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Fluch, Der: Roman

Fluch, Der: Roman

Titel: Fluch, Der: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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noch da, ein summender, pulsierender Ton, der alle anderen Gefühle untermalte.
    »Würde es Ihnen dann etwas ausmachen weiterzugehen, Mister? Sie sind nicht gerade eine gute Reklame fürs Geschäft.« »Nein«, antwortete Billy. »Das bin ich wohl nicht.«
    Um viertel nach neun an diesem Abend parkte Billy seinen Mietwagen auf der leicht ansteigenden Route 37-A, die nach Nordwesten aus Bar Harbor hinausführt. Er stand auf einem Hügel. Der Seewind zerwühlte sein Haar und ließ seine losen Kleider um den Körper flattern. Hinter sich hörte er, vom Wind herübergetragen, die Klänge der soeben beginnenden nächtlichen Rock-'n'-Roll-Party in Bar Harbor.
    Unter sich zu seiner Rechten konnte er das große Lagerfeuer sehen. Es war von Lastwagen, Personenwagen und kleineren Bussen umgeben. Im inneren Kreis saßen Menschen - ab und zu trat jemand ans Feuer - ein Schattenriß.
    Er hörte ihre Unterhaltung, gelegentliches Lachen.
    Er hatte sie eingeholt.
    Der alte Mann sitzt da unten und wartet auf dich, Billy - er weiß, daß du da bist.
    Ja. Selbstverständlich. Der alte Mann hätte seinen Stamm auch über den Rand der Erde führen können - das traute Halleck ihm ohne weiteres zu -, wenn er es gewollt hätte.
    Aber das hätte ihm keinen Spaß gemacht. Statt dessen hatte er Billy von Old Orchard hierhergezogen. Das war es, was er gewollt hatte.
    Wieder die Furcht - sie trieb durch ihn hindurch und füllte seine hohlen Stellen wie dunkler Rauch - es schien, daß es jetzt lauter hohle Stellen in ihm gab. Aber seine Wut war immer noch da.
    Es ist ja auch genau das, was ich gewollt habe – und vielleicht gelingt es mir, ihn zu überraschen. Die Angst erwartet er bestimmt. Aber der Zorn ... der könnte eine Überraschung für ihn sein.
    Billy blickte noch mal kurz zu seinem Wagen zurück.
    Dann schüttelte er den Kopf. Er kletterte den grasbewachsenen Abhang hinunter und machte sich auf den Weg zum Feuer.

19. Kapitel: Im Zigeunerlager
    Er blieb einen Augenblick hinter dem Laster mit dem an der Seite aufgemalten Einhorn und dem Zigeunermädchen stehen. Ein dunkler Schatten unter anderen, aber doch unbeweglicher als die, welche von den unbeständigen Flammen geworfen wurden. Er stand ganz still und lauschte auf ihre gedämpfte Unterhaltung. Jemand lachte laut. Ab und zu krachte explodierend ein Zapfen im Feuer.
    Ich kann nicht da hinausgehen, sagte eine beharrliche Stimme in ihm mit endgültiger Gewißheit. Furcht lag in dieser Gewißheit, Furcht vermischt mit unklaren Regungen von Scham und Anstand - er konnte jetzt nicht mehr in ihre Kreise einbrechen, konnte ihre Unterhaltung und ihre Privatatmosphäre am Feuer nicht stören und wollte es genausowenig, wie er seine Hose in Hilmer Boyntons Gerichtssaal verlieren wollte. Letztendlich war er der Übeltäter. Er war ...
    Dann tauchte Lindas Gesicht vor ihm auf. Er hörte, wie sie ihn bat, nach Hause zu kommen, wie sie dabei weinte: Ja, er war wohl der Übeltäter, aber er war bei weitem nicht der einzige.
    Und wieder stieg der Zorn in ihm hoch. Er versuchte, ihn unter Kontrolle zu bringen, etwas Nützliches daraus zu machen, was ihm helfen würde - schlichter Ernst wäre genug, dachte er. Da trat er zwischen dem Laster und dem Kombiwagen, der dahinter geparkt war, hervor. Unter seinen Gucci-Schuhen raschelte leise das trockene Timothy-Gras. Er stellte sich in ihre Mitte.
    Sie bildeten tatsächlich konzentrische Kreise: zuerst der äußere Kreis ihrer Autos und Lastwagen, darinnen die Runde der Frauen und Männer, die um das Feuer saßen, welches wiederum in einem rund gegrabenen Loch brannte, das von einem Kreis aus Steinen umgeben war. Daneben steckte ein zirka anderthalb Meter hoher, abgeschnittener Ast, auf dessen Spitze ein gelbes Blatt Papier aufgespießt war - die Lagerfeuererlaubnis, vermutete Billy.
    Die jüngeren Frauen und Männer lagerten auf dem flach getretenen Gras oder auf Luftmatratzen. Viele ältere Leute saßen auf Aluminiumcampingstühlen, die mit Plastikstreifen bezogen waren. Eine alte Frau lehnte sich, auf viele Kissen gestützt, in einem Liegestuhl zurück. Um ihre Beine war eine Decke gewickelt. Sie rauchte eine selbstgedrehte Zigarette und klebte grüne S&H-Rabattmarken in ein Heft.
    Drei neben dem Feuer liegende Hunde richteten sich halb auf und fingen zu knurren an. Ein junger Mann sah böse zu Billy hinauf und schob das rechte Vorderteil seiner Weste zur Seite, um einen mit Nickel verzierten Revolver in einem Schulterhalfter

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