Fluch der Meere (Historischer Roman) (German Edition)
Seine Autorität würde sinken. Vieleicht würden sie sogar ahnen, was wirklich in ihm vor ging?
Schließlich waren sie nicht dumm. Er war ziemlich lange mit dem weiblichen Piratenkapitän allein gewesen. Das war nicht verborgen geblieben. Die würden sich ihre süffisanten Gedanken machen über die Dinge, die sich dabei abgespielt hatten. Das waren hartgesottene Männer. Romantik war ihnen weitgehend fremd. Dass sie ihrem Kapitän nicht spüren ließen, wie sie über alles dachten, das geschah nur aus gehörigem Respekt vor seiner Person. Aber sie hatten auch begriffen, was für eine Frau Jeannet war. Eine ungewöhlich starke Frau nämlich, die es schaffte, den wilden Piratenhaufen zu zähmen, was selbst dem härtesten Mann schwer gefallen wäre - vielleicht sogar zu schwer!
Auch diese Gedanken vertrieb Lord Cooper. Erfolgreich, denn schon wieder tauchte vor seinem geistigen Auge Jeannet auf. Er spürte ihre weichen Arme, ihre Weiblichkeit.
Immer wieder durchlebte er bebend die letzten Stunden mit ihr, von der ersten Begegnung an. Sie waren Todfeinde gewesen - und jetzt verband sie soviel Liebe... Das war mehr Liebe als ein Mann verkraften konnte, selbst wenn er aus dem Holz geschnitzt war wie Lord Donald Cooper. Lieber hätte er einen Kampf gegen tausend Feinde überstehen müssen...
Er stand auf und schritt unruhig auf und ab.
Was soll ich bloß tun?, hämmerte es hinter seinen Schläfen. Abrupt blieb er stehen.
Es hatte alles keinen Wert. Er musste sich auf die Gegenwart konzentrieren, auf seine Aufgabe. Die hieß zunächst, Prinzessin Carla von Spanien sicher nach London zu bringen. Unterwegs musste er sich bemühen, sie bei Laune zu halten, sonst wurde die Überfahrt durch sie gar noch zum Albtraum.
Es wäre fair gewesen, sie darauf vorzubereiten, dass ihr Aufenthalt in London nur vorübergehender Natur sein konnte. Es galt im Gegenteil, sie so schnell wie möglich weiter nach Madrid zu bringen.
"Das wird allerdings nicht leicht werden!", murmelte er vor sich hin.
"Ich hoffe doch, Ihre Majestät, die Königin von England, hat andere Aufgaben für mich parat als ausgerechnet diese..."
Ja, das hoffte er inbrünstig, nicht ahnend, dass die junge Prinzessin im höchsten Maße für ihn schwärmte. Wie hätte er auch nur im Enferntesten darauf kommen können - in seiner Situation?
Kurz entschlossen öffnete er die Tür und trat hinaus. Suchend schaute er umher, bis er den Ersten Offizier John Kane entdeckte.
"Position?", fragte er diesen.
Der Erste Offizier ab sich erfreut, dass sich sein Kommandant dafür interessierte. Er gab ihm die Koordinaten.
Lord Donald Cooper nickte dazu und hielt die Nase prüfend in den Wind.
"Wir werden mit dem Schiff im Schlepptau zwei Tage unterwegs sein, bis wir den Hafen von London erreichen."
"Ja, Sire, das befürchte ich ebenfalls", versicherte ihm John Kane. "Ich hoffe nur, dass uns das Wetter hold bleibt."
"Allerdings! Ich möchte den Ruderern nicht zuviel zumuten. Wir setzen sie nur im Notfall ein."
"Aye, Sire!", bestätigte der Erste.
Lord Cooper nickte ihm abermals zu und beobachtete aufmerksam das Treiben an Bord. Er war ein erfahrener Seemann und erkannte gleich, dass alles vorbildlich aublief. Die SWORD FISH hatte zwar ihre Mühe mit dem großen Wrack im Schlepptau, aber es würde in der Tat in zwei Tagen zu schaffen sein.
Er wandte den Blick in die Richtung, in der er die Kabine der Prinzessin wusste. Dabei war er dankbar, dass diese dort geblieben war, aus welchen Gründen auch immer. Eigentlich war es untypisch für die Prinzessin. Wie er sie kennengelernt hatte, müsste sie eigentlich längst überall an Bord herumlaufen und die Seeleute bei ihrer Arbeit stören. Die ließen sich von ihrem anmutigen Äußeren sicherlich sehr leicht ablenken.
Nichts dergleichen geschah. Sie blieb brav in ihrer Kabine und ließ
keinen Mucks mehr von sich hören.
Kurz runzelte der Lord die Stirn. Was war nur in sie gefahren? Wieso benahm sie sich so völlig untypisch?
Er schüttelte den Kopf.
Na, vielleicht hing es damit zusammen, dass die letzten Tage für sie besonders aufregend gewesen waren? Sie brauchte jetzt ihre Ruhe. Das würde wohl wie die Ruhe vor einem Sturm sein, denn lange würde die Prinzessin sicher nicht so brav bleiben.
An die Möglichkeit, dass es mit ihm zusammen hing, dachte er nicht im Geringsten. Wie denn auch? Was wusste er denn schon von jugendlichen Schwärmereien einer jungen Prinzessin, die gern über die Stränge schlug und es dabei
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