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Fluch der Unsterblichkeit

Fluch der Unsterblichkeit

Titel: Fluch der Unsterblichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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nicht damit gerechnet, daß du es tun würdest.«
    Sie blickte auf. Ihre Augen waren feucht, aber Gesicht und Stimme waren unverändert.
    »Wenn es sich herausstellen sollte, daß du recht hattest und wir unrecht«, sagte sie, »dann wird es mir leid tun.«
     
    In dieser Nacht schlummerte ich unruhig in Messerstichnähe neben Myshtigo, aber nichts geschah und nichts bahnte sich an. Der Morgen danach war ereignislos und ein Großteil des Nachmittags ebenfalls.
    »Myshtigo«, sagte ich, als wir anhielten, um das Hügelpanorama zu fotografieren, »warum gehen Sie nicht nach Hause? Oder sonst wohin? Einfach ’raus aus dieser Sache? Warum schreiben Sie nicht irgendein anderes Buch? Je weiter wir uns von der Zivilisation entfernen, desto geringer werden meine Möglichkeiten, Sie zu schützen.«
    »Sie haben mir eine Automatik gegeben, erinnern Sie sich?« sagte er.
    Er machte eine Zielgeste mit der rechten Hand.
    »Schon gut – ich dachte nur, ich versuche es eben noch mal.«
    Wenn er nur nicht so verschlossen, so fremdartig, so unbekümmert um sein eigenes Wohl gewesen wäre! Ich konnte ihn nicht verstehen. Er redete einfach nicht, es sei denn, er wollte Informationen oder er beantwortete eine Frage. Und wenn er auf Fragen einging, dann waren seine Antworten ausweichend oder beleidigend oder alles zusammen. Er war blasiert, eingebildet, blauhäutig und anmaßend. Ich mochte ihn einfach nicht.
    Doch ich sprach an diesem Abend mit Hasan, nachdem ich ihn schon den ganzen Tag im Auge behalten hatte.
    Er saß am Feuer und wirkte wie eine Zeichnung von Delacroix. Ellen und Dos Santos saßen daneben und tranken Kaffee, also entstaubte ich mein Arabisch und trat hinzu.
    »Sei gegrüßt.«
    »Sei gegrüßt.«
    »Du hast heute nicht versucht, ihn zu töten.«
    »Nein.«
    »Morgen vielleicht?«
    Er zuckte die Schultern.
    »Hasan – schau mich an.«
    Er tat es.
    »Du bist angestellt, um den Blauen zu killen.«
    Wieder zuckte er die Schultern.
    »Du brauchst es weder zu leugnen, noch einzugestehen. Ich weiß es bereits. Ich kann dir nicht erlauben, das durchzuführen. Gib das Geld zurück, das Dos Santos dir bezahlt hat, und geh deiner Wege. Ich kann morgen früh einen Gleiter für dich hierhaben. Er wird dich an jeden Ort auf der Erde bringen, an den du möchtest.«
    »Aber ich bin glücklich hier, Karagi.«
    »Du wirst sehr schnell nicht mehr glücklich sein, wenn dem Blauen irgendein Leid geschieht.«
    »Ich bin ein Leibwächter, Karagi.«
    »Nein, Hasan, du bist der Sohn eines dyspeptischen Kamels.«
    »Was bedeutet ›dyspeptisch‹, Karagi?«
    »Ich weiß das arabische Wort nicht, und du kennst das griechische nicht. Warte, ich suche eine andere Beleidigung. – Du bist ein Feigling und ein Aasfresser und ein Schleicher in Hintergassen, halb Schakal und halb Affe.«
    »Das mag wahr sein, Karagi, denn mein Vater sagte zu mir, ich sei dazu geboren, lebendig geschunden und gevierteilt zu werden.«
    »Und warum das?«
    »Ich war respektlos dem Teufel gegenüber.«
    »Oh!«
    »Ja. – Waren das gestern Teufel, für die du Musik gespielt hast? Sie hatten Hörner und Hufe …«
    »Nein, es waren keine Teufel. Es waren die mißgeborenen Kinder unglückseliger Eltern, die sie in der Wildnis ausgesetzt haben, damit sie dort sterben. Sie leben aber, denn die Wildnis ist ihre wirkliche Heimat.«
    »Ah! Und ich hatte gehofft, daß es Teufel wären. Ich glaube immer noch, sie waren es, denn einer lächelte mir zu, als ich zu ihnen um Verzeihung flehte.«
    »Verzeihung? Wofür?«
    Ein abwesender Ausdruck trat in seine Augen.
    »Mein Vater war ein sehr guter und freundlicher und frommer Mann«, sagte er. »Er verehrte Malak Tawus, den die umnachteten Shi’iten Iblis oder Shaitan oder Satan nennen – und mein Vater brachte immer Halláj und den anderen der Sandjaq seine Verehrung dar. Er war bekannt für seine Frömmigkeit, seine zahllosen Wohltaten.
    Ich liebte ihn, aber als ich ein Kind war, steckte ein Djinn in mir. Ich glaubte nicht an den Teufel. Und ich war ein bösartiges Kind, denn ich stahl mir ein Huhn und steckte es auf einen Stock und nannte es den Pfauen-Engel, und ich warf mit Steinen nach ihm und riß ihm die Federn aus. Einer der anderen Jungen bekam Angst und erzählte meinem Vater davon. Da verprügelte mich mein Vater auf der Straße und sagte zu mir, ich sei geboren, lebendig geschunden und gevierteilt zu werden für meine Gotteslästerung. Ich mußte zum Berg Sindjar pilgern und um Vergebung flehen, und ich ging –

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