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Fluch der Nacht: Roman

Fluch der Nacht: Roman

Titel: Fluch der Nacht: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Feehan
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scharfen Klinge in ihren Körper, das Metall an ihrer Haut und ihrem Gewebe, brachten die Schreie vergangener Opfer mit, Schreie, die Lara in ihrem Inneren noch wochenlang danach nicht übertönen konnte. Die Bitten um Gnade verfolgten sie in ihren Träumen, sodass sie das Gefühl hatte, verrückt zu werden, bis sie mit der Zeit endlich verhallten.
    Lara konnte nichts tun gegen den Adrenalinschub und die in ihr aufflammende Macht, die dazugehörte, oder gegen den instinktiven Rückzug, der sie in ihren stockenden Schritten innehalten ließ. Razvan fauchte und fletschte die fleckigen Zähne.
    »Komm her!« Sein Gesicht war eine Maske des Hasses. »Du bist nichts, nur billiges Futter, um das Genie in mir zu stärken. Nichts als ein sich auf dem Boden windender Wurm, der meiner Größe dient.«
    Er zeigte auf das Eis, und sekundenlang war Lara versucht, ihre eigene Macht der seinen entgegenzusetzen.
    Nein! Du musst tun, was er sagt. Er darf nichts von der Macht in dir erfahren! Er würde dich einsperren, wie Xavier uns eingesperrt hat. Heute bekommst du deine Chance, Lara.
    Tante Bronnies Stimme wisperte, bettelte und überredete, ja sie befahl sogar. Doch all das hätte nicht genügt, um Laras Selbsterhaltungstrieb und ihren Abscheu vor dem Messer und Razvan zu überwinden, wenn nicht in jedem Wort ihrer Tante nackte Angst gelegen hätte. Und nur deshalb resignierte Lara und kniete sich hin, um auf allen vieren über den vereisten Boden zu kriechen, dessen Kälte ihr in alle Knochen drang. Sie ließ das Gefühl zu, ohne ihre Körpertemperatur zu regulieren, in der Hoffnung, dass die Ablenkung durch die Eiseskälte ihr helfen würde, sich zu beruhigen.
    Während er leise Worte vor sich hin flüsterte, stand Razvan einen Moment lang in gebückter Haltung da, und seine Augenfarbe wechselte von Blau zu Grün. Lara zuckte zusammen, als sie es sah. Auch ihre Augen veränderten manchmal ihre Farbe, was mit ihren Stimmungen zusammenhing und das Einzige war, was sie mit Razvan verband, die einzige gemeinsame Eigenschaft, zu der sie sich bekennen musste – und was bedeutete, dass das Blut eines Ungeheuers in ihren Adern floss.
    Er bückte sich, und ein merkwürdiger Ausdruck erschien auf seinem Gesicht, als er sich in dem großen Raum umblickte. Dann legte er eine Hand auf Laras Kopf und strich ihr in einer Geste, die eine Liebkosung hätte sein können, über die kupferroten Locken. Seine Stimme klang ungeübt und heiser, als er flüsterte: »Flieh, Lara! Bring dich in Sicherheit, meine Kleine, bevor du ganz am Ende bist!«
    Lara blickte stirnrunzelnd zu ihm auf, erstaunt über dieses seltsame Ritual, das er jedes Mal vollzog, bevor er sie an ihren schmalen Schultern packte und auf die Füße riss. Seine inzwischen rot glühenden Augen glitzerten vor Irrsinn, als er blitzschnell ihr Handgelenk umdrehte und mit der Klinge darüberfuhr.
    Lara schrie auf und versuchte, den Schock, die Panik und den Schmerz zu unterdrücken. Das Messer durchtrennte bis zum Knochen ihr Fleisch und setzte die Schreie vieler anderer Opfer frei und die Schatten von Leben, die noch an der Waffe klebten, die sie gemartert und getötet hatte. Razvan presste Laras Handgelenk an seinen Mund und begann, gierig daran zu saugen, während seine Zähne an ihr nagten und bissen wie an einem Knochen und er widerliche, schmatzende Geräusche von sich gab, die sich mit den Schreien der Toten zu einem schauerlichen Chor verbanden.
    Tränen brannten hinter Laras Lidern und ließen ihre Sicht verschwimmen, doch sie kämpfte sie zurück. Die Tanten hatten recht, sie musste fliehen. Was kümmerte es sie schon, was sie in der Außenwelt erwartete? Sie wusste nur, dass sie die Qualen, die ihr hier tagtäglich zugefügt wurden, nicht mehr lange überleben würde.
    Bleib stark! Er ist schon fast gesättigt.
    Daran klammerte sie sich, weil sie wusste, dass die Tanten es spüren konnten, wenn Razvan kurz davor war, von ihr abzulassen. Ihr war schwindlig, und sie fühlte sich so kraftlos und geschwächt, dass ihre Knie nachzugeben drohten. Und dann erstarrte sie, war wie gelähmt, und die Härchen an ihrem Nacken richteten sich auf. Eine Gänsehaut kroch über ihre Arme, und die kalten Finger der Angst wanderten ihr Rückgrat hinunter. Er kam. Wenn Razvan ein Ungeheuer war, dann war ihr Urgroßvater der Inbegriff des Bösen. Sie konnte seine Gegenwart schon lange spüren, bevor er überhaupt den Raum betrat.
    Ein sichtbares Erschaudern durchlief Razvan, als er den Kopf hob,

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