Fluch der Meere (Historischer Roman) (German Edition)
schon vielen Frauen begegnet. Ihr seid so männlich, aber auch schon ziemlich reif. Bei Euch kann sich eine Frau geborgen fühlen. Da würde sie vielleicht sogar Gefallen finden an der höfischen Verstellung..." Sie schlug sich prompt selber auf den Mund, um sich zum Schweigen zu bringen.
Welch ungehörige Worte für eine junge Prinzessin!
Aber sie lachte schon wieder und dachte: Vielleicht mache ich mir ja was vor, aber ich bin mir sehr sicher, dass Ihr vor mir geflohen seid, damit ich nicht bemerken soll, was Ihr wirklich für mich empfindet, Ihr mein Lebensretter!
*
Es hatte wahrlich ganz andere Gründe, aus denen Lord Donald Cooper sich so plötzlich und eigentlich auch ein wenig ungebührlich zurückgezogen hatte. Er hatte es einfach nicht mehr länger ausgehalten. Zwar hatte er schon früh lernen müssen, ein Meister der Verstellung zu werden, damit auch wirklich niemand auch nur ahnte, was in seinem Innersten vor sich ging, aber zur Zeit war ihm das alles so unerträglich, dass er beinahe befürchten musste, darüber verrückt zu werden. Er hätte es niemals auch nur für möglich gehalten, dass es einer Frau jemals gelingen könnte, ihm so gehörig den Kopf zu verdrehen, dass er darüber tatsächlich beinahe den Verstand verlor und sich zu Fehlern hinreißen ließ, die er niemals wieder gut machen konnte. Oh, Jeannet, warum mussten wir uns überhaupt begegnen? Warum, großer Gott, hast du in deiner Allmacht dies überhaupt zugelassen? Um mich zu quälen - um uns beide zu quälen? Denn ihm war dabei klar, dass es seiner geliebten Jeannet mindestens genauso erging. Und sie war Captain einer wilden Piratenhorde, was ihr gewiss viel Härte abverlangte
- mehr als eine Frau normalerweise aufzubringen in der Lage war. Aber Jeannet war ja auch keine normale Frau. Sonst hätte sich Lord Cooper nicht so unsterblich in sie verlieben müssen.
Nein, er war nicht einfach nur verliebt. Das war ein Gefühlschaos in seiner Brust, das völlig neu war für ihn. Er hatte nicht die geringste Ahnung, wie er überhaupt damit umgehen sollte, schlimmer als ein Jüngling beim ersten Mal, viel schlimmer sogar. Wie konnte er es schaffen, auch weiterhin ein würdiger Diener seiner Königin zu sein?
Wie durfte er mit dieser neuerlichen Unsicherheit es wagen, ihr vor die Augen zu treten, Ihrer Majestät, der Königin von England?
Er hatte ihr Vollzug zu melden. Mehr noch: Die Prinzessin von Spanien war ein politisches Pfand von einem unschätzbaren Wert. Allein ihre Rettung würde die beiden Königshäuser über die Maßen verbinden. Obwohl Königin Elisabeth ihrer eigenen Wege gehen würde, nach wie vor. Dessen war sich der Lord gewiss. Sie würde dieses Pfand mit Namen Prinzessin Carla von Spanien lediglich dazu benutzen, Spanien weiterhin in Sicherheit zu wiegen. Sollten die Spanier sich bemühen, mit ihrer gefürchteten Armada den Seeweg in die NEUE WELT zu sichern und damit das Monopol auf alle überseeischen Entdeckungen und vor allem alle Schätze. Spanien war dadurch das reichste und mächtigste Land der Erde geworden. Doch es war England geographisch sehr nahe. Viel zu nahe. England musste sich vorsehen. Auch durfte es nicht allzu sehr und auf Dauer sich darauf verlassen, nicht von Spanien angegriffen zu werden, weil es den Spanien einfach zu unbedeutend war. Eines Tages würde die spanische Armada vielleicht doch vor der Küste von England kreuzen? Es galt, dies so lange wie möglich hinaus zu zögern, indem die Armada Dank der Piraten ausreichend beschäftigt war - eben mit der Sicherung der Seewege in die Neue Welt...
Seine Gedanken verloren sich. Eigentlich hatte er sich damit nur ablenken wollen von seinem Trennungsschmerz. Es gelang nur unzulänglich. Wie unbedeutend doch die große Weltpolitik werden konnte angesichts persönlicher Probleme... Eine Erfahrung, die er in solchem Maße noch niemals zuvor hatte machen müssen.
Er seufzte. Das konnte er sich leisten, weil er sich inzwischen allein in seiner Kapitänskajüte befand. Er hatte sich unter einem Vorwand zurück gezogen. Nicht nur, um der mit der Zeit ziemlich anstrengenden Prinzessin zu entkommen, sondern vor allem, um endlich seine Gedanken zu ordnen. Wenigstens bemühen musste er er sich in dieser Beziehung. Wie sollte er sein Schiff führen, wenn in seinem Kopf das reinste Chaos herrschte, wenn er statt seine Leute immer nur das Gesicht seiner Geliebten sah, wohin sein Blick sich auch wenden mochte? Er würde Fehler machen, die seinen Leuten auffielen.
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