Fluch des Magiers
zänkischen Königen entkommen zu können, verließ Laisa den Raum und musste draußen auf dem Flur kichern. Dort, wo sie herkam, ließen die Menschen ihresgleichen nicht einmal in ihre Städte und Häuser. Doch hier besaß sie nun sogar ein eigenes Fürstentum.
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Laisas gute Laune hielt an, als sie den Raum betrat, in dem sich ihre Gefährten aufhielten. Reolan hatte die bewusstlosen Gilthonian-Eirun in ein Nebenzimmer bringen lassen und Iroka befohlen, sich ihrer anzunehmen. Besonders glücklich war die Schlangenheilerin damit nicht, das merkte Laisa ihrer Ausstrahlung an, aber sie kümmerte sich um die Verletzten. Reodendhor, der einzige Gilthonian-Eirun, der bei Bewusstsein war, saß mit Reolan und Borlon zusammen an einem Tisch und spielte mit ihnen ein Brettspiel, das Laisa unbekannt war. Rongi hockte neben Reolan und gab diesem Ratschläge, die der Eirun mit unbewegter Miene über sich ergehen ließ, während Ysobel sich von der Ausstrahlung Reodendhors angeekelt in einen Winkel des Zimmers zurückgezogen hatte und dort in einem Buch las.
Bei Laisas Eintreten blickte sie auf und schüttelte den Kopf. »Hast du schon jemals einen solchen Unsinn gelesen wie das hier? Die verdrehen die gesamte Geschichte der Welt und tun so, als wären sie die Guten und wir die Bösen. Dabei ist es genau umgekehrt.«
Laisa hatte keine Lust, sich über Texte zu streiten, die vor Jahrhunderten geschrieben worden waren, und winkte ab. »Jeder sieht die Wahrheit so, wie er sie sich zurechtschnitzt. Aber wo ist eigentlich N’ghar? Er wird doch nicht aus Angst vor den gelben Spitzohren davongelaufen sein.«
»Ist er nicht«, hörte sie in dem Augenblick den Katzenmann sagen. Als sie sich umdrehte, sah sie N’ghar auf dem Balkon stehen. Ihm schien es wieder ganz gut zu gehen. Anscheinend hatte Iroka bei ihm ihre gesamte Heilkunst eingesetzt, die sie Borlon und den Eirun nur eingeschränkt zukommen ließ.
Mit einem leisen Fauchen trat Laisa auf den Balkon und blickte auf den Park des Palastes hinaus. Das Gras, die Büsche, die Rinde und das Laub der Bäume waren weiß wie Schnee. Nur gelegentlich entdeckte sie einen gelben oder grünen Farbtupfer. Obwohl dies auf Laisa allzu eintönig wirkte, begriff sie doch, wie schwer es Menschen fallen musste, wenn sie plötzlich auf Befehl ihrer Herren das Gewohnte aufgeben und andere Pflanzen und Bäume einsetzen mussten. Oder geschah dies von selbst durch die Tempelartefakte?
»Wie ist es im Blauen Land? Ist dort alles blau in blau?«, wollte sie von N’ghar wissen.
Dieser schüttelte den Kopf. »Nein. Zum einen gibt es sehr viele unterschiedliche Blautöne, aber auch sehr viele rote Blüten und Blätter sowie einige violette Stellen im Süden und anthrazitschwarze im Norden. In den blauen Reichen der Dämmerlande sieht es allerdings ähnlich aus wie hier. Da die Menschen in diesem Teil der Welt enger zusammenleben, ist wohl auch der Wunsch größer, sich voneinander abzugrenzen.«
»Ich würde gerne das Blaue Land sehen«, entfuhr es Laisa.
»Das ist derzeit etwas schwierig, denn es gibt Probleme in den Westprovinzen. So, wie man in den blauen Reichen der Dämmerlande die Autorität der Evari Yahyeh anzweifelt, so lehnen dort einflussreiche Leute die von Ilyna eingesetzten Gouverneurinnen ab.«
Laisa fand, dass N’ghars Miene verkniffen wirkte. Ihm schien einiges nicht zu gefallen, und sie fragte sich, ob dieser mysteriöse Frong oder Gayyad nicht auch hinter diesen Schwierigkeiten steckte. Zutrauen würde sie es dem Kerl.
»Erzähl mir von deiner Heimat«, forderte sie N’ghar auf.
Er tat ihr den Gefallen, und so erfuhr sie von der Blauen Festung am Rand der Dämmerlande, von der aus der Frieden mit der anderen Seite überwacht werden sollte, aber auch von den nur spärlich besiedelten Westprovinzen, die in den großen Kriegen verwüstet worden waren.
»Mein Heimatwald befindet sich ebenfalls an den Grenzen der Dämmerlande, doch den haben meine Vorfahren mit Hilfe anderer verteidigen können, und so ist er immer noch wunderschön«, berichtete N’ghar weiter und legte seine Hand auf Laisas Arm, damit diese die Bilder sehen konnte, die in ihm aufstiegen.
Es war ein herrlicher Wald mit Baumriesen, die bereits Äonen standen und ihre Äste stolz in den Wind streckten. Auch gab es dort Büsche mit herrlichen Früchten, deren Geschmack sie förmlich auf der Zunge fühlte, und viel Wild, das N’ghars Volk Nahrung bot.
»Mein Großvater N’rohm ist der Yorron des
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