Fluch der Meere (Historischer Roman) (German Edition)
mancher Inselbewohner hatte gewiss schon darüber nachgedacht, wie es kam, dass Jeannet und ihre Schätze irgendwo auf dem Meer vor aller Augen verschwanden , sie aber später ohne ihre Schätze zurückzukehren pflegte.
Die wenigen, die das hatten beobachten können, brachten dies mit den Legenden um Jeannet Witch in Verbindung, nach denen die
Piratenanführerin eine wahrhaftige, mit übernatürlichen und vom Teufel entliehenen Kräften ausgestattete Hexe war.
Jeannet widerum tat nicht das Geringste, um diese Legenden zu entkräften.
Warum auch?
Verhinderte der Aberglaube dieser Leute doch, dass sie sich an ihrem Schatz vergriffen.
Die Boote erreichten schließlich den Eingang zur Grotte. Ben Rider entzündete Fackeln und befestigte sie am Bug des Zugbootes. Ihr flackernder Schein ließ Schatten auf den kalten Höhlenwänden tanzen. Schatten, die immer neue Formen bildeten und wie Gespenster aus dem Reich des Todes wirkten.
Aber es war nicht die Unterwelt, in die sie einfuhren, sondern das größte Schatzversteck weit und breit. Wahrscheinlich wäre so mancher Fürst neidisch auf das gewesen, was Jeannet Witch und ihre Piratenmeute hier angehäuft hatten.
"Jeannet, ich muss Euch etwas sagen", raunte Ben Rider ihr schließlich zu. "Im Hafen gibt es Gerüchte."
"Von welchen Gerüchten sprecht Ihr, Ben?"
"Von Gerüchten, die Euch betreffen, Jeannet."
"Mich?" Jeannet lachte. Das Echo hallte zwischen den Felswänden vielfach wieder. Es klang gespenstisch.
"Hier sind wir nur von vertrauenswürdigen Menschen umgeben, deshalb spreche ich erst jetzt mit Euch darüber. Vor den Männern an Bord wollte ich es nicht."
"Sie haltet Ihr nicht für vertrauenswürdig?"
Ben Rider zuckte die Achseln. "Wenn es hart auf hart kommt, weiß
man das oft erst, wenn es zu spät ist."
"Da mögt Ihr wohl Recht haben, Ben. Aber nun heraus mit der Sprache, was sollen diese düsteren Andeutungen."
"Es heißt, ihr hättet uns und die WITCH BURNING verraten."
"Was?"
"Es heißt auch, Ihr hättet die Leute von Antikythera verraten."
"Wer verbreitet solche Lügen? Er soll mich kennenlernen! Niemand streut ungestraft unwahre Gerüchte über Jeannet Witch!" Zornesröte hatte ihr Gesicht überzogen. Die harten Linien, die sich plötzlich in ihrem feingeschnittenen Gesicht gebildet hatten, wurden nur durch den weichen Schein des Feuers gemildert.
"Berichtet mir Genaueres, Ben! Bis jetzt war nichts Greifbares dabei, worüber ich mir Sorgen machen müsste!"
"Das sehe ich anders, Jeannet!"
"Ach, ja?"
"Offenbar haben unsere Leute bemerkt, welche hungrigen Blicke Ihr diesem Lord Cooper zugeworfen habt und daraus ihre Schlüsse gezogen. Schlüsse, die für Euch alles andere als schmeichelhaft sind."
"Nur weiter!", ermutigte Jeannet ihn.
In ihr kochte es.
Die brodelnde Kraft des Feuers in ihr wollte an die Oberfläche, aber aus Erfahrung wusste sie, dass es klüger und erfolgversprechender war, sich so weit es ging zu zügeln.
Rider atmete schwer und fuhr schließlich fort: "Entsprechend gefärbte Berichte haben unter den Leuten im Hafen ihre Runde gemacht. Und jetzt glaubt ein Teil der Leute, dass Ihr sowohl die WITCH BURNING
als auch diese Insel dem Lord und seinen Soldaten überantworten werdet."
"Warum sollte ich so etwas tun?"
"Um eine Gegenleistung zu erhalten. Vielleicht einen Adelstitel und ein schöns Landhaus im abgelegenen Yorkshire oder die Besitzung eines aufmüpfigen irischen Adeligen, die ohnehin einen neuen Besitzer finden müsste. Der Fantasie sind da keine Grenzen gesetzt. Es kann Euch im Einzelnen auch herzlich gleichgültig sein. Tatsache ist, dass jemand versucht, gegen Euch Stimmung zu machen. Jemand, der vielleicht eigene Interessen verfolgt ---wer vermag das zu sagen?" Jeannet schluckte.
Dass es brenzlig werden würde, war ihr von Anfang an klar gewesen. Aber jetzt begann sich das Unwetter über ihrem Haupt sehr schnell zusammenzubrauen. Viel schneller, als sie erwartet hatte.
"Wer steckt dahinter?", fragte Jeannet.
"Ich weiß es nicht."
"Dann müssen wir denjenigen zwingen, sich zu offenbaren."
"Wie wollt Ihr das bewerkstelligen?"
"Morgen werde ich an Land gehen. Wir lassen die Hafenbevölkerung zusammentrommeln und ich werde eine Erklärung abgeben. Dann muss der feige Hund aus seiner Deckung herauskommen, will jemand die Konfrontation mit mir wagen!"
Ben Rider zuckte die Achseln.
"Ein gefährliches Spiel, Jeannet."
"Nicht gefährlicher, als die Hände in den Schoß zu legen und
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