Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fluch der Nacht: Roman

Fluch der Nacht: Roman

Titel: Fluch der Nacht: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Feehan
Vom Netzwerk:
Krankheit waren. Über ihnen befanden sich mehrere andere neue kleine Seelen, die sich an relativ gesunden Zweigen festhielten, doch auch hier konnte Lara schon die ersten Anzeichen der unbekannten Krankheit an den Ästen fressen sehen. Diese Seelen waren also die jüngsten karpatianischen Schwangerschaften. Der Mörder hatte sich zuerst Ravens Kind und dann Savannahs Babys vorgenommen, aber auch die anderen Kinder waren in Gefahr.
    Dem Bösen haftete ein abscheulicher Geruch an. Xavier hatte die schwarzen Künste gegen die Karpatianer eingesetzt, seine Gabe verdorben und zu seinen eigenen üblen Zwecken missbraucht, und deshalb konnte Lara nicht nur die schwachen Spuren sehen, sondern auch den Gestank des Bösen auf dem Pfad der schwarzen Alchemie wahrnehmen. Die Spur führte zu den hohen Zweigen hinauf, doch sie verlief auch am Stamm hinunter zu dem Wurzellabyrinth unter der Erde. Lara bewegte sich am Baumstamm hinunter, folgte dem Wurzelgeflecht und suchte nach dem Ursprung.
    Mithilfe ihrer Augen und ihres ausgezeichneten Geruchssinns folgte sie den Spuren an dem langen Stamm hinunter. An dem Geflecht aus Wurzeln angekommen, war der Weg viel schwieriger, da die Spuren jetzt überall erschienen. Schatten sprangen Lara an, und große, gierige Klauen streckten sich nach ihr aus. Stöhnen und Wehklagen erhob sich um sie, und der Fluss aus Tränen stieg noch weiter an.
    Fest drückte sie die Fingerspitzen auf die glatte Oberfläche ihres Quarzes und wartete geduldig ab. Das Quaken eines Frosches erregte ihre Aufmerksamkeit. Das kleine Tier trieb auf einem Seerosenblatt zu ihr herüber, sprang aus dem strömenden Wasser auf den Baumstamm und blickte sie aus großen, ernsten Augen an.
    Lara lächelte und begrüßte das kleine Tier, das ihr spiritueller Führer in die Unterwelt zu sein schien, höflich und respektvoll. Frösche waren erstaunliche, magische Geschöpfe; sie besaßen an Land und im Wasser eine starke Energie. Für Lara symbolisierte der Frosch alles, was die Karpatianerinnen suchten: Verwandlung, Wiedergeburt, das Band zwischen Mutter und Kind und Muttererde für ihre Töchter. Lara beabsichtigte, diese Energie freizusetzen und einen Pfad für ihr leichteres Fließen zu erzeugen, damit die Heilung vorangehen konnte, sowie die Erde und das Wasser von sämtlichen Toxinen zu befreien. Und der Symbolismus ging noch weiter: Wo starker Froschbestand war, befand sich das Ökosystem im Gleichgewicht, und die Harmonie war wiederhergestellt. Sie war also offenbar auf dem richtigen Weg.
    Noch zuversichtlicher geworden, ging sie weiter. Der Frosch hüpfte mühelos über das Wurzelgeflecht voran, sprang von Stängel zu Stängel, bis er eine besonders lange und krumme Wurzel fand, die von den anderen wegzuführen schien. Sie drang tief in die Erde ein, und je weiter sie hinunterging, desto verdrehter und schwärzer wurde sie. Hier und da befanden sich Löcher in der Wurzel, aus denen schwarze Tränen quollen.
    Lara verfolgte weiter die schwache Spur des Bösen, die sich an der langen Pfahlwurzel hinunterzog. Ihr Eindruck von Hass und Verzweiflung verstärkte sich, bis sie von dem Tränenfluss erfasst wurde und den Druck auf den Körper der Mutter spüren konnte, den kleinen »Eindringling«, den sie in ihrem Leib trug, abzustoßen. Die Illusion, dass die Mutter das Kind hasste, dass sie es loswerden wollte und in ihm ein Monster und kein geliebtes Kind sah, war stark.
    Lara widerstand dem Drang, den kleinen Jungen zu beruhigen. Das war nicht ihre Aufgabe. In weiter Ferne hörte sie melodische Stimmen ein sanftes Wiegenlied singen, aber sie konzentrierte sich auf den Herzschlag und den Quarz in ihrer Hand, der ihre Gedanken bei ihrer Reise hielt.
    Die Schatten wurden ausgeprägter und dunkler. Wellen der Verzagtheit überliefen Lara. Der Hass und die Wut, die in der Atmosphäre lagen, vermischten sich mit dem Strom der Verzweiflung. Ein Geflecht von unglaublicher, aber unterdrückter Macht, das große Raffinesse verriet, war hier am Werk. Lara kannte das Gefühl. Sie hatte es als Kind nur allzu oft verspürt. Xavier hatte sie gedemütigt und dafür gesorgt, dass sie sich schwach und hilflos, ungewollt und ungeliebt fühlte. Er hatte ihr das Gefühl gegeben, von ihren Eltern zurückgewiesen und verschmäht zu werden. Das hier war sein Werk. Seine Handschrift war überall. Was immer auch für Mikroben er entwickelt hatte, um seine heimtückischen Pläne durchzuführen, befand sich ganz in der Nähe. Sie näherte sich dem

Weitere Kostenlose Bücher