Ich sah dabei eindeutig den Lord an."
"Welche Bedingung denn?", wunderte auch dieser sich jetzt.
"Ja, ich komme mit nach London, aber nur, wenn Ihr die Auslieferung an Spanien möglichst lange hinauszögert!"
"Nun, es liegt keineswegs in meiner persönlichen Macht..."
"Ihr könntet doch zumindest ein gutes Wort bei der Königin für mich einlegen, nicht?"
"Ja, das kann ich fürwahr versuchen. Gut, ich verspreche es hiermit hoch und heilig."
"Vielleicht gelingt es mir sogar, überhaupt in England zu bleiben? Das wäre gut für mein Englisch, und so könnte man das meinem Vater gegenüber auch begründen. Er kann ja persönlich kommen und nachsehen, wie gut es mir in London bei Hofe geht. Ja, das wäre eine gute Idee: Er weiß mich in London wohlbehütet, ich mache ihm auch keinen Ärger mehr - und er kann mich so oft besuchen, wie er nur mag. Schließlich ist er ja mein Vater, nicht?"
Der Lord und Jeannet wechselten abermals einen Blick.
"Sie - sie meint es tatsächlich ernst!", sagte Jeannet verblüfft. Lord Cooper schwenkte geistesgegenwärtig auf die neue Richtung ein, ehe das königliche Gör erneut widerspenstig wurde und alles nur noch unnötig erschwerte.
Lord Donald Cooper setzte sogar noch eins drauf: "Ich bin persönlich überzeugt davon, dass Ihre Majestät, die Königin von England, hocherfreut sein wird über diesen Vorschlag. Wisset doch, Ihre Majestät ist Jungfrau und wird es nach eigenem Bekunden bis zu ihrem Lebensende bleiben. Sie wird ergo niemals eine Tochter haben - und Euch gewiss sofort ins Herz schließen, allein bei Eurem anmutigen Anblick."
Die Prinzessin fiel tatsächlich darauf herein. War sie wirklich so naiv, oder hatte sie nur soviel Furcht vor dem Leben bei Hofe ihres Vaters, dass sie sich in jede noch so absurde Träumerei flüchtete. Schließlich hatte sie sogar versucht, heimlich über den Atlantik vor ihrem Vater zu fliehen!
Widerstandslos ließ sie sich jedenfalls gemeinsam mit Lord Cooper nach achtern führen.
Ehe die beiden zur Galeone überwechselten, wandte sie sich noch einmal Kapitän Jeannet "Witch" zu.
"Ich danke Euch, meine Liebe. Man nennt Euch die Königin der Meere
- und ich kann nur sagen: Nie zuvor sah ich eine Würdigere für diese Aufgabe. Ihr könnt versichert sein, dass ich mich als Prinzessin von Spanien trefflich in diesem Berufszweig auskenne!"
Sie lächelte verschmitzt, deutete eine gekonnte Verbeugung an und fügte hinzu: "Eure Majestät!"
Auch Jeannet musste schmunzeln, aber ihr Gesicht erstarrte, als sie der hochgewachsenen Gestalt Lord Coopers nachschaute, wie er hinüberstieg, um wieder aus ihrem Leben zu verschwinden. Sie musste unwillkürlich schlucken.
Liebster, auf hoffentlich bald!, dachte sie wehmütig und wandte sich ab, ehe ihr die Tränen kamen. Nein, sie konnte sich keine Tränen leisten. Nicht vor den Augen ihrer Besatzung. Deshalb verschwand sie lieber in Richtung ihrer Kapitänskajüte und warf keinen einzigen Blick mehr hinüber zu Lord Donald Cooper.
Auf bald!, dachte auch dieser im selben Moment, als hätte er die Gedanken seiner großen Liebe gelesen.
Doch bevor Jeannet ihre Kajüte erreicht hatte, wehte ihr ein Ruf nach. Sie verhielt im Schritt und wandte sich um.
Es war die Prinzessin von Spanien. Sie rief: "Ich heiße übrigens Carla!
Merkt Euch diesen Namen für immer: Prinzessin Carla von Spanien!
Falls Ihr jemals Hilfe braucht, die ich euch gewähren könnte, zögert nicht, sie auch in Anspruch zu nehmen. Vergesst es nicht: Carla, die Prinzessin von Spanien!"
Nein, dachte Jeannet bewegt: Auch dich werde ich wohl niemals vergessen!
Dann wandte sie sich endgültig ab und betrat ihre Kajüte, um hinter sich für die nächsten Stunden die Tür fest zu verriegeln. Niemand sollte etwas bemerken von ihrer tiefen Trauer über den Abschied!
DRITTES BUCH:
Das Meer der Sehnsucht
Mit brennenden Augen schaute Lord Cooper zum sich schier endlos ausdehnenden Horizont. Diese Endlosigkeit war für ihn wie das Symbol der Trennung von Jeannet. Er
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