Fluch der Meere (Historischer Roman) (German Edition)
reichlich übertrieben hatte? Um sich letztlich ausgerechnet ihn zu verlieben...
Mehr noch, inzwischen neigte Prinzessin Carla von Spanien sogar zu der Ansicht, dass eine besondere Fügung des Schicksals sie mit dem Lord zusammen gebracht hatte. Wenn sie alles bedachte, was ihr widerfahren war... Ihre Flucht aus dem Palast ihres Vaters... Die abenteuerliche Reise, um endlich im Hafen ein Schiff für die Überfahrt in die sogenannte Neue Welt zu bekommen. Sie hatte reichlich Bestechungsgelder fließen lassen müssen, dass sie überhaupt mitgenommen worden war. Und dann der gnadenlose Überfall der Piraten. Das war das Schrecklichste, was sie in ihrem noch jungen Leben jemals erlebt hatte.
Aber diese Leute waren nicht ihretwegen gestorben. Das wusste sie sicher. Das Schiff wäre auch überfallen worden, wenn sie nicht an Bord gewesen wäre. Daran gab es keinen Zweifel, denn die Piraten hatten erst im letzten Moment erkannt, dass sie kein gewöhnlicher Passagier war. Ihr vorlautes Mundwerk hatte ein Übriges dazu beigetragen. Sie hatte zumindest mündlich den Piraten die Hölle heiß gemacht - und somit hatte sie als einzige überleben dürfen.
Und dann die Befreiung durch Jeannet, die Übergabe an den Lord... Wenn das kein besonderes Schicksal war...
Ja, sie steigerte sich immer mehr hinein: Gott hatte dies alles so verfügt, damit sie beide sich begegneten!
Die Prinzessin hätte sich in ihrem jugendlichen Gefühlschaos auch dann hinein gesteigert, wenn sie gewusst hätte, wie es um Jeannet und den Lord stand. Denn sie war inzwischen bereits völlig überzeugt davon, dass sie sich diesem Schicksal fügen musste. Sie war für den Lord geschaffen und dieser für sie. Er würde ihr beibringen, wie sich eine Prinzessin zu benehmen hatte - und nur ihm allein würde sie willig folgen. Er war der Einzige, der es schaffen konnte, ihre Wildheit zu bezähmen. Sie würde eine vorbildliche Prinzessin werden, der Stolz ihres Vaters, der wohl im Traum nicht mehr daran hatte denken mögen, so etwas würde jemals eintreten. Sie würde dies alles natürlich nicht tun, um ihrem Vater zu gefallen, sondern nur aus Liebe zu Lord Donald Cooper.
"Was für ein Mann!", seufzte sie herzzerreißend. Es war gut, dass es niemand hören konnte. Sogar die Wache vor ihrer Tür nicht. Dafür war es draußen zu laut und die Prinzessin zu leise gewesen.
Sie verkroch sich in der Koje, um nur noch von "ihrem" Lord zu träumen.
Dem Lord war das nur Recht, so lange er keine Ahnung hatte, warum sie sich nicht blicken ließ: So hatte er weniger Arbeit mit ihr - vorerst. Doch er sah das schon richtig: Dies war nur die Ruhe wie vor einem Sturm! Irgendwann würde Carla das Träumen aufgeben und sehnte sich nach... Taten. Dann würden für den Lord die Probleme erst beginnen, wie zu befürchten blieb.
*
Prinzessin Carla von Spanien ließ sich erst an Deck blicken, als die Sonne glutrot aus dem Horizont empor stieg. Die SWORD FISH stand vor dem Wind, doch nicht alle Segel der fünf Masten waren voll gehisst, denn auf Grund der schweren Last im Schlepptau wollte der Captain, Lord Donald Cooper, kein unnötiges Risiko eingehen. Zwar wären sie dann schneller gewesen, aber eine stärkere Bö, wie sie bei diesen ansonsten idealen Wetterverhältnissen dennoch auftreten konnte, hätte Schaden verursachen können.
Als die Prinzessin sich umschaute, erschien sie mehr als verwirrt und obwohl sie die ganze Zeit ihre Kabine nicht mehr verlassen hatte, wirkte sie keineswegs ausgeruht und ausgeschlafen.
Sie wurde natürlich sofort entdeckt, doch jeder tat so, als würde er sie nicht sehen. Die Matrosen waren unsicher ob ihrer Verhaltensweise. Carla konnte das nur begrüßen. Sie brauchte jetzt niemanden, außer: Sie hielt Ausschau nach "ihrem" Lord. Dieser war nirgendwo zu sehen. Jetzt wurde der Zweite Offizier der SWORD FISH, Geoffrey Naismith, auf sie aufmerksam. Er näherte sich vorsichtig und deutete eine höfische Verbeugung an, die jedoch ziemlich linkisch wirkte. Carla schaute ihm erwartungsvoll entgegen. Er näherte sich noch zwei Scritte und verbeugte sich schon wieder.
"Ich hoffe, wohl geruht zu haben!", sagte er. Der Matrose, der die ganze Zeit über Wache neben der Eingangstür zur Kabine gestanden hatte, salutierte pompt. Anscheinend glaubte er, der richtige Zeitpunkt dafür sei jetzt erst gekommen.
Diese Prinzessin bringt nur Unruhe auf das Schiff! , dachte Naismith respektlos. Alle zeigen sich unsicher und wissen sich nicht so recht zu verhalten.
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