Fluch des Magiers
Laisa winkte den Mann heran, der nicht weniger verwirrt als sein Herr die Tätowierung anstarrte.
»Die Speere sind grünmagisch. Aber das Schwert! Das kann doch nicht blau sein?«
»Doch, das ist es!« Laisa leistete dem Mann in Gedanken Abbitte und beugte sich über den gefangenen Offizier.
»Weißt du, wer ich bin?«, fragte sie.
Der Mann stellte sich bewusstlos.
Um Laisas Lippen erschien ein unwilliger Zug. »Versuche nicht, mich zu täuschen, mein Guter. Sonst müsste ich meine Krallen an dir ausprobieren!«
»Du Ausbund aus den Trögen Giringars! Du unnatürliche Kreatur! Du …!« Zu mehr kam der Mann nicht, da Laisas Krallen ihm an der Kehle saßen und in die Haut eindrangen.
»Höre mir gut zu«, befahl sie ihm. »Du sagst jetzt alles, was du über Erulim weißt!«
»Erulim?«
Das Erstaunen des Mannes war echt. Daher stellte Laisa ihre Frage anders. »Sage mir alles, was du über deinen obersten Anführer weißt!«
»Niemals!«
Laisas Krallen drückten stärker gegen seine Kehle, und sie öffnete den Mund zu einem Grinsen, das auf den Mann wirkte, als wolle sie ihn lebendig verspeisen. Eine Weile fand ein Zweikampf statt, welcher Wille stärker war, der seine oder Laisas.
Dann stieß der Offizier die Worte förmlich aus. »Wir nennen ihn ›den Gewaltigen‹. Seinen richtigen Namen wissen nur die Eingeweihten. Er ist die rechte Hand des mächtigen Tenelin und damit beauftragt, die Dämmerlande von dem Gesindel aus dem Osten zu befreien und das alte Eirun-Reich von Raleon wieder aufzurichten. Jeder, der sich diesem heiligen Ziel entgegenstellt, muss vernichtet werden.«
»Das ist ein Bruch der Dämmerlandverträge und des Friedensschlusses der Götter«, rief Greons Hofmagier konsterniert aus.
»Was hat es eigentlich mit dem Reich von Raleon auf sich?«, wollte Laisa wissen.
»Es soll einst von einem der hohen Meandirs zu beiden Seiten des Großen Stromes begründet worden sein. Die einen sagen, es hätte die gesamten Dämmerlande umfasst, und andere wiederum behaupten, es wäre nur der südliche Teil gewesen. Leider gibt es so gut wie keine Überlieferungen aus jener Zeit. Später teilte sich das Reich von Raleon in zwei Hälften, in Thilion im Westen und in einen östlichen Teil, der den alten Namen behielt. Infolge mehrerer großer Offensiven der östlichen Völker verlor Raleon immer mehr Land an diese, bis es schließlich nur noch aus einem kleinen Gebiet im Süden bestand, das später von Blauen beherrscht wurde. Als die Götter Frieden schlossen, wurde der Rest noch einmal aufgeteilt, und von da an nannte man nur noch das alte Kernland mit seinem geheimnisvollen Wald Raleon. Hier im Westen wurde Thilion ebenfalls in etliche Reiche aufgeteilt, und der Name blieb beim stärksten Nachfolgereich.«
»Das ist mir alles zu kompliziert«, antwortete Laisa und setzte das Verhör fort. Sie merkte jedoch rasch, dass ihr Gefangener in kein wirklich wichtiges Geheimnis ihres Feindes eingeweiht war. Dennoch konnte er ihr verraten, es sei zunächst geplant gewesen, Ildhis zu unterwandern und als Ausgangspunkt eines großen Eroberungsfeldzuges zu benutzen. Dem alten König war jedoch die fanatisch-frömmelnde Art der Tenelianer zuwider gewesen. Daher hatte er diese Grünen aus dem Land gewiesen und sein Reich im Sinne der Dämmerlandverträge weitergeführt. Sein Sohn Greon war ebenso verfahren.
Der Feind hatte seine Pläne allerdings nicht aufgegeben, sondern sich des ehrgeizigen Königs von Orelat bedient, der sich durch das Versprechen einer magischen Ausbildung, die ein sehr langes Leben zur Folge haben kann, hatten ködern lassen. Die Besetzung von Whilairan, Arustar und Ildhis stellte nur den Beginn eines gewaltigen Eroberungsfeldzuges dar, dessen nächste Opfer Eldelinda und Edania sein sollten.
»Ich glaube nicht, dass ich das zulasse«, murmelte Laisa vor sich hin, und ihre Gedanken überschlugen sich. Edania galt als das kampfstärkste Reich auf dieser Seite. Wenn es Revolh von Orelat gelang, dessen Heer zu besiegen, würden sich viele andere Reiche freiwillig seiner Herrschaft, oder besser gesagt der Herrschaft des »Gewaltigen« beugen, in dessen Auftrag Revolh handelte.
Nachdenklich wandte Laisa sich an Greon und die anderen Herrscher. »Wir machen Rast bis zum Morgengrauen, dann reiten wir nach Eldelindarah. Die Gefangenen nehmen wir mit.«
Während Greon und Gerran von Whilairan sofort zustimmten, zog Schaldh von Arustar eine saure Miene. Ihm gefiel es gar nicht, Befehle
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