Fluch des Magiers
gefrühstückt.«
Während Khaton sie ohne einen Funken des Begreifens anstarrte, kreischte der Gefangene auf. »Großer Evari! Lasst nicht zu, dass dieses Ungeheuer mich frisst. Es würde meine Seele so beschmutzen, dass ich keinen Einlass mehr in Tenelins Seelenhallen erhalte.«
Während der Mann Khaton anflehte, wagte er es nicht, Laisa auch nur anzusehen. Diese tippte sich mit der ausgefahrenen Kralle an die Stirn, aber als sie etwas sagen wollte, winkte Khaton ab.
»Warum sollte ich der Katzenfrau ihre Beute streitig machen?«, fragte er den Gefangenen.
»Ihr seid der weiße Evari, der Diener eines der guten Götter. Ihr dürft mich nicht dieser Ilyna-Kreatur ausliefern. Es würde mich meine unsterbliche Seele kosten und mir die Gnade der Wiedergeburt rauben.«
»Warum glaubst du, soll deine lumpige Seele es wert sein, wiedergeboren zu werden?«, wollte Khaton wissen.
Die Gestalt des anderen straffte sich trotz der Fesseln. »Ich bin einer der erwählten Krieger Tenelins!«
Khaton wandte sich kurz Laisa zu. »Ich glaube nicht, dass Tenelin davon weiß.«
»Tenelin kennt uns! Sein Bote hat unsere Schwüre auf einem Speicherkristall aufgenommen und ihm diesen überbracht. Der Gott hat uns sogar grüßen lassen.«
Noch während der Gefangene dies sagte, glomm eine Erinnerung in ihm auf, die Laisa und Khaton mitbekamen. Eine von grünem Licht umgebene Gestalt war zu sehen, deren ungeheure Macht selbst in diesen Bildern noch zu erkennen war, und sie vernahmen die Worte des grünen Gottes, mit denen er seine erwählten Krieger aufforderte, den Feind überall zu bekämpfen, wo sie auf ihn trafen.
»Das ist doch nicht echt!«, rief Laisa verblüfft.
Khaton schüttelte sich kurz und dachte nach. »Echt ist es schon, aber etwas passt nicht. Versuch, die Szene noch einmal aufzurufen. Vielleicht entdecken wir etwas.« Erneut legte er seine Hand auf Laisas Schulter, schloss die Augen und konzentrierte sich.
Laisa griff in den Kopf des Mannes, holte die Erinnerung hervor und sah sofort wieder den grünen Gott vor sich. Auf Khatons Anweisung achtete sie jedoch nicht auf Tenelin, sondern auf die Krieger, die schattenhaft vor ihm zu sehen waren. Der schmalen Gestalt nach mussten es Eirun sein, dachte sie gerade, als Khaton neben ihr zu lachen begann.
»Was ist denn jetzt los, großer Magier?«, fragte sie verwirrt.
»Du siehst mich erleichtert. Tenelins Ansprache galt nicht diesen Narren, sondern dem letzten Aufgebot, das er der großen Offensive der schwarzen Heere noch entgegenzustellen vermochte. Damals hätten die Schwarzen im Süden beinahe die goldene Seite des Stromes erobert. Doch die Feldherren Giringars hatten ihre Kräfte überschätzt, und als die Eirun von Marandhil und Gilthonian dem grünen Heer zu Hilfe kamen, gelang es, das westliche Ufer des Toisserech zu behaupten. Nur aus Flussmaul und Dscher konnten wir die Schwarzen nicht mehr vertreiben, weil beide Gebiete von Land aus kaum zu erreichen sind.«
Während Khaton sprach, tauchten Bilder in seinen Gedanken auf, die Laisa einen Eindruck davon vermittelten, wie erbittert in jenen Zeiten gekämpft worden war. Sie schauderte, als sie den Einsatz der Artefaktwaffen und Kampfmonster miterlebte, und sie schwor sich, alles zu tun, damit es nie mehr zu solchen Szenen kommen würde.
Khaton schob die Erinnerung beiseite und wandte sich seinem Gefangenen zu. »Der, den du den Boten Tenelins nennst, hat dich und deine Kameraden betrogen. Die Worte des grünen Gottes waren für andere Krieger gedacht als für euch.«
»Du lügst!«, schrie der Tenelianer ihn an. »Du bist genau das, als das der ›Gewaltige‹ dich bezeichnet hat, ein Feind der Götter und ein Bastard aus dem Schwarzen Land.«
Laisa spitzte erregt die Ohren. Die Behauptung des Gefangenen passte zu dem, was sie bereits gesehen und gehört hatte. Abgesehen von der magischen Grundfarbe glichen Khaton und Tharon einander wie ein Ei dem anderen. Auch hatte sie schon andere Andeutungen vernommen, denen zufolge Khaton das Schwarze Land besser kennen sollte als jeder andere Weiße. Doch konnten sie Brüder oder gar – wie es aussah – Zwillingsbrüder sein?
Schwarz und Weiß waren als Feindfarben so giftig, dass die Berührung mit ihnen magisch Begabte umbringen konnte. Doch es musste Dinge in dieser Welt geben, die jenseits der schlichten Farbenlehre lagen. Zu ihrem Leidwesen hatte Laisa nicht die Zeit, dieser Überlegung nachzugehen, denn Khaton hüllte den Gefangenen in weiße
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